Nach der Hochwasserkatastrophe hat die Bundesregierung am Mittwoch weitere Mittel zum Wiederaufbau zur Verfügung gestellt und den Katastrophenfonds auf 1 Milliarde aufgestockt. Bundeskanzler Nehammer (ÖVP) sprach sich erneut gegen "Untergangsszenarien" aus.

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Die Bundesregierung stellt nach der Hochwasserkatastrophe weitere Mittel zum Wiederaufbau zur Verfügung. Bereits am Vortag hat das schwer betroffene Niederösterreich erste Hilfen erhalten, hier fließen 45 Mio. Euro aus dem Katastrophenfonds. Der Fonds selbst wird auf 1 Mrd. Euro aufgestockt, gaben Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Mittwoch bekannt. Nehammer sprach sich neuerlich gegen "Untergangsszenarien" aus.

Mit der Aufstockung des Katastrophenfonds soll den Betroffenen schnell und unbürokratisch geholfen werden, hieß es von Regierungsseite. Es sollen sowohl Schäden von Privatpersonen als auch Unternehmen ersetzt werden, auch Mittel für beschädigte Infrastruktur von Gemeinden und Bundesländern werden damit bereitgestellt, hieß es. Auch Vorschüsse werden gewährt. Bisher betrug die Höhe des Fonds 620 Mio. Euro, davon wurden 300 Mio. noch nicht verbraucht, hieß es auf Nachfrage aus dem Kanzleramt zur APA. Die Abwicklung der Hilfen werde über die Gemeinden erfolgen.

Aufgestockter "Wohnschirm" für Mieter und Vermieter

Auch der "Wohnschirm" wird um zusätzliche 40 Millionen Euro aufgestockt, um betroffenen Haushalten zu helfen. Vor allem in Härtefällen soll dies greifen, in denen Menschen ihren Wohnraum nicht nutzen können. Aus dem Sozialministerium hieß es, armutsgefährdete Personen werden mit einem Pauschalbetrag unterstützt, wenn sie beispielsweise eine Ersatzwohnung mieten oder in ein Hotel ausweichen müssen. Der Wohnschirm springe dann ein, wenn andere Leistungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder aus dem Katastrophenfonds nicht ausreichen.

Die Höhe des Pauschalbetrags wird in den kommenden Tagen in den Richtlinien des Sozialministeriums festgelegt. Er steht sowohl für Mieter und Mieterinnen als auch für Eigentümer und Eigentümerinnen von beschädigten Wohnungen oder Häusern zur Verfügung. Um die soziale Treffsicherheit zu gewährleisten, ist der Anspruch auf Haushalte mit geringem Einkommen begrenzt, die sich an der Armutsgefährdungsschwelle orientiert. Sie liegt aktuell für allein lebende Personen bei 1.572 Euro im Monat, für einen Zweipersonenhaushalt bei 2.358 Euro.

Kosten im Zusammenhang mit Hochwasserschäden steuerlich geltend machen

Kosten im Zusammenhang mit Hochwasserschäden können von Privatpersonen und Betrieben steuerlich geltend gemacht werden, erinnerte die Regierungsspitze an schon bestehende Möglichkeiten. Für geschädigte Unternehmen werden (zinsenlose) Sonderkredite und Garantien bereitgestellt werden, damit rasche Liquidität sichergestellt werden kann. Insgesamt ist hier ein Kreditvolumen von bis zu 100 Mio. Euro vorgesehen. Betroffenen Unternehmen wird die Aufnahme dieser zinslosen Kredite über das Instrumentarium des ERP-Fonds zur Finanzierung von Ersatzinvestitionen ermöglicht, gab Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) bekannt. Die Abwicklung erfolgt im Wege der ERP-Treuhandbanken, bei Förderungsansuchen aus dem Tourismus und aus der Freizeitwirtschaft durch die Österreichische Hotel- und Tourismusbank GmbH (OeHT).

Auch soll eine Katastrophen-Kurzarbeit kommen: Unternehmen, die von einer längeren Betriebsschließung betroffen sind, können damit ihre Mitarbeiter vorübergehend zur Kurzarbeit anmelden.

10 Millionen Euro Soforthilfe-Paket

Um unmittelbare Schäden beim Hochwasserschutz zu reparieren, ist ein 10 Millionen Euro Soforthilfe-Paket für die Sanierung von entsprechenden Einrichtungen und Dämmen vorgesehen - ebenfalls aus dem Katastrophenfonds, wie Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) in einer Aussendung präzisierte. Insgesamt soll in den kommenden Jahren (2024-2027) bis zu rund 1 Mrd. Euro in den Hochwasserschutz investiert werden.

Das Finanzministerium hat die wichtigsten Eckpunkte hinsichtlich steuerlicher Erleichterungen im Zusammenhang mit dem Hochwasser in einer Information zusammengefasst, diese ist online abrufbar unter https://go.apa.at/M5l4AHES. Betroffene haben die Möglichkeit, Fristverlängerungen und Erleichterungen bei Zahlungen zu beantragen. Spenden, neue Kleidung, Fahrzeuge und Computer können teils steuerlich abgesetzt werden, so Wirtschaftsminister Magnus Brunner (ÖVP) in einer Pressemitteilung.

Nehammer sagte darüber hinaus, es sei auch bereits Kontakt zu betroffenen Nachbarländern und der EU-Kommission aufgenommen worden, um die Aktivierung des EU-Solidaritätsfonds zu prüfen.

Bundeskanzler wie auch Vizekanzler dankten bei der Pressekonferenz einmal mehr allen Helfern und Einsatzkräften für die geleistete Hilfe. Auch wolle er allen Betroffenen noch einmal versichern, "dass wir alles in unserer Macht Stehende tun, die Folgen abzufedern", sagte Nehammer.

Nehammer: "Ich bin weiter gegen Untergangsszenarien"

Gefragt nach seinen früheren - teils scharf kritisierten - Aussagen, wonach er bei Klimafragen gegen "Untergangsszenarien" sei, sagte Nehammer, dies habe sich darauf bezogen, "dass ich nichts von Untergangsszenarien an sich halte". Nur mit Innovation und Tatendrang könne man dem Klimawandel begegnen, verwies er etwa auf Holland, das ja einen Meter unter dem Meeresspiegel liege. "Ich bin weiter gegen Untergangsszenarien", denn aus Angst entstehe nichts Produktives, sondern es brauche die "kreative Kraft".

"Dass der Klimawandel vorangeht, ist ein Faktum, das tut er schon sehr lange, die entscheidende Frage ist: wie schützen wir uns davor?" Hier brauche es einen "globalen" Zugang, will Nehammer einen "Export des österreichischen Know-hows im Klimaschutz". Auch betonte er, dass es eben so sei, dass die Böden ab einer gewissen Regenmenge einfach das Wasser nicht mehr aufnehmen können. Daher müsse man Retentionsbecken und Dämme bauen. Seine Partei sei nicht grundsätzlich gegen Renaturierung, gab er zu verstehen - aber man habe sich gegen das Vorgehen aus Brüssel ausgesprochen.

"Dass der Klimawandel vorangeht, ist ein Faktum, das tut er schon sehr lange, die entscheidende Frage ist: wie schützen wir uns davor?"

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)

Vizekanzler Kogler sagte, es sei schon richtig, dass die Böden irgendwann mit Wasser gesättigt seien. Aber es mache für die Flächen, die verbetoniert sind, einen riesengroßen Unterschied, "weil dort rinnt gar nichts rein". "Ich bin der Meinung, dass wir überall ansetzen sollen und vorsichtiger vorgehen sollten für die Zukunft." Die Hochwasserkatastrophe sei "ein guter Anlass für die Zukunft, wie wir das in Hinkunft besser organisieren. Alles was nicht verbaut werden muss ist ein Vorteil."

Bekämpfung des Klimawandels als wirtschaftliche Chance

Die Bekämpfung des Klimawandels müsse man als wirtschaftliche Chance sehen, betonte der Grüne Parteichef. Die Erderhitzung sei "unbestritten", er wüsste nicht, wer dies in Abrede stelle "außer irgendwelchen blauen Schwurblern". Dämme solle man dort bauen, wo es notwendig ist. Aber dort, wo es möglich ist, solle man der Natur den Platz geben, weil genau das bei Extremwetterereignissen den besten Schutz biete.

Der Bundeskanzler reist am morgigen Donnerstag am Abend zu einem Hochwasser-Gipfel nach Polen, wie der APA zu Mittag bekannt gegeben wurde. Der polnische Premierminister Donald Tusk hat zu diesem Gipfel eingeladen, bei dem die Regierungschefs der betroffenen Länder über Schutzmaßnahmen und den Wiederaufbau beraten. Neben den Regierungschefs der betroffenen Staaten wird auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilnehmen. "Wir müssen die Instrumente, die für Katastrophen wie diese geschaffen wurden, nutzen und ausbauen. Ich werde in Polen die Aktivierung des EU-Katastrophenschutzverfahrens fordern", sagte der Bundeskanzler in einem der APA übermittelten Statement. "Österreich leistet einen großen Beitrag für die EU, nun braucht es die gezielten Hilfsprogramme der EU, die speziell für Naturkatastrophen entwickelt wurden, um die betroffenen Länder beim Wiederaufbau zu unterstützen. Wir werden auch über eine noch bessere Koordination von Hochwasserschutz-Maßnahmen sprechen. Unwetter machen vor Staatsgrenzen nicht halt, es ist wichtig, die Zusammenarbeit der Staaten im Hochwasserschutz zu verstärken." (APA/bearbeitet von aks)

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