Vor dem EU-Minigipfel zur Migrationspolitik empfängt Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz den EU-Ratspräsident Donald Tusk zu einem Arbeitsgespräch im Bundeskanzleramt in Wien.
Zwei Tage vor dem EU-Minigipfel zur Migrationspolitik hat Bundeskanzler
"Er hat die Führung im Europäischen Rat, er ist derjenige, der mit uns zusammenarbeitet, um die Außengrenzen der Europäischen Union zu schützen", sagte Kurz zu Beginn eines Treffens mit Tusk am Freitag in Wien.
Tusk hatte sich von dem Minigipfel distanziert, dem die Regierungschefs der vier Visegrad-Staaten (Tschechien, Ungarn, Polen und die Slowakei) aus Protest fernbleiben.
Das von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ausgerichtete Treffen kommt auf Initiative der deutschen Kanzlerin
Nach derzeitigem Stand nehmen 16 EU-Staaten an dem Mini-Gipfel in Brüssel teil. Ein EU-Kommissionssprecher sagte am Freitag, zusätzlich zu den acht ursprünglich vorgesehenen Staaten hätten auch Belgien, die Niederlande, Kroatien, Slowenien, Dänemark , Finnland, Schweden und Luxemburg ihr Interesse an einer Teilnahme bekundet.
Zunächst waren Deutschland, Österreich Italien, Frankreich, Spanien, Griechenland, Malta und Bulgarien für das Mini-Gipfeltreffen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs geplant.
Beide unterstreichen Bedeutung des Außengrenzschutzes
Tusk ließ anklingen, dass er den ÖVP-Chef zu dessen Achsenbildungsaktivitäten innerhalb Europas befragen will.
"Ich möchte seine Meinung über seine Kooperation mit anderen Staaten hören, mit seinen Freunden der Visegrad-Gruppe", sagte der Ratspräsident mit Blick auf die Teilnahme des Kanzlers am Treffen der Visegrad-Staaten am Donnerstag in Budapest.
Der polnische Ex-Premier zeigte sich erfreut, dass sich ein "gemeinsames Denken" über die Flüchtlingspolitik in Europa entwickle. "Das ist zumindest unsere Hoffnung", sagte er auf die Frage, ob er sich vom nächsten Gipfel eine Lösung erwarte.
"Die wahre Priorität für uns ist es, unsere Außengrenzen zu schützen. Das ist die erste Bedingung, um das Problem der Migration zu lösen", unterstrich Tusk, der kommenden Donnerstag und Freitag den regulären Gipfel aller 28 EU-Staats- und Regierungschefs ausrichten wird.
Kurz wies darauf hin, dass Tusk nach Wien gekommen sei, "um die österreichische Ratspräsidentschaft vorzubereiten". Am Sonntag kommender Woche übernimmt Österreich für ein halbes Jahr den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Wichtigstes Thema ist dabei die Migrationspolitik, zu der Österreich am 20. September einen informellen EU-Gipfel in Salzburg veranstalten will.
Kurz erwartet sich "spätestens" bei diesem Treffen Fortschritte in der europäischen Migrationspolitik, während er hinter den Kulissen schon eifrig an der Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Regierungen zimmert, etwa bei der Errichtung von Asylzentren außerhalb der EU.
Die bayerische CSU, die neue italienische Regierung sowie die Visegrad-Staaten erwarten sich von Österreich einen Kurswechsel in der Migrationspolitik.
Die Caritas Europa warnte unterdessen vor einem Abschottungsdeal. Sie sei besorgt darüber, dass die EU-Staaten das "berüchtigte australische Modell" favorisierten, sagte die Politikdirektorin von Caritas Europa, Shannon Pfohman, laut Kathpress am Freitag. Sie müssten ihre persönlichen Interessen beiseite lassen und einen europäischen Kompromiss finden.
Dublin-System ist "Fiasko"
Pfohman bezeichnete das Dublin-System, wonach das Erstaufnahmeland für Asylbewerber zuständig sei, als "Fiasko". Nun sei die Zeit für eine Veränderung, sagte sie. Kritisch äußerte sich auch die Vorsitzende der Grünen im Europaparlament, Ska Keller.
Sie warnte davor, dass es in Europa bald Zustände wie in Ungarn geben könnte. "Es ist fatal, wenn der Mini-Gipfel mit einem Abschottungsdeal nach dem Gusto von Seehofer und Orban endet", sagte Keller. Dann drohten in Europa "ungarische Zustände mit Transitzonen, inhaftierten Flüchtlingskindern und abgedichteten Grenzen", so die Abgeordnete.
Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geplanten "bilateralen Abschiebeabkommen" mit anderen EU-Mitgliedstaaten verschärften die Fehler des Dublin-Systems und bedeuteten das "endgültige Aus" für die Reisefreiheit in Europa, so Keller. © APA
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