Eine Hochzeit vor dem 18. Lebensjahr war bislang unter Umständen möglich, nun hat sich die Koalition auf die Abschaffung dieser Ausnahme geeinigt. Auch die Eheverbote zwischen Verwandten sollen ausgeweitet werden.

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Die Regierung hat sich auf die Abschaffung von Ausnahmen beim Ehealter von 18 Jahren sowie eine Ausweitung der Eheverbote auf Verwandte bis zur vierten Seitenlinie geeinigt. Unter anderem wird die Sondergenehmigung gestrichen, die eine Heirat ab 16 erlaubt, wenn die Eltern zustimmen. Außerdem werden Ehen zwischen Cousins und Cousinen bzw. Nichten/Neffen mit Onkeln/Tanten unzulässig.

Schutz vor Zwangsehen

Entsprechende Maßnahmen waren bereits im Regierungsprogramm festgehalten, wurden bisher aber nicht umgesetzt. Erst vergangene Woche schoben sich ÖVP und Grüne die Schuld daran wechselseitig zu. Nun gibt es einen gemeinsamen Gesetzesentwurf, der großteils am 1. November in Kraft treten soll. Für Justizministerin Alma Zadic (Grüne) ist dies ein "Beitrag im Kampf gegen Zwangsehen", hieß es in einer Aussendung. Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) sprach ebenfalls von einer "wichtigen Maßnahme gegen Kinder- und Zwangsehen".

Derzeit ist eine Heirat zwar grundsätzlich erst ab 18 Jahren erlaubt. Personen ab 16 dürfen aber auch dann heiraten, wenn ein Gericht sie auf ihren Antrag hin für ehefähig erklärt. Das muss es (ohne inhaltliche Prüfung) tun, wenn der künftige Ehegatte selbst bereits volljährig ist und der oder die Minderjährige für die Ehe reif erscheint; nötig ist dafür die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Bei einer Verweigerung der Zustimmung wiederum kann das Gericht diese ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe dafür vorliegen. Diese Ausnahmen werden nun aufgehoben - geheiratet werden darf damit uneingeschränkt ab 18.

NEOS-Jugendsprecher Shetty sieht weiteres größeres Problem

Begründet wird die Streichung laut den Erläuterungen zum Entwurf unter anderem mit einer Forderung von UNICEF nach einem weltweiten Ehealter von 18 Jahren. "Ich freue mich über diese Einigung, denn mit der Anhebung des unbedingten Ehealters auf 18 Jahre schützen wir junge Frauen und junge Männer in Österreich und sind im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards. Je jünger Menschen sind, die heiraten, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das nicht freiwillig passiert, weil Kinder von ihren Eltern oder anderen Menschen unter Druck gesetzt werden", meinte Zadic. "Ich setze mich seit Jahren gegen diese Form der ehrkulturellen Gewalt ein und bin froh, dass die Justizministerin unserem Gesetzesvorschlag nach langem Drängen nun offensichtlich endlich zugestimmt hat", so Raab.

Begrüßt werden die Änderungen auch von SPÖ und NEOS. "Besser spät als nie", kommentierte etwa SPÖ-Kinderrechtesprecher Christian Oxonitsch in einer Aussendung die Koalitionseinigung. Deutschland sei diesen Weg schon 2017 gegangen. NEOS-Jugendsprecher Yannick Shetty freute sich, "dass unser jahrelanger Druck gewirkt hat und die Grünen endlich ihre Blockadehaltung aufgegeben haben". Nun müsse man aber auch das "viel größere" Problem jener Zwangsehen angehen, für die vor allem weibliche Jugendliche im Sommer ins Ausland gebracht werden.

Heirat zwischen Cousin und Cousine künftig verboten

Ebenfalls geändert werden die Bestimmungen über Eheverbote. Künftig sollen diese auch zwischen Verwandten bis einschließlich zum vierten Grad der Seitenlinie gelten - nicht mehr möglich ist damit dann etwa eine Heirat zwischen Cousin und Cousine oder Nichte und Onkel. Gleiches soll auch für eingetragene Partnerschaften gelten.

In Fällen von Eheschließungen von Minderjährigen oder nahen Verwandten im Ausland müssen Gerichte prüfen, ob diese in Österreich anzuerkennen sind. Dabei müssen sowohl Kindeswohl als auch die sogenannte "ordre public Klausel" beachtet werden. Diese besagt, dass ausländische Rechtsbestimmungen nicht anzuwenden sind, wenn das Ergebnis nicht mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung vereinbar ist. (APA/bearbeitet von aks)

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