"Will Moser unser Rechtssystem in die Luft sprengen?" Experten lassen kaum ein gutes Haar an der Idee des Justizministers, alte Rechtsvorschriften ersatzlos zu streichen.

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Justizminister Josef Moser (parteilos, von ÖVP gestellt) will Österreichs Recht entrümpeln. Konkret sollen alle Rechtsvorschriften im Zivil-, Straf- und Verwaltungsrecht, die vor 2000 in Kraft getreten sind, gestrichen werden - so die Ministerien einzelne Regelungen nicht explizit belassen wollen.

Was im ersten Moment gut klingt, stößt bei Rechtsexperten auf Gegenwehr. "Da kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie das funktionieren soll. Da kann es ja unabsehbare Folgen geben", sagte der Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk dem "Kurier". "Will Moser unser Rechtssystem in die Luft sprengen?"

Experte: Zuerst prüfen, dann streichen

Auch Walter Obwexer von der Universität Innsbruck hält die Idee für kaum umsetzbar. "Das Problem ist die Rechtssicherheit. So läuft man Gefahr, dass Bestimmungen aufgehoben werden, die man eigentlich doch brauchen würde. Da wäre es doch klüger, das Prozedere umzudrehen, also zuerst prüfen, was obsolet ist."

Obwexer erinnerte an das "Bundesrechtsbereinigungsgesetz" aus dem Jahr 2000. Damit seien damals auch einige Bestimmungen abgeschafft worden, die es später doch wieder gebraucht hätte.

Weiteres Problem: "Übergangsgesetz" von 1920

Auch das "Übergangsgesetz" von 1920 will Moser abschaffen. Es regelt die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Konkret: dass bestimmte Gesetzesthemen des Bundes eine Zustimmung der Länder erfordern - und umgekehrt.

Der Justizminister will künftig klar regeln, was in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes und was in jener der Länder liegt. Zwar ließen sich so leichter Regelungen schaffen, aber: "Wenn dann Bund und Länder ohne Zustimmung der anderen Gesetze machen können, sind Konflikte garantiert", glaubt Verfassungsexperte Obwexer.

Kollege Funk erinnerte im "Kurier"-Gespräch an die Mindestsicherung. Diese sei auf Länderebene geregelt. Und neun unterschiedliche Regelungen seien die Folge.

Moser zeigt sich jedenfalls offen für Vorschläge: Der Justizminister hat Österreichs Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, ihm zu melden, welche gesetzliche Regelungen ihrer Ansicht nach sinnlos oder falsch sind. Jede Anfrage soll geprüft werden. Bis zum Sommer will Moser die Reform beschließen. (ank)

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