Israel hat Vorwürfe des Völkermords im Gazastreifen vor dem Internationalen Gerichtshof als haltlos zurückgewiesen und seinen umstrittenen Militäreinsatz in Rafah als Selbstverteidigung gerechtfertigt. Die von Südafrika vorgebrachten Vorwürfe seien eine "Verdrehung der Wirklichkeit", sagte der Rechtsvertreter Israels, Gilad Noam, am Freitag in Den Haag. Südafrika missbrauche das internationale Recht auf "abscheuliche und zynische Weise".
Am Ende der Anhörung wurde eine Rechtsvertreterin Israels durch einen Zwischenruf unterbrochen. "Lügner", rief eine Frau im Gerichtssaal im Friedenspalast. Sie wurde anschließend von Sicherheitsmitarbeitern aus dem Saal geführt.
Südafrika fordert im Rahmen seiner Völkermord-Klage in einem Eilantrag, dass die höchsten UN-Richter den Abzug Israels aus dem Gazastreifen anordnen. Das Gericht müsse den andauernden Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung stoppen. Auch soll Israel Ermittlern, humanitärer Hilfe und Journalisten ungehindert Zugang gewähren. Südafrika sprach von unermesslichem Leid und fast völliger Zerstörung von Städten und Krankenhäusern. Wann das Gericht über den Eilantrag entscheiden wird, steht nicht fest.
Anlass des Eilantrags ist der israelische Militäreinsatz in Rafah. Die Stadt im Süden des Küstenstreifens sei der "letzte Zufluchtsort für etwa 1,5 Millionen Menschen", erklärten die Rechtsvertreter Südafrikas. Ihr Leben sei in Gefahr.
Vor den UN-Richtern sagten die israelischen Vertreter, Rafah sei ein "militärisches Bollwerk der Hamas", die Israel mit Raketen beschieße. Auch halte die Hamas noch immer zahlreiche Geiseln fest. Israel sorge zudem für humanitäre Hilfe und tue alles zum Schutz der Zivilbevölkerung. Auslöser des Kriegs im Gazastreifen war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Israel beruft sich auf sein Recht zur Selbstverteidigung.
Das Hauptverfahren zum Völkermordvorwurf wird sich über Jahre hinziehen. Aber in zwei Eilentscheidungen hatten die UN-Richter Israel bereits verpflichtet, alles zu tun, um einen Völkermord zu verhindern. Entscheidungen des Gerichts sind bindend. Auch wenn das Gericht keine Mittel hat, die Durchsetzung einer Entscheidung zu erzwingen, kann eine Anordnung den politischen Druck auf Israel erhöhen. © dpa
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