Die britischen Knäste platzen aus allen Nähten. Nach den rechtsradikalen Krawallen kamen zuletzt viele Häftlinge hinzu. Nun soll Platz geschaffen werden.

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Um Platz in den überfüllten Gefängnissen zu schaffen, kommen in Großbritannien insgesamt 1.700 Häftlinge vorzeitig frei. Ansonsten drohe "ungehemmte Kriminalität", weil Polizei und Gerichte niemanden einsperren könnten, begründete die Regierung in London den Schritt. In den Haftanstalten gibt es derzeit kaum noch freie Plätze.

Die Regelung sieht vor, dass einige Gefangene bereits nach 40 Prozent ihrer verbüßten Strafe entlassen werden können. Normalerweise müssen mindestens 50 Prozent abgesessen werden, bevor man gegen Auflagen auf freien Fuß kommt.

Hunderte Anklagen nach Randale

Derzeit geht die britische Justiz mit aller Härte gegen Randalierer vor, die bei den rechtsextremen und antimuslimischen Ausschreitungen im Sommer in mehreren Städten auch Polizisten und Unterkünfte für Asylsuchende angegriffen sowie Fahrzeuge in Brand gesteckt und Läden geplündert hatten. Mehr als 200 Menschen wurden bereits verurteilt, die meisten zu Haftstrafen. Hunderte weitere Anklagen sind anhängig.

Zuletzt hatte ein Richter bereits entschieden, dass Amtsgerichte in England und Wales - sogenannte Magistrates' Courts - möglichst solche Termine aufschieben sollen, bei denen Menschen ins Gefängnis geschickt werden könnten.

Regierung gibt Vorgängern die Schuld

Die sozialdemokratische Regierung von Premierminister Keir Starmer räumte ein, dass es für Opfer "unglaublich schwierig" sei, zu erfahren, dass die Täter vor Verbüßung ihrer Strafe freigelassen werden. "Dies ist eine weitere schwierige, harte, aber notwendige Maßnahme, die wir ergreifen", sagte eine Regierungssprecherin. Zugleich betonte sie, das Kernproblem sei, dass die konservative Vorgängerregierung nicht genügend Haftplätze geschaffen habe.

Von der vorzeitigen Entlassung können nicht alle Gefangenen profitieren. Wer wegen Terrorismus, sexueller Delikte, häuslicher Gewalt und schwerer Straftaten einsitzt, kommt nicht frei, wie die Regierung betonte.

Überfüllung, Rattenplagen, Bandengewalt, Personalmangel: Die Zustände in manchen Gefängnissen in England und Wales gelten selbst in offiziellen Dokumenten als besorgniserregend. Ein Teil der Gebäude stammt noch aus dem 19. Jahrhundert und wurde nie richtig modernisiert.

Für diejenigen, die freigelassen werden, habe die Bewährungshilfe Vorbereitungen getroffen, sagte Polizei-Staatssekretärin Diana Johnson der BBC. "Die Leute werden auf Bewährung freigelassen und können zurückgerufen werden, wenn sie weitere Straftaten begehen."

Helfer warnen vor zu vielen Ausnahmen

Dennoch warnten Hilfsorganisationen, die sich gegen häusliche Gewalt engagieren, es gebe zu viele Ausnahmeregelungen. Es sei bereits in der Vergangenheit nicht immer gelungen, entlassene Straftäter genau zu überprüfen und von neuen Taten abzuhalten.

Andere Aktivisten kritisierten, dass vor allem viele junge Männer in Freiheit gelangen würden, ohne dass sie Unterstützung bei der Job- oder Wohnungssuche erhielten. "Infolgedessen besteht die Gefahr, dass das Entlassungsprogramm die Rehabilitation gefährdet und die Rückfallquote erhöht, wenn es nicht durch angemessene Unterstützung und eine wirksame Wiedereingliederung flankiert wird", unterstrich die Organisation Switchback.

Die Juristenvereinigung Law Society sprach von einer pragmatischen Entscheidung. "Angesichts des beklagenswerten Zustands unserer Gefängnisse ist dies zwar kein idealer Schritt", sagte Präsident Nick Emmerson. "Doch schafft er mehr Zeit und Raum für längerfristige Lösungen der vielen Probleme, die unser Strafrechtssystem plagen." (dpa/bearbeitet von ari)

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