Es sind die schwersten Kämpfe seit Jahren im Nordwesten Syriens, Rebellen stoßen immer weiter vor. Nun sollen sie die Millionenstadt Aleppo erreicht haben.

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Bei den heftigen Kämpfen mit der syrischen Armee haben Dschihadisten im Nordwesten Syriens nach Angaben von Aktivisten dutzende Städte und Dörfer erobert und sind inzwischen bis unmittelbar vor die Großstadt Aleppo vorgerückt.

Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte erreichten Kämpfer der Dschihadistengruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und mit ihr Verbündete am Freitagmorgen die Tore der Stadt. Durch die seit Tagen andauernde Gewalt wurden demnach bereits 255 Menschen getötet.

Syrische Rebellen behaupten, bereits in Aleppo eingedrungen sein

Wie die Beobachtungsstelle mitteilte, stehen mittlerweile "mehr als 50 Dörfer und Städte" in den Regionen Aleppo und Idlib im Norden und Nordwesten des Landes unter der Kontrolle von HTS und mit ihr verbündeter und von der Türkei unterstützter Fraktionen.

Ein Sicherheitsbeamter der syrischen Regierung sagte, die Armee habe Verstärkung in die Stadt Aleppo geschickt. Im Westen der Stadt sei es zu "heftigen Kämpfen und Zusammenstößen gekommen", sagte er. Ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete ebenfalls von heftigen Schusswechseln wenige Kilometer rund um Aleppo. Seinen Schilderungen zufolge rückten die Dschihadisten mit Panzern vor.

Syrische bewaffnete Rebellen geben indes laut CNN an, bereits in Aleppo eingedrungen zu sein. Auch in den sozialen Medien kursieren erste Videos, die die Rebellen in der Stadt zeigen sollen.

Es sind die schwersten Kämpfe in der Gegend seit Jahren – und es wäre das erste Mal seit der Rückeroberung Aleppos durch Regierungstruppen im Jahr 2016, dass Rebellen in die zweitgrößte Stadt des Landes eindringen.

Auch Zivilisten unter den Todesopfern

Im Nordwesten Syriens grenzt die großteils von der Regierung kontrollierte Provinz Aleppo an die letzte große Rebellen- und Dschihadisten-Hochburg Idlib. Die Dschihadistengruppe HTS ist ein syrischer Ableger des Terrornetzwerks Al Kaida und kontrolliert große Teile von Idlib, aber auch angrenzende Gebiete in den Regionen Aleppo, Hama und Latakia.

Am Mittwoch hatten die Dschihadisten und ihre Verbündeten eine überraschende Großoffensive gegen die Streitkräfte der Regierung gestartet - es sind die heftigsten Kämpfe seit dem Jahr 2020. Laut der Beobachtungsstelle wurden dabei bis Freitag 255 Menschen getötet, ein Großteil von ihnen Kämpfer auf beiden Seiten, aber auch Zivilisten.

"Zum ersten Mal seit fast fünf Jahren hören wir ständig Raketen und Artilleriegranaten, manchmal auch Flugzeuge", sagte ein 51-jähriger Bewohner von Aleppo der AFP am Telefon. Die Menschen hätten Angst, "dass sich das Kriegsszenario wiederholt und wir gezwungen sein werden, aus unserer Heimat zu fliehen".

Laut der syrischen Nachrichtenagentur Sana bombardierten die Kämpfer ein Studentenwohnheim in Aleppo. Den Angaben zufolge wurden dabei vier Zivilisten getötet. Die Beobachtungsstelle berichtete, die Angreifer hätten am Donnerstag die Autobahn unterbrochen, die Aleppo mit der rund 300 Kilometer südlich gelegenen syrischen Hauptstadt Damaskus verbindet.

Die Beobachtungsstelle mit Sitz in Großbritannien bezieht ihre Informationen aus einem Netzwerk verschiedener Quellen in Syrien. Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.

Russland verurteilt Offensive der Dschihadisten

"Wir befürchten, dass die Blockade von Straßen die Treibstoffpreise in die Höhe treiben und dazu führen könnte, dass keine Waren mehr in die Stadt gelangen", sagte der 36-jährige Bewohner von Aleppo, Nasser Hamdo.

Der syrische Bürgerkrieg hatte 2011 begonnen, nachdem Präsident Baschar al-Assad Proteste gegen die Regierung mit Gewalt niederschlagen ließ. Seitdem wurden in dem Konflikt mehr als 500.000 Menschen getötet und Millionen vertrieben. In den Krieg involviert sind auch zahlreiche ausländische Mächte, etwa der Assad-Verbündete Russland, der Iran und die libanesische Hisbollah-Miliz.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow verurteilte die Offensive der Dschihadisten am Freitag als "Angriff auf die Souveränität Syriens". Zudem bot er der syrischen Regierung die russische Unterstützung bei in den von der Offensive betroffenen Gebieten an.

Iran bietet Unterstützung "im Kampf gegen den Terrorismus" an

Auch der Iran sicherte der syrischen Regierung seine Unterstützung zu. Außenminister Abbas Araghtschi betonte während eines Telefonats mit seinem syrischen Kollegen Bassam al-Sabbagh "die anhaltende Unterstützung Irans für die syrische Regierung, Nation und Armee im Kampf gegen den Terrorismus".

Ein Vertreter der Dschihadistengruppe HTS hatte in dieser Woche erklärt, Ziel der Offensive sei es, "die Feuerquellen des kriminellen Feindes von den Frontlinien zu vertreiben". Die HTS ist ein syrischer Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida und kontrolliert Teile mehrerer syrischer Provinzen, darunter Aleppo und Idlib.

In der Region Idlib gilt seit 2020 ein von der Türkei und Russland vermittelter Waffenstillstand, der zwar immer wieder gebrochen wurde, aber weitgehend stabil blieb. Russland hatte 2015 in den syrischen Bürgerkrieg eingegriffen und damit das Blatt zugunsten von Assad gewendet. (AFP/dpa/bearbeitet von lag)

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