Zwischen Israel und seinen Verbündeten herrscht in der Frage um einen künftigen Palästinenserstaat keine Einigkeit. Benjamin Netanjahu reklamiert für Israel weiterhin die Sicherheitskontrolle über "alle Territorien westlich des Jordan". Dies steht im Widerspruch zu einer möglichen palästinensischen Souveränität.

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Israel und enge Verbündete des Landes sind sich bei der Frage nach einem künftigen Palästinenserstaat uneinig. US-Präsident Joe Biden habe dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bei einem Telefonat am Freitag gesagt, dass er eine palästinensische Eigenstaatlichkeit weiter unterstütze, gab der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, an. Die Bundesregierung sah am Freitag in den von Israel erhobenen Sicherheitsansprüchen kein Hindernis für die Gründung eines palästinensischen Staates. Derweil setzte Israel seine Angriffe im Gazastreifen fort.

Netanjahu hatte angegeben, sein Land werde künftig die Sicherheitskontrolle über "alle Territorien westlich des (Flusses) Jordan" haben müssen - was der Vorstellung von einer palästinensischen Souveränität entgegenstehe. Kirby sagte dazu am Donnerstag, die USA und Israel würden dies "offensichtlich unterschiedlich ansehen". Zuvor hatte bereits US-Außenminister Antony Blinken gesagt, nötig sei ein Weg hin zu einem Palästinenserstaat. Sonst könne es keine "echte Sicherheit" geben.

Joe Binden glaubt an das Versprechen und die Möglichkeit einer Zweistaatenlösung

"Präsident Biden sprach mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, um die jüngsten Entwicklungen in Israel und Gaza zu besprechen", erklärte das Weiße Haus am Freitag. Zuletzt hatten der Staats- und der Regierungschef am 23. Dezember miteinander gesprochen - die lange Funkstille warf Fragen über ein mögliches Zerwürfnis zwischen Biden und Netanjahu auf.

"Der Präsident glaubt immer noch an das Versprechen und die Möglichkeit einer Zweistaatenlösung", sagte Kirby vor Journalisten. "Er ist sich bewusst, dass dies viel harte Arbeit erfordert." Diese Position habe Biden in dem 30 bis 40 Minuten dauernden Gespräch mit Netanjahu ausgedrückt.

Der US-Demokrat und der rechtsgerichtete israelische Politiker hatten stets ein kompliziertes Verhältnis zueinander - doch seit dem Großangriff der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober hat sich Biden hinter Israel gestellt. Bei der Frage, wie es für die Palästinenser nach Israels Offensive im Land weitergehen soll, treten die Meinungsverschiedenheiten jedoch offen zutage.

Gegenwind bekommt Israel auch aus Deutschland

Auch die Bundesregierung widersprach Israel. "Die Sicherheit Israels ist mit einem israelischen und palästinensischen Staat vereinbar und kein Argument gegen einen palästinensischen Staat", sagte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner in Berlin. Sowohl die Bundesregierung, als auch die Europäische Union und die USA würden die Zweistaatenlösung "für die richtige Perspektive für eine friedliche Zukunft" halten, sagte Büchner weiter. Die Zweistaatenlösung sieht einen unabhängigen, mit Israel koexistierenden Palästinenserstaat vor.

Israel setzte unterdessen seine Angriffe auf Ziele im Süden des Gazastreifens fort. Augenzeugen und der palästinensische Rote Halbmond sprachen am Freitag von Luftangriffen und Artilleriebeschuss in der Stadt Chan Junis. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete, in der Nacht habe es zahlreiche Tote und Verletzte gegeben.

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Der palästinensische Rote Halbmond meldete "intensiven Artilleriebeschuss" in der Nähe des al-Amal-Krankenhauses in Chan Junis. Laut dem von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium wurden bei den nächtlichen Angriffen mindestens 77 Menschen getötet.

Die größte Stadt im Süden des Gazastreifens ist derzeit eines der Hauptziele der israelischen Armee. Ihren Angaben zufolge halten sich dort viele hochrangige Führer der radikalislamischen Hamas versteckt.

Das israelische Militär teilte mit, seine Truppen kämpften so weit südlich, wie nie zuvor. "Die Soldaten haben Dutzende von Terroristen im Nahkampf und mit Hilfe von Panzerfeuer und Luftunterstützung eliminiert", hieß es.

Auch im Norden des Gazastreifens setzte die israelische Armee ihren Militäreinsatz fort. Dort seien mehrere bewaffnete Kämpfer getötet worden, erklärte das Militär. Die islamistische Hamas teilte mit, es habe Kämpfe in der Flüchtlingssiedlung Dschabalija im Norden und nahe der Stadt Gaza gegeben.

Rußland fordert die zügige Freilassung der Geiseln

Unterdessen forderte der russische Vize-Außenminister Michail Bogdanow die Hamas nach Angaben seines Ministeriums am Freitag bei einem Treffen mit Hamas-Politbüro-Mitglied Mussa Abu Marsuk zur zügigen Freilassung der aus Israel verschleppten Geiseln auf. Die humanitäre Situation in dem Palästinensergebiet habe ein "katastrophales" Ausmaß erreicht, hieß es weiter.

Auch an der israelisch-libanesischen Grenze haben sich seit dem Hamas-Überfall auf Israel die Auseinandersetzungen verstärkt. Derzeit gibt es dort täglich Gefechte zwischen der israelischen Armee und der im Libanon ansässigen Schiitenmiliz Hisbollah, die vom Iran unterstützt wird und mit der Hamas verbündet ist.

Am Freitag hätten israelische Luftangriffe mindestens drei Häuser im Südlibanon "vollständig zerstört", berichtete die libanesische staatliche Nachrichtenagentur NNA am Freitag. Es seien insgesamt vier Häuser im Grenzdorf Kfar Kila beschossen worden. Ein fünftes sei mit Artilleriefeuer ins Visier genommen worden, meldete NNA weiter. Der Bürgermeister des Dorfes sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass die zerstörten Häuser zum Glück leer gewesen seien. Die israelische Armee erklärte, sie habe "Luftangriffe und Artillerie- und Panzerbeschuss gegen Beobachtungsposten der Hisbollah und terroristische Infrastruktur" im Bereich Kfar Kila ausgeführt.(afp/jst)

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