Li Keqiang hat sich als neuer Regierungschef viel vorgenommen. Er will die Slums in China abschaffen und Millionen Wanderarbeitern in den Städten mehr Rechte geben. Das Steuersystem will Li einfacher machen, die bürokratischen Hürden niedriger und den Mittelstand wohlhabender. Auch der Korruption in den chinesischen Behörden geht es nach seinen Plänen an den Kragen. Aber wer ist dieser Li Keqiang eigentlich?
Li Keqiang zählt spätestens mit seiner Ernennung zum chinesischen Premier zu den Mächtigen der Welt. Er ist nun tatsächlich in der Position, um Veränderungen durchzusetzen. Was wissen wir über diesen Mann, der die gewaltigen Aufgaben schultern will?
Propaganda oder mehr
Viel wissen wir nicht. Schlimmer noch: Das was wir wissen, wissen wir zum größten Teil aus den chinesischen Staatsmedien, die nicht eben für ihre Objektivität berühmt sind. Und so gleicht die Frage, ob Li Keqiang ernsthaft Reformen angehen will und dies auch kann, der Situation, die uns aus dem Vatikan sattsam bekannt ist: Wir wissen, Reformen sind zwingend erforderlich. Wir hoffen, dass der Neue der richtige Mann dafür ist. Und wir haben Zweifel.
Geradliniger Weg
Li ist 57 Jahre alt, verheiratet und hat eine Tochter. Seine Karriere vom Kind aus einfachen Verhältnissen zu einem der mächtigsten Männer Chinas ist beeindruckend. Allerdings folgt sie einem geraden Weg. Linientreue brachte Li ans Ziel, nicht Opposition und Widerstand.
1976, noch vor Aufnahme seines Studiums an der berühmten Peking-Universität, trat er in die Kommunistische Partei des Landes ein. Er studierte Jura und Wirtschaft, verfügt also durchaus über die nötige Sachkompetenz, wenn er sich heute zu den großen Themen des Landes äußert. Li sieht die Gefahr von Unruhen im Land, wenn die Strukturprobleme nicht gelöst werden. Er weiß, dass das rasante Wirtschaftswachstum des Landes eine Völkerwanderung in die Großstädte voraussetzt. Und wenn er fordert, die Schere von Arm und Reich kleiner zu halten, so weiß der Mann vom Lande, wovon er spricht: China steht mit seinem rasanten Wirtschaftswachstum vor der Zerreißprobe, wenn es nicht gelingt, die Sozialsysteme schnell und effektiv anzupassen.
Seine Wirtschaftsausrichtung kommt Li dabei wohl nicht nur inhaltlich entgegen. Sie nimmt bisweilen auch den Druck von ihm, über weitere politische Reformen zu reden. Jedenfalls hat er sich, obwohl seit 2007 im "Ständigen Ausschuss des Politbüros der Kommunistischen Partei Chinas", seit 2008 Vize-Premierminister und seit November 2012 Mitglied des Zentralkomitees der KP, mit derlei Themen bislang nicht hervorgetan.
Der Reihe nach. Nach seinem Studium 1982 wechselte Li ins Zentralkomitee für Bildung. Er stieg als Funktionär der kommunistischen Jugendliga immer weiter auf, bis er schließlich 1998 zum 1. Generalsekretär gewählt wurde. Eine mächtige Position - immerhin hat die kommunistische Kaderschmiede fast so viele Mitglieder wie Deutschland Einwohner.
Exzellente Kontakte
Bereits seit Ende der 1980er Jahren hatte Li so auch Kontakt zu Hu Jintao, dem früheren Staatspräsidenten Chinas. Das Forbes Magazin wählte Hu, den Führer von Partei, Armee und Staat, 2010 gar zum mächtigsten Mann der Welt. Li findet in Hu, der am Donnerstag offiziell von Xi Jinping als Präsident abgelöst wurde, einen mächtigen Unterstützer. Seit dem heutigen Freitag ist auch Li im Amt, er übernahm den Posten des Ministerpräsidenten von Wen Jiabao.
Im Jahr 2004 tritt Li Keqiang - nach einigen Jahren als Vize-Parteichef in Hebei - das Amt als Parteisekretär in der Provinz Liaoning an. Die Region ist reich an Industrie - es gibt Kohle und Eisenerz. Die Stahlindustrie ist stark, ebenso der Schiffs- und Fahrzeugbau. Liaoning bringt die höchsten Wachstumsraten im ganzen boomenden Wirtschaftsreich. Li lockte ausländische Investoren und bringt die Staatsbetriebe in Schwung - er war hier bestens aufgehoben.
2007 erhielt Li schließlich einen Sitz im Ständigen Ausschuss des Politbüros und legt sein Amt als Parteisekretär nieder. Nun gestaltete er den 5-Jahr-Plan mit und zählte zu den Entscheidern in wichtigen Wirtschaftsgremien. Er war im Zentrum der Macht angekommen.
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