Die Lage im Gazastreifen wird immer prekärer. Im Norden stehe eine Hungersnot "unmittelbar bevor", warnt das Welternährungsprogramm. Ein von CNN veröffentlichtes Video führt die Verzweiflung der Menschen vor Augen.

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Mit großen Stöcken und Peitschen aus Seilen bewaffnet kämpfen die Menschen um am Strand abgeworfene Lebensmittelpakete. Sie drängeln und schubsen, es greift das Recht des Stärkeren. Mithilfe von Booten oder schwimmend versuchen andere, Pakete aus dem Meer zu fischen, die beim Abwurf aus dem Flugzeug versehentlich dort gelandet sind. Hunderte Menschen sind an den Strand in Gaza gekommen. Die meisten gehen leer aus.

Szenen wie diese, veröffentlicht am Mittwoch in einem Video von CNN, zeigen, wie verzweifelt die Menschen in Gaza sind. Die Lage wird immer prekärer. Den Vereinten Nationen zufolge blockieren israelische Streitkräfte den Zugang zum Gazastreifen und erschweren dadurch Hilfslieferungen für die Bevölkerung in dem Kriegsgebiet.

Es sei beinahe unmöglich geworden, Kranke oder Verletzte in Sicherheit zu bringen und Hilfsgüter in den Norden – und zunehmend auch in den Süden – des Palästinensergebiets zu bringen, sagte Jens Laerke, Sprecher des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (Ocha), am Dienstag vor Journalisten in Genf.

Vereinte Nationen warnen vor "allgemeiner Hungersnot"

Der Norden ist auf dem Landweg gar nicht mehr zu erreichen und auch für das Zentrum und den Süden werden Lieferungen aus der Luft zunehmend zum einzigen Weg. Dieses Video von Sky News zeigt, wie die Menschen versuchen, etwas von den Hilfspaketen abzubekommen, die das jordanische Militär über dem Gazastreifen abwirft.

"Wenn sich nichts ändert, steht eine Hungersnot im nördlichen Gazastreifen unmittelbar bevor", sagte Carl Skau, stellvertretender Exekutivdirektor des Welternährungsprogramm (WFP), am Dienstag vor dem UN-Sicherheitsrat. Für das UN-Büro Ocha warnte Vertreter Ramesh Rajasingham im Namen von dessen Leiter Martin Griffiths, eine "allgemeine Hungersnot" sei "fast unvermeidlich", sollte sich an der Lage nichts ändern.

Schlangestehen für eine dünne Suppe aus verschmutztem Wasser

Ocha-Sprecher Laerke zufolge hat Israel in der vergangenen Woche alle für den Norden des Gazastreifens bestimmten Hilfslieferungen verhindert. Er berichtete auch von einem Vorfall am Sonntag, bei dem ein Konvoi der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Palästinensischen Roten Halbmonds mit 24 Patienten aus dem belagerten Al-Amal-Krankenhaus in der südlichen Stadt Chan Junis sieben Stunden lang aufgehalten worden sei. "Das israelische Militär zwang Patienten und Personal aus den Krankenwagen und zog allen Sanitätern die Kleidung aus", sagte Laerke.

Laut der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO waren Mitte Februar rund 46 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen im Gazastreifen zerstört, zudem seien rund 70 Prozent der Kühe und etwa 50 Prozent der Schafe und Ziegen getötet worden.

Rund 97 Prozent des Grundwassers sei infolge des Krieges nicht mehr für den menschlichen Gebrauch nutzbar. Das CNN-Video zeigt auch, wie Menschen im Norden für eine Suppe aus dreckigem Wasser und ein paar wenigen Körnern anstehen. Ein Mann berichtet, er habe nur noch Tierfutter zu essen.

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Noch über 130 Geiseln in Gewalt der Hamas

Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Islamistische Kämpfer verübten dabei Gräueltaten überwiegend an Zivilisten; israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1.160 Menschen getötet und rund 250 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Noch immer hält die Hamas 134 Geiseln fest, von denen nach israelischen Schätzungen noch etwas mehr als 100 am Leben sein dürften.

Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Vernichtung der Hamas. Nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden in dem Palästinensergebiet seitdem mehr als 29.800 Menschen getötet. (mcf)

Verwendete Quellen

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