Mike Pence ist Vizepräsident der USA – und könnte bei einer Amtsenthebung Donald Trumps ins höchste Amt aufsteigen. Porträt eines strenggläubigen Mannes, der als seriöse Stimme in der Regierung gilt und nicht mit fremden Frauen alleine sein will.

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Donald Trump ist für die lauten Töne zuständig, sein Vize Mike Pence agiert als Feuerlöscher und Vollstrecker. Der 57-Jährige verleiht der US-Regierung ein Stück weit Berechenbarkeit und Seriosität – und verfolgt dabei seine eigene politische Agenda.

Nun steht Trump mehr denn je unter Druck. Der ehemalige FBI-Chef James Comey belastete den US-Präsidenten vor dem Geheimdienstausschusses des US-Senats schwer. Die Russland-Affäre könnte zum Stolperstein für Trump werden

Sollte er wegen dieser oder einer anderen innenpolitischen Affären das Amt verlieren, würde Pence automatisch Präsident werden. Für viele Mitglieder der Republikanischen Partei ist das durchaus eine verheißungsvolle Option. Wer ist der Mann, der sich – in dieser Reihenfolge – als "Christ, Konservativer und Republikaner bezeichnet"?

Radikaler Katholik und Homosexuellen-Gegner

Mike Pence hat mit seinem Boss schon einige unangenehme Momente erleben müssen. Als im Wahlkampf ein Video Donald Trumps auftauchte, in dem dieser sagte, er könne Frauen einfach so im Intimbereich berühren, reagierte der tief gläubige Pence verärgert.

In einem Statement distanzierte er sich von Trumps Aussagen und ließ eine gemeinsame Veranstaltung ausfallen. Als Trump die Eltern eines gefallenen US-Soldaten muslimischen Glaubens angriff, sagte Pence, die Familie solle jedem Amerikaner als Vorbild dienen.

Seit Januar steht Pence als Vizepräsident der Vereinigten Staaten dennoch an der Seite Trumps. Unklar ist, ob er dessen Politik tatsächlich aus vollem Herzen unterstützt oder das Amt nur als Karrieresprung benutzt hat.

Vor seiner Ernennung war Pence zwölf Jahre für seinen Heimatbundesstaat Indiana Mitglied im US-Repräsentantenhaus, von 2013 bis 2017 diente er als Gouverneur des Staates.

Pence gilt als stramm konservativ, er bezeichnet sich als "evangelikalen Katholiken". Die Evangelikalen, eigentlich eine radikal-protestantische Strömung, legen die Bibel wortwörtlich aus.

Die Evolutionstheorie ist nach ihrer Auslegung eine beliebige Theorie unter vielen, Homosexualität und Abtreibung gelten als Sünde, der Klimawandel sei nicht menschengemacht.

Nie mit fremden Frauen in einem Raum

Pence hat versucht, seine Überzeugungen auch in der politischen Arena umzusetzen. 2015 wollte er als Gouverneur ein Gesetz einführen, dass Unternehmern erlaubt hätte, homosexuelle Kunden abzulehnen. Nach Protesten unterschrieb er eine abgeschwächte Variante des Entwurfs.
Seine tief religiöse Haltung zeigt sich auch in seinem persönlichen Verhalten: Der Vater dreier Kinder lehnt es strikt ab, sich allein mit fremden Frauen – außer seiner Ehefrau – in einem Raum aufzuhalten.

Außerdem muss seine Gattin Karen stets anwesend sein, wenn bei öffentlichen Veranstaltungen Alkohol getrunken wird – andernfalls bleibt er zuhause. Mit den selbst auferlegten Restriktionen will Pence Ehe und Familie schützen.

Früher war der 1959 in Columbus im US-Bundesstaat Indiana geborene Politiker ein Anhänger der Demokraten. Seine Vorbilder: John F. Kennedy und der Bürgerrechtler Martin Luther King.

Erst während des Jura-Studiums in den 80er Jahren änderte sich die Einstellung, er wurde zum Fan des republikanischen Präsidenten Ronald Reagan.

Als ganz junger Mann wollte der in einem katholischen Haushalt aufgewachsene Pence noch Priester werden, später arbeitete er als Anwalt und Radiomoderator, bevor seine politische Karriere begann.

Geheimplan der Republikaner?

Für Donald Trump ist Pence sowohl innerhalb der Republikaner, als auch gegenüber der Öffentlichkeit eine unverzichtbare Figur. Pence pflegt enge Verbindungen zur Parteiführung und zum Kongress.

Paul Ryan, der Mehrheitsführer im Senat, bezeichnet ihn als "Freund". Als früher Anhänger der radikalen "Tea Party"-Bewegung bindet er deren Wählerschaft ein. Er ist im Gegensatz zum Milliardär Trump ein Mann aus einfachen Verhältnissen, er gilt als bescheiden und berechenbar.

Außenpolitisch tritt Pence moderater als sein zu großen Sprüchen neigender Boss auf: Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar sprach der 57-Jährige mit großer Ernsthaftigkeit, er schmeichelte den Europäern und versuchte, sie von der Verlässlichkeit der US-Regierung als Bündnispartner zu überzeugen.

Auch gegenüber Vertretern der Europäischen Union konnte Pence die Wogen nach EU-kritischen Aussagen Trumps zwischenzeitlich glätten. Pence, der Feuerwehrmann. Pence, der nächste Präsident?

Sollte Donald Trump tatsächlich einem der Skandale zum Opfer fallen, stünde mit seinem Vize ein verlässlicher und prinzipientreuer Ersatzkandidat bereit. Der Vizepräsident rückt im Fall von Rücktritt, Amtsenthebung oder Tod automatisch nach, Neuwahlen sind nach der US-Verfassung nicht vorgesehen.

Laut "Huffington Post" soll ein Geheimplan der Republikaner in der Schublade liegen, um Trump zum geeigneten Zeitpunkt durch Pence zu ersetzen.

Vor allem bei den Demokraten würde ein Präsident Pence auf große Vorbehalte stoßen: Während Trump eher pragmatisch agiert und sich schon von einigen seiner radikalen Wahlkampfversprechen verabschiedet hat, gilt Pence als stramm Konservativer mit gefestigten ideologischen Überzeugungen.

Am Ende ist Trump für sie womöglich das kleinere Übel.

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