Seit Monaten ist das Projekt "Mariahilfer Straße Neu" der große Aufreger in der Wiener Stadtpolitik. Nach der Bürgerumfrage ist nun endgültig die Entscheidung zum vollständigen Umbau der Mahü zur Fußgänger- bzw. Begegnungszone gefallen. Für die einen bedeutet dies künftig mehr Freiraum, Ruhe und Lebensqualität, andere sehen im Umbau eine Existenzbedrohung.
Ein sonniger Samstagnachmittag, einen Tag nach dem endgültigen Umfrageergebnis: Die Mariahilfer Straße wird als Fußgängerzone in ihrer vollen Breite ausgenutzt. „Jetzt trauen sie sich endlich auch auf die Straße“, merkte ein Passant an. Für die Initiatoren des Projektes, den Wiener Grünen, steht nun fest: Die Wiener hätten für mehr Lebensqualität und Freiraum sowie gegen den Autoverkehr gestimmt.
Die Bürger haben entschieden
Bis zum 7. März durften die Bewohner des 6. (Mariahilf) und 7. Wiener Gemeindebezirkes (Neubau) darüber abstimmen, ob die Mariahilfer Straße komplett zu einer Fußgängerzone umgebaut oder ob der ursprüngliche Zustand der Einkaufsmeile wiederhergestellt werden soll. Eine Mehrheit hat sich auch für die Radfahrerlaubnis in der Fußgängerzone und für die Öffnung von Querungen ausgesprochen. Immerhin 46,8 Prozent waren aber gegen verkehrsberuhigende Maßnahmen. Die Beteiligung war mit 67 Prozent auffallend hoch. Für den Bezirksvorsteher von Wien Neubau, Thomas Blimlinger, bedeutet dies, "dass die Wiener aktiv an der Gestaltung ihrer Stadt mitarbeiten wollen".
Umbau bis Herbst 2015
Die Stadt Wien will den Auftrag rasch umsetzen. Dazu stehen Treffen mit Vertretern des Handels und Verkehrsexperten auf der Agenda. Der mit 25 Millionen Euro budgetierte Umbau soll Mitte Mai beginnen. Die Einkaufsstraße wird bis zum Herbst 2015 Baustelle sein, bis dahin wird die Straße mit dem Gehsteig zu einem niveaugleichen Boulevard gemacht und einheitlich gepflastert. Weiters sind mehr Sitzgelegenheiten, Grünflächen, Wassertische und Kinderspielgeräte, eine neue Beleuchtung und kostenloses WLAN geplant. Das derzeitige Verkehrskonzept bleibt - samt Einbahnregelungen in den umliegenden Straßenzügen, Tempo-30-Zonen in den Durchzugsstraßen sowie der neuen Busroute des 13A.
Warum der Bahö?
Das Konzept für die Mariahilfer Straße Neu war Mitte August 2013 umgesetzt worden: der Kernbereich als Fußgängerzone mit Radfahrerlaubnis, die Randzonen als "Begegnungszone". Damit war der Ärger programmiert: neue Verkehrsschilder und Bodenmarkierungen, fehlende Querungsmöglichkeiten für Autos, fehlende Regeln für Lieferanten und Taxis, ein verstärktes Verkehrsaufkommen in den Parallelstraßen - Argumente hatten die Gegner genug. Aus Sicherheitsbedenken drohten die Buslenker des 13A mit der Einstellung des Fahrbetriebs. Radfahrer beanspruchten die Mahü als neuen "Highway". Nicht zuletzt beklagten die Kaufleute der Mahü und der Seitenstraßen starke Umsatzeinbußen (bis zu 30 Prozent), da für Kunden die Anreise mit dem Pkw unmöglich gemacht worden sei.
Politische Zukunft
Politisch gesehen bedeutet das "Ja" für das Prestigeprojekt der Grünen auch das Überleben der Rot-Grünen Koalition und damit der vielfach angefeindeten Vizebürgermeisterin, Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou. Die SPÖ mit Bürgermeister Michael Häupl hielt sich in den Wochen vor der Befragung stark aus dem Thema raus. Vassilakou sieht jedenfalls keine Krise, wie sie im Gespräch mit dem "Standard" formuliert: "Ich halte fest, dass wir nach drei Jahren bereits 80 Prozent der Vorhaben umsetzen konnten. Also funktioniert die Zusammenarbeit." Häupl selbst erinnerte in einem APA-Interview daran, dass Fußgängerzonen in Wien immer umstritten gewesen seien. "Aber ich bin mir sicher, in drei Jahren werden alle Leute sagen: Es war eine gute Sache."
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