Wenn es um die FPÖ geht, ist die Meinung des Grünen-Chefs Kogler klar. Selbst wenn die Freiheitlichen bei der Nationalratswahl Platz eins schaffen sollten, fordert er eine Absage an eine Koalition mit der Partei. Vielmehr sollten sich mehr Parteien "dazu durchringen", wieder die "Brandmauer" zu errichten.
Vizekanzler und Grünen-Chef
Auch wenn die FPÖ, wie es seit Monaten die Umfragen prognostizieren, bei der Nationalratswahl Ende September tatsächlich Platz eins schaffen sollte, ist der Grüne Spitzenkandidat dagegen, dass der Bundespräsident den Freiheitlichen einen Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Das Staatsoberhaupt, direkt gewählt vom Volk, werde "hier sehr umsichtig vorgehen", ist Kogler überzeugt. "Es ist überhaupt kein Zwang, hier einen Regierungsbildungsauftrag vorzunehmen." Dass der Erstplatzierte nicht Teil der Regierung ist, wäre in Österreich auch nicht neu, erinnerte er an die Wahl 1999, als die SPÖ "ausgebootet" wurde. Undemokratisch fände Kogler das nicht, denn die FPÖ werde keine 50 Prozent machen, und es gehe darum, stabile Mehrheiten zu finden.
Vielmehr sollten sich mehr Parteien "dazu durchringen", wieder die "Brandmauer" zu errichten, glaubt Kogler. "Weil es nicht angeht, finde ich, dass Rechtsextreme so mir nichts, dir nichts da möglicherweise in die Regierung marschieren." Bei den Identitären, "der verlängerte rechtsextreme Arm dieser freiheitlichen Truppe", gebe es Leute, "die den Holocaust geil finden oder den Völkermord predigen" - hier seien "Linien überschritten, die gar nicht mehr zu beschreiben sind", unterstrich Kogler. "Wehret den Anfängen! Ich sage das so deutlich und in aller bewussten Erinnerung, wo das herkommt." Die Anspielung auf die Nazi-Diktatur sieht Kogler als gerechtfertigt: "Wenn man sich nicht generell lossagt von diesen Identitären, die ja immer offener neonazistisch auftreten, dann ist das etwas, wo diese Vergleiche berechtigt sind."
"Also ist doch bitte die ÖVP und sogar die SPÖ gefordert, hier ein klares Nein auszusprechen." Denn unabhängig davon, was SPÖ-Chef Andreas Babler sage, vermisst Kogler in einigen roten Landesparteien ein kategorisches Ausschließen einer Koalition mit der FPÖ. Auch bei der ÖVP sei die Frage, welche Linie sich durchsetze, verwies Kogler auf die Bündnisse mit den Blauen etwa in Salzburg und Niederösterreich.
Kogler: Mehr Durchmischung in den Schulen notwendig
Erfolgreich ist die FPÖ unter anderem mit dem Ausländer-Thema, und auch Kogler bestreitet nicht, dass es etwa an den Volksschulen Probleme mit dem Anteil an sogenannten außerordentlichen Schülern gibt, also jenen, die kein Deutsch beherrschen.
In Wien, wo es die größten Schwierigkeiten gibt, sei mehr Durchmischung in den Schulen notwendig, etwa durch Änderungen bei den Sprengelgrößen, so Kogler. Zuständig seien aber die Bundesländer. Für mehr Lehrpersonal habe die Regierung Initiativen gesetzt. Auch mehr Deutschkurse und ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr könnten Abhilfe schaffen, glaubt Kogler.
In gut zwei Wochen geht die letzte Nationalratssitzung vor der Wahl über die Bühne, und dort sollen noch einige Beschlüsse gefasst werden. Kogler nannte etwa finanzielle Erleichterungen im Zuge der Abschaffung der Kalten Progression, darunter mehr Geld für Alleinerzieherinnen und ein höheres, ökologischeres Kilometergeld. Ebenfalls noch abgesegnet werden sollen das Eheverbot bis 18 Jahre, um Zwangsehen zu bekämpfen, und die Pensionserhöhung für 2025.
Ob nach der Kür von Magnus Brunner (ÖVP) zum EU-Kommissar zwischenzeitlich ein neuer Finanzminister installiert werden soll oder die Agenden an jemanden übertragen werden, müsse man noch besprechen. Wichtig sei für ihn eine personelle Lösung, die "vertrauensstiftend" sei, betonte Kogler. Auch ein Experte wäre für ihn vorstellbar.
Kogler pocht auf Abschaffung des Dieselprivilegs
Einiges, was den Grünen in der Regierung wichtig war, ist nichts geworden: Eine Bodenschutzstrategie, ein neues Klimaschutzgesetz oder ein Klimacheck für Gesetze und Verordnungen. Wichtiger sei, dass dank der Grünen die Emissionen sinken, was sie seit zwei Jahren tun, entgegnete Kogler. Außerdem habe man zuletzt auch noch den nationalen Energie- und Klimaplan durchgesetzt. In diesem Zusammenhang pochte Kogler auf die Abschaffung des Dieselprivilegs - dieses müsse man "hart anfassen", weil es massiv den Lkw-Transit anziehe.
Nicht gelungen ist es auch, den Anteil an russischem Gas tatsächlich zu senken - so zeigte diese Woche erst die Statistik Austria auf, dass es weiterhin keinen Rückgang der russischen Gasimporte gibt.
Einmal mehr verwies der Grünen-Chef darauf, dass ÖVP und SPÖ für die Gasabhängigkeit verantwortlich seien. Es sei damals "ein Wirtschaftsverbrechen" und eine "Schweinerei" gewesen, "dem Putin den roten Teppich samt Schleimspur auszulegen", bekräftigte Kogler. Die Grünen hätten nun erstmals den Hebel herumgerissen, und das gehe eben nicht über Nacht. Der prozentuelle Anteil sei immer noch hoch, räumte Kogler ein, aber absolut gingen die Gas-Mengen deutlich zurück.
Die Frage, ob er selbst Klubchef im Parlament wird, wenn die Grünen nach der Wahl auf der Oppositionsbank landen, ließ Kogler unbeantwortet - denn er glaubt durchaus daran, dass es die Grünen wieder in Regierungsverhandlungen schaffen. "Das ist unsere allererste Aufgabe: So stark zu werden, dass man bei der Regierungsbildung nicht an uns vorbeikommt. Und ich bin da sehr zuversichtlich, dass wir da eine Rolle spielen werden." Eine Latte fürs Wahlergebnis hat sich Kogler nicht gelegt, sagt er. Gefragt, ob er also unabhängig vom Ergebnis Parteichef bleibe, meinte Kogler: "Jetzt bewerben wir uns mal alle miteinander für fünf Jahre, das ist fix und das wird durchgezogen." (APA/bearbeitet von mbo)
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