Der französische Präsident Emmanuel Macron hat einen Tag nach dem Sturz seines Premiers zur Nation gesprochen. Seinen Rücktritt lehnte er ab, und war den Rechtspopulisten Machtgier vor.

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Einen Tag nach dem Sturz der Regierung in Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron Rücktrittsforderungen zurückgewiesen. "Sie haben mir auf demokratische Weise ein Mandat für fünf Jahre anvertraut, und das werde ich bis zum Ende ausführen", sagte er in einer TV-Ansprache am Donnerstag, 24 Stunden nachdem die Regierung von Premierminister Michel Barnier über ein Misstrauensvotum gestürzt war. Macron kündigte an, "in den nächsten Tagen" einen neuen Regierungschef zu ernennen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lehnt Rücktritt ab - und greift Marine Le Pen an

Macron warf den Rechtspopulisten vor, es vor allem auf sein Amt abgesehen zu haben. "Sie denken nur an eine Sache, die Präsidentschaftswahl, die sie vorbereiten und schnell herbeiführen wollen", sagte Macron mit Blick auf die Abgeordneten der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN). Deren Fraktionschefin Marine Le Pen will bei der Wahl antreten und hatte Macron in den vergangenen Tagen mehrfach den Rücktritt nahegelegt.

Die RN-Abgeordneten hätten "ganz einfach für das Chaos gestimmt, das ist das einzige Projekt, das sie mit den Linksextremen gemeinsam haben", sagte Macron. Der Sturz der Regierung sei nur möglich geworden, "weil sich die extrem Rechten mit den extrem Linken zu einer antirepublikanischen Front vereint haben", fügte er hinzu.

Macron will "in den nächsten Tagen" neuen Premier ernennen

Macron kündigte an, "in den nächsten Tagen" einen neuen Premierminister zu ernennen, der dann eine dem "Gemeinwohl" verpflichtete Regierung bilden solle. Diese solle bis Mitte Dezember ein Sondergesetz auf den Weg bringen, um die Regierungsgeschäfte auf der Basis des Haushalts von 2024 fortzusetzen. Anfang kommenden Jahres solle dann ein neues Haushaltsgesetz erarbeitet werden, sagte Macron.

Seit seinem Sturz durch ein Misstrauensvotum ist Premierminister Michel Barnier nur noch geschäftsführend im Amt. Er war durch ein Misstrauensvotum der linken Opposition gestürzt worden, das von den Rechtspopulisten unterstützt wurde. Am Freitagmorgen hatte Barnier bei Macron den Rücktritt seiner Regierung eingereicht. Es ist das erste Mal seit 1962, dass eine Regierung über ein Misstrauensvotum stürzt.

Mehrheit befürwortet Rücktritt von Macron

Nach dem Regierungssturz hatte es von mehreren Seiten Forderungen nach dem Rücktritt des Präsidenten gegeben. Die Linkspopulisten fordern dies schon länger und hatten bereits einen aussichtslosen Antrag auf Amtsenthebung gestellt. Le Pen stellte den Rücktritt als einzig mögliche Lösung der Krise dar, ohne Macron explizit dazu aufzufordern.

Auch im konservativen Lager, das Barniers Regierung unterstützt hatte, erhoben sich nun Stimmen gegen Macron. "Wenn der Präsident versteht, dass alles blockiert ist, und es nicht das Ziel sein kann, unter Missachtung der Interessen des Landes an der Macht zu bleiben, dann tritt er zurück", sagte der Bürgermeister von Meaux, Jean-François Copé, dem Sender France Inter.

Verteidigungsminister Lecornu Kandidat als Premier

Nach einer Umfrage des Instituts Toluna Harris Interactive befürworten 64 Prozent der Franzosen einen Rücktritt des Präsidenten. Demnach zeigten sich 53 Prozent einverstanden mit dem Sturz der Regierung durch das Misstrauensvotum. Allerdings äußerten 82 Prozent der Befragten Angst vor den Folgen.

Als nächster Premierminister ist der 38 Jahre alte Verteidigungsminister Sébastien Lecornu im Gespräch, mit dem Macron eng verbunden ist. Er ist der einzige, der seit Macrons Amtsantritt 2017 ununterbrochen in der Regierung ist. Genannt wird auch der 73 Jahre alte François Bayrou, den Chef einer mit ihm verbündeten Splitterpartei, mit dem sich Macron am Donnerstag im Elysée getroffen hatte.

Linkspopulisten fordern Premierminister aus ihren Reihen

Die Linkspopulisten erklärten bereits, dass sie gegen die nächste Regierung ebenfalls ein Misstrauensvotum einreichen würden, falls der nächste Premierminister nicht aus ihren Reihen hervorgehe. Die konservativen Republikaner hingegen versprachen, die nächste Regierung nicht zu stürzen, auch wenn sie ihr nicht angehören wollten.

Die Ratingagentur Moody's zeigte sich besorgt über die wirtschaftlichen Folgen der Krise. Der Regierungssturz reduziere "die Wahrscheinlichkeit einer Konsolidierung der Staatsfinanzen", mahnte die Agentur.

Der erst im September ernannte Barnier ist mit seinem Rücktritt nach exakt drei Monaten zum Premierminister mit der kürzesten Amtszeit in Frankreichs jüngerer Geschichte geworden. Eine Neuwahl kann frühestens im Juli 2025 stattfinden. (afp/bearbeitet von mt)

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