China will die Schlinge um Hongkong noch enger zuziehen. Jetzt setzte das Land ein Kopfgeld auf acht im Ausland befindliche Demokratieaktivisten aus. Auch die Stimmung zwischen Großbritannien und dem Land der Mitte scheint zu kippen.

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Nach der Aussetzung eines Kopfgelds auf acht im Ausland lebende Demokratieaktivisten hat Hongkongs Regierungschef John Lee die Betroffenen gedrängt, sich den Behörden zu stellen. "Der einzige Weg, ihr Schicksal als Flüchtige zu beenden, die lebenslang verfolgt werden, ist, sich zu stellen", sagte Lee am Dienstag. Sonst würden sie ihr Leben "in Angst verbringen". Peking warf unterdessen Großbritannien vor, "flüchtigen" Aktivisten aus Hongkong Schutz zu bieten und sich in die inneren Angelegenheiten Chinas einzumischen.

Rund 117.000 Euro Kopfgeld für Demokratieaktivisten

Die Polizei in Hongkong hatte am Montag ein Kopfgeld in Höhe von einer Million Hongkong-Dollar (rund 117.000 Euro) für Informationen ausgesetzt, die zur Festnahme von acht prominenten Demokratieaktivisten im Ausland führen sollen. Die Exilanten hätten "sehr schwerwiegende Straftaten begangen, die die nationale Sicherheit gefährden", sagte Steven Li, Hauptkommissar der Abteilung für nationale Sicherheit der chinesischen Sonderverwaltungszone.

Demnach soll das Kopfgeld erhalten, wer Hinweise liefert, die zur Ergreifung eines der Aktivisten führen. Ihnen wird vorgeworfen, mit ausländischen Kräften zusammengearbeitet zu haben, um die nationale Sicherheit zu gefährden – ein Vergehen, das in Hongkong mit lebenslanger Haft bestraft werden kann. Polizeivertreter Li erklärte, die Hongkonger Polizei könne die acht Menschen nicht festnehmen, solange sie im Ausland seien. Hongkong werde aber "nicht aufhören, sie zu verfolgen".

Regierungschef Lee sagte vor Reportern, er unterstützte das Vorgehen der Polizei. Er rief die Öffentlichkeit auf, dies ebenfalls zu tun. Auch "Verwandte und Freunde" der Aktivisten könnten Informanten sein, fügte er hinzu.

Zu den gesuchten Exilanten zählen die ehemaligen pro-demokratischen Abgeordneten Nathan Law, Ted Hui und Dennis Kwok. Die acht Aktivisten waren aus Hongkong geflohen, nachdem Peking Mitte 2020 nach massiven pro-demokratischen Protesten das sogenannte Nationale Sicherheitsgesetz für die Sonderverwaltungszone erlassen hatte. Es ermöglicht den Behörden ein drakonisches Vorgehen gegen Protestierende.

Kritik aus USA, Großbritannien und Australien an Chinas Vorgehen

Die USA, Großbritannien und Australien – Länder, in denen einige der von Hongkong gesuchten Aktivisten leben – kritisierten das Vorgehen Hongkongs.

Der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, verurteilte das Kopfgeld als Teil von Chinas "grenzüberschreitenden Repressionsbemühungen" und forderte dessen Rücknahme. "Die extraterritoriale Anwendung des von Peking eingeführten Nationalen Sicherheitsgesetzes ist ein gefährlicher Präzedenzfall, der die Menschenrechte und Grundfreiheiten von Menschen in aller Welt gefährdet", fügte er hinzu.

Der britische Außenminister James Cleverly reagierte auf das Kopfgeld mit der Aussage, Großbritannien werde "keine Versuche Chinas dulden, Menschen im Vereinigten Königreich und in Übersee einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen". London werde "immer das Recht auf freie Meinungsäußerung verteidigen".

Die chinesische Botschaft in London warf Großbritannien daraufhin vor, sich in Chinas innere Angelegenheiten eingemischt zu haben, indem britische Politiker "Flüchtigen offen Schutz angeboten" hätten. Dies sei "eine grobe Einmischung in Hongkongs Rechtsstaat und Chinas innere Angelegenheiten", hieß es weiter. "China drückt starke Unzufriedenheit aus und lehnt dies entschieden ab."

Großbritannien hatte China wegen der Aushöhlung der Rechte in der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong scharf kritisiert. 2020 setzte London sein Auslieferungsabkommen mit Hongkong aus, um gegen die Einführung des umstrittenen Sicherheitsgesetzes durch China zu protestieren.

Australiens Außenministerin Penny Wong sagte, ihre Regierung sei wegen der Kopfgelder "zutiefst enttäuscht". Australien habe immer wieder seine Besorgnis über die breite Anwendung des Nationalen Sicherheitsgesetzes geäußert, um pro-demokratische Persönlichkeiten zu verhaften oder die Zivilgesellschaft unter Druck zu setzen.

Vor und nach der Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes demonstrierten in Hongkong Hunderte für mehr Demokratie. Die Polizei ging mit Tränengas, Wasserwerfern und Pfefferspray vor, um die nicht genehmigten Proteste sofort im Keim zu ersticken. Die erste Festnahme nach dem neuen Gesetz vor etwa drei Jahren galt einem jungen Mann, der eine Flagge mit dem Ruf nach einer Unabhängigkeit Hongkongs gezeigt hatte. (afp/the)

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