Österreichs Alleingang bei der Einführung einer Obergrenze für Flüchtlinge wurde vor einem Jahr gerade in Deutschland viel kritisiert. Doch die Regierung lässt sich nicht beirren, Wien bleibt beim Anti-Migrationskurs.
Bundeskanzler
Die Regierung macht 2017 also da weiter, wo es vor einem Jahr (20.1.) mit dem Beschluss zur Obergrenze angefangen hat - und es setzt nun auf eine letztlich europaweite Verschärfung der Asyl-Politik. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) preschte Anfang Januar vor und forderte Schutzzonen für Migranten außerhalb der EU. "In sichere Schutzzonen sollen auch jene Menschen gebracht werden, die illegal in die EU eingereist sind", heißt es in einem Entwurf des Papiers, das in Brüssel zunächst auf Ablehnung stieß. Denn Migranten könnten Asylanträge so nur noch außerhalb Europas stellen. Aus Sicht der EU-Kommission ist dies nicht mit europäischem Recht vereinbar.
Die österreichische Anti-Migrations-Formel mit dem zunächst angefeindeten Solo-Kurs lautete im Januar 2016 so: Flüchtlinge sollten maximal in einem Ausmaß von 1,5 Prozent der Bevölkerung zum Asylverfahren zugelassen werden. 127.500 Asylverfahren - mit abnehmender Tendenz aufgeteilt auf vier Jahre. Auf die Deutschland übertragen würde dies 1,2 Millionen Asylverfahren in vier Jahren bedeuten. Im Schnitt wären das 300.000 Verfahren, also deutlich mehr als die von der CSU geforderte Obergrenze von 200.000 pro Jahr. Treibende Kraft - damals wie heute - ist die konservative ÖVP und dabei vor allem Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz.
Wie realistisch ist die ÖVP-Obergrenze?
Dabei sind in Österreich rechtliche sowie viele praktische Fragen noch offen. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) schlug die Nutzung von Kasernen als Übergangsquartiere vor, für alle, die erst nach Erreichen der Obergrenze um Schutz bitten. Und eigentlich muss die Obergrenze in der Verfassung verankert werden, um den Asylbehörden eine Verweigerung der Entgegennahme von Asylanträgen zu ermöglichen. Das ist nicht absehbar.
Die Probe aufs Exempel blieb dem Land und den Flüchtlingen 2016 erspart. Die Zahl der Asylverfahren lag mit 36.030 knapp unter den erlaubten 37.500. Doch sollte sich die ÖVP mit ihrer Forderung nach nur noch 17.500 Asylverfahren für 2017 durchsetzen, müssten die Grenzen für Migranten bald dicht sein. Denn in den nächsten Monaten müssen bis zu 14.000 im Vorjahr zurückgestellte Fälle bearbeitet werden. Im Frühjahr wäre die Obergrenze erreicht.
Amnesty International: "Grotesk"
Aus Sicht von Amnesty International (AI) Österreich ist ein Limit der Zuwanderung an sich kein Tabu. "Ich bin nicht gegen eine Planungsgröße. Das kann gutes politisches Management sein", sagte AI-Generalsekretär Heinz Patzelt. Die aktuell genannte Größenordnung von 17.500 wäre aber "ein grotesk niedriges Niveau". Sie liege unter den Asyl-Zahlen aus den vergangenen zehn Jahren. "Das ist eine menschenrechtsfeindliche, populistische Sprachblase", sagte Patzelt. Grundsätzlich gelte: "Wir müssen extrem gut aufpassen, dass nur Bewerber mit gut belegtem Recht auf Asyl anerkannt werden. Arbeitsmigration geht nicht."
Die Diskussion wird aber nicht nur vom Andrang, sondern von den riesigen Problemen bei der Abschiebung bestimmt. "Wir bringen eine Kultur in Gang, die in kleinerer oder größerer Kriminalität enden muss", sagt dazu Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. Und er räumt gleichzeitig eine Kluft zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit ein. "Viele fühlen sich nicht mehr sicher. Dieses subjektive Gefühl wird durch die Medien verstärkt, auch wenn es objektiv so nicht stimmt." © dpa
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