Zwei Monate hat der Prozess wegen des Vorwurfs der Veruntreuung von EU-Geldern gegen Frankreichs Rechtspopulistin Marine Le Pen gedauert, das Urteil am Montag in Paris wird mit Spannung erwartet. Ein Überblick, worüber in dem Verfahren verhandelt wurde.

Mehr aktuelle News

Im Prozess wegen des Vorwurfs der Veruntreuung von EU-Geldern gegen die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen wird für Montag (ab 10:00 Uhr) das Urteil erwartet. Die Staatsanwaltschaft hat fünf Jahre Haft und eine Geldstrafe gegen die 56-Jährige gefordert sowie ein sofort geltendes Verbot, bei Wahlen anzutreten.

Dies könnte Le Pens Pläne zunichtemachen, bei der Präsidentschaftswahl 2027 anzutreten. Eine mögliche Haftstrafe hingegen würde suspendiert, falls sie Berufung einlegt. Le Pen weist alle Vorwürfe zurück.

Wer ist angeklagt?

Die Anklagebank war gut besetzt: Neben Fraktionschefin Marine Le Pen waren auch ihre Partei Rassemblement National (RN) und 24 weitere Menschen angeklagt. Insgesamt handelt es sich um neun ehemalige EU-Abgeordnete der rechtspopulistischen Partei und zwölf ehemalige Assistenten von EU-Abgeordneten.

Ursprünglich war auch Marine Le Pens Vater, der rechtsextreme Parteigründer Jean-Marie Le Pen angeklagt. Er wurde aber für prozessunfähig erklärt und starb dann im Januar im Alter von 96 Jahren.

Wie lauten die Vorwürfe?

Auslöser der Ermittlungen war ein Organigramm der Partei, in dem Assistenten von EU-Parlamentariern auf Posten aufgeführt waren, die mit ihrem offiziellen Job nicht vereinbar waren. Die französische Staatsanwaltschaft wirft Le Pen vor, ein bereits von ihrem Vater angelegtes "System" aufgebaut zu haben, um die Gehälter der Parlamentsassistenten zur Sanierung der maroden Parteifinanzen zu nutzen.

Zu den Parlamentsassistenten, deren Einsatz in Brüssel oder Straßburg die Staatsanwalt anzweifelte, zählt etwa Thierry Légier, der knapp zwei Jahrzehnte Leibwächter des Parteigründers Jean-Marie Le Pen war und später Personenschützer von Marine Le Pen wurde. Darüber hat er auch ein Buch voller Anekdoten veröffentlicht, in dem von einer Aufgabe im EU-Parlament keine Rede ist.

Auch Le Pens Sekretärin Catherine Griset, mit der sie zeitweise verschwägert war, war als Assistentin im EU-Parlament deklariert. Dort verbrachte sie innerhalb eines Jahres jedoch nur etwa anderthalb Arbeitstage, wie die Auswertung ihrer Zugangskarte ergab. Griset argumentierte, dass sie im Gefolge von Le Pen auch ohne Badge in das Gebäude gekommen sei.

Wie verteidigt sich Le Pen?

Le Pen erklärte von Beginn an, sich keiner Schuld bewusst zu sein. Die Assistenten der EU-Parlamentarier seien nicht einzelnen Abgeordneten zugeordnet gewesen, sondern hätten einen Pool gebildet.

Welche Folgen könnte das Urteil haben?

Die Staatsanwaltschaft forderte für Marine Le Pen im November zwei Jahre Haft sowie drei Jahre auf Bewährung, eine Geldstrafe in Höhe von 300.000 Euro und ein fünf Jahre anhaltendes Verbot, bei Wahlen anzutreten.

Das Kandidaturverbot sollte direkt wirksam werden, selbst wenn sie in Berufung geht. Die übrigen Strafen wären in diesem Fall suspendiert.

Sollten die Richter dem folgen, könnte Le Pen nicht wie geplant bei der Präsidentschaftswahl 2027 antreten. Eine - im Fall der Berufung suspendierte - Haftstrafe würde von ihren Anhängern vermutlich nicht als Makel empfunden. Le Pen hatte der Staatsanwaltschaft von Beginn an vorgeworfen, den Prozess aus politischen Gründen zu führen, nämlich um ihre Präsidentschaft zu verhindern.

Welche vergleichbaren Verfahren gab es?

Der amtierende Premierminister François Bayrou, Chef einer kleinen, mit Präsident Emmanuel Macron verbündeten Partei, war im Februar 2024 in einem ähnlichen Verfahren mangels Beweisen freigesprochen worden. Der Vorwurf gegen ihn lautete auf Beihilfe zur Veruntreuung öffentlicher Gelder.

Es sei "wahrscheinlich", aber nicht nachweisbar, dass er davon gewusst habe, dass Mitarbeiter von EU-Abgeordneten tatsächlich für Parteiorgane gearbeitet hätten, urteilte das Gericht. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein. Ein Termin für ein weiteres Verfahren steht noch nicht fest. (AFP/dpa/bearbeitet von ank)  © AFP