Seit 100 Tagen hält der Gaza-Krieg die Welt in Atem. Und ein Ende des Grauens ist nicht in Sicht. Israels Regierungschef zeigt sich von Protesten unbeeindruckt. Er sieht Israel auf dem Weg zum Sieg. Ein Überblick über die Ereignisse der Nacht und ein Ausblick auf den Tag.

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Während im zerbombten Gazastreifen der 100. Kriegstag anbricht und das grauenvolle Leiden der Bevölkerung wie auch der im Untergrund festgehaltenen Geiseln weitergeht, geben sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und die Armeeführung siegessicher. "Niemand wird uns stoppen", sagte der unter Druck stehende Regierungschef am Samstagabend in Tel Aviv.

Bei einer am selben Abend dort begonnenen Massenkundgebung warfen Angehörige der Geiseln Netanjahus Regierung vor, nicht genug für ihre Freilassung zu tun, wie die Zeitung "Times of Israel" berichtete. Währenddessen forderten Tausende bei pro-palästinensischen Protestmärschen in Washington, London, Paris und anderen Städten ein Ende der Kämpfe.

Israels Regierung: Hamas plante Terroranschläge in Europa

Nach der Festnahme dreier mutmaßlicher Mitglieder der Hamas Mitte Dezember in Deutschland will Israels Regierung Erkenntnisse gewonnen haben, wonach die extremistische Palästinenserorganisation auch Terroranschläge in Europa geplant habe. Eines der möglichen Ziele soll die israelische Botschaft in Stockholm gewesen sein. "Infolge anhaltender geheimdienstlicher Bemühungen kam ein beträchtliches Maß an Informationen ans Tageslicht, die beweisen, dass die Terrororganisation Hamas darauf abzielte, ihre gewalttätigen Aktivitäten ins Ausland auszuweiten, um unschuldige Menschen auf der ganzen Welt anzugreifen", teilte Netanjahus Büro am Samstagabend mit.

UN-Hilfswerk beklagt "100 Tage Tod und Zerstörung"

Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA erneuerte seinen Appell für eine humanitäre Feuerpause im Gazastreifen. "Massenhafter Tod, Zerstörung, Vertreibung, Hunger, Verlust und Trauer haben in den letzten 100 Tagen die von uns allen geteilte Menschlichkeit befleckt", schrieb der Generalkommissar der UNRWA, Philippe Lazzarini, in einer Erklärung. Die große Mehrheit der Menschen, die Kinder eingeschlossen, sei zutiefst traumatisiert. 1,4 Millionen Binnenflüchtlinge würden in heillos überfüllten, mit unzureichenden Sanitäranlagen ausgestatteten Notunterkünften hausen. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden bisher mehr als 23.000 Menschen in dem abgeriegelten Küstengebiet getötet.

Netanjahu: Kämpfen bis zum vollständigen Sieg weiter

"Wir werden den Krieg bis zum Ende fortsetzen - bis zum vollständigen Sieg, bis wir alle unsere Ziele erreicht haben: Die Beseitigung der Hamas, die Rückgabe aller unserer Geiseln und die Gewährleistung, dass der Gazastreifen nie wieder eine Bedrohung für Israel darstellen wird", sagte Netanjahu. Der Generalstabschef der israelischen Armee, Herzi Halevi, sagte am selben Abend, der militärische Druck auf die Hamas müsse aufrechterhalten werden, um die Geiseln freizubekommen.

Eine wachsende Zahl von Familienangehörigen wehre sich jedoch gegen diese Haltung und weise darauf hin, dass seit der Wiederaufnahme der Kämpfe durch Israel nach der einwöchigen Feuerpause Ende November keine Geiseln freigelassen worden seien, so die "Times of Israel". Die Kundgebung in Tel Aviv sollte 24 Stunden bis Sonntagabend gehen.

An diesem Sonntag dauert der Krieg in dem von Israel abgeriegelten Küstengebiet am Mittelmeer 100 Tage an. Auslöser war die verheerende Terrorattacke der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Gruppen auf Israel am 7. Oktober. Mehr als 1200 Menschen wurden dabei getötet und etwa 250 weitere in den Gazastreifen verschleppt. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.

Bericht: Israel noch weit von Kriegszielen entfernt

Israel ist der Zeitung "Haaretz" (Samstag) zufolge jedoch noch weit vom Erreichen seiner Kriegsziele entfernt. Als einen Grund führte die israelische Zeitung an, Israel sei vom Umfang der Tunnel der Hamas unter Gaza überrascht worden. Die unterirdischen Gänge seien ausgeklügelter als vermutet. Die Führungsspitze der Hamas sei darin relativ gut vor Angriffen geschützt. Sie umgebe sich vermutlich mit den Geiseln. Es sei deshalb schwierig, die Hamas zu besiegen.

Erneuter Schusswechsel an Israel Grenze zum Libanon

Unterdessen kam es in der Nacht zum Sonntag auch an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon erneut zu gegenseitigem Beschuss. Eine Terrorzelle sei aus dem Libanon auf israelisches Gebiet eingedrungen und habe auf patrouillierende Soldaten geschossen, teilte die Armee mit. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert, vier Terroristen seien dabei getötet worden. Seit Beginn des Gaza-Kriegs kommt es an der Grenze immer wieder zu Konfrontationen zwischen Israels Armee und der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz. Sie ist mit der Hamas verbündet, gilt aber als deutlich schlagkräftiger.

Was am Sonntag wichtig wird

Während die Kämpfe im Gazastreifen am 100. Tag andauern, beklagen Hilfsorganisationen die weiterhin katastrophale humanitäre Lage in dem Küstengebiet. Sie fordern einen Waffenstillstand und mehr Hilfslieferungen, die zudem ungehindert in das Küstengebiet gelangen müssten. (dpa/jum)

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