Österreich wird Bangladesch mit 500.000 Euro aus dem Katastrophenfonds bei der Bewältigung des Rohingya-Flüchtlingsstroms aus Myanmar unterstützen. Das kündigte Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) zu Beginn ihrer Südasienreise an, die am Mittwoch mit einem Besuch in Bangladesch startet. Weitere Ziele der Reise sind Nepal, Bhutan und Indien.

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Das arme Bangladesch - das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf beträgt mit 4.600 US-Dollar (4.082,36 Euro) rund ein Zehntel des österreichischen Werts (42.060 Euro pro Einwohner) - sieht sich seit 2017 mit einer Welle von Flüchtlingen der vorwiegend muslimischen Ethnie der Rohingya aus Myanmar konfrontiert.

Rund eine Million flüchtete vor Diskriminierung und Gewalt des Militärs aus ihrer mehrheitlich buddhistischen Heimat in das islamische Bangladesch.

UNO-Ermittler sprechen von einem "anhaltenden Völkermord" mit mindestens 10.000 Toten. Noch immer kommen vertriebene Rohingya in Bangladesch an.

Die Regierung von Myanmar bezeichnet die Rohingya hingegen als illegale Migranten aus Bangladesch und lehnte bisher jede Verantwortung für die Volksgruppe ab.

Aber auch aus Bangladesch fliehen die Menschen vor der Armut. Daher macht sich die Flüchtlingsfrage zudem auf anderer Ebene bemerkbar.

Nachdem durch den eingebrochenen Ölpreis viele Arbeitsplätze im arabischen Raum weggefallen waren, hatten in den vergangenen Jahren auch zahlreiche Bangladeschi versucht, mit Schlauchbooten von Libyen aus nach Italien und weiter nach Europa zu kommen.

Einige hundert erreichten derart auch illegal nach Österreich. Nun müsse versucht werden, diese wieder nach Bangladesch zurückzuschicken, meinte Kneissl bei der Anreise nach Dhaka im Gespräch mit österreichischen Journalisten. Nachsatz: "Manchmal funktioniert die Rückschiebepraxis ja auch ohne Abkommen".

Die Außenministerin erinnerte aber auch daran, dass Bangladesch in einer Region beheimatete sei, die "massiv" von den Folgen des Klimawandels betroffen sei.

Das Land, das oft nur knapp über dem Meeresspiegel liegt, wird immer wieder von Naturkatastrophen Wirbelstürmen und Überschwemmungen heimgesucht. Es hat daher auch mit einer wachsenden Zahl von Klimaflüchtlingen zu kämpfen.

Sie habe Bangladesch ganz bewusst als erste Station ihrer Südasienreise gewählt, hielt Kneissl fest und bemerkte, dass Österreich als eines der ersten Länder die 1971 erfolgte Unabhängigkeit von Pakistan anerkannt habe.

In Dhaka steht neben einem Treffen mit Außenminister Abdul Momen, einem erfahrenen UN-Diplomaten, auch ein Höflichkeitsbesuch bei Ministerpräsidentin Sheikh Hasina auf dem Programm. Hasina war am 7. Jänner zum vierten Mal als Premierministerin vereidigt worden.

Ihre Partei Awami League hatte zuvor die Parlamentswahl klar gewonnen. Die Wahl war jedoch von Gewalt und Manipulationsvorwürfen überschattet.

Die 71-Jährige ist eine Tochter des Staatsgründers Scheich Mujibur Rahman, des 1975 ermordeten ersten Regierungschefs des früheren Ostpakistans. Sie ist seit 2009 im Amt und regierte auch schon von 1996 bis 2001.

Die Opposition um die frühere Premierministerin Khaleda Zia, die zwei Haftstrafen wegen Korruption absitzt, sowie Menschenrechtsaktivisten werfen Hasina einen autoritären Regierungsstil vor.

Kneissl wird in Dhaka zudem an einem bilateralen Business-Forum teilnehmen. Bangladesch sei auch für österreichische Firmen interessant, meinte Kneissl. Das Land sei am Sprung, die von der UNO definierte Kategorie der "Least Developing Countries" zu verlassen und bis 2024 als Entwicklungsland eingestuft zu werden.

Im Wirtschaftsbereich zeigt es sich laut Außenministerium und Wirtschaftskammer (WKÖ) besonders an österreichischer Expertise und Technologien zur dezentralen und nachhaltigen Energiegewinnung interessiert.

Zudem sieht Bangladesch die Erschließung und Nutzung von Wasserkraft als mögliches zukünftiges Feld der Zusammenarbeit mit Österreich. Derzeit sind rund 30 österreichische Unternehmen in Bangladesch vertreten.

Größter Wirtschaftszweig ist die Textilindustrie, die aber durch teilweise katastrophale und ausbeuterische Arbeitsbedingungen gekennzeichnet ist. Eine weitere bedeutende Einkommensquelle sind die Überweisungen von im Ausland arbeitenden Bangladeschis.

Um die acht Millionen Leben im Ausland (fast zwei Drittel davon im Mittleren und Nahen Osten) und überweisen pro Jahr weit über zehn Milliarden US-Dollar in die Heimat. Auslandsüberweisungen sind daher nach dem Textilexport der wichtigste Devisenbringer.

Wobei insbesondere der armen Landbevölkerung auch mit vergleichsweise geringen Summen geholfen ist. Kneissl: "Wenn einer da unter miserablen Bedingungen im Ausland 300 Dollar verdient und davon 150 nach Hause schickt, kann dort aus einem Lehmbau vielleicht ein Ziegelbau entstehen."

Bangladesch ist mit einer Fläche von rund 148.000 Quadratkilometern zwar nur doppelt so groß wie Österreich, hat aber fast 20 mal so viele Einwohner, nämlich knapp 165 Millionen.  © APA

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