Was passiert, wenn die FPÖ in die Regierung kommt? Auf Bezirksebene - genauer gesagt am Beispiel Wien-Simmering - kann man diese Frage beantworten: nicht viel. Doch der Zuspruch für die Partei scheint ungebrochen.

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Nach 70 Jahren SPÖ-Hoheit färbte sich der 11. Wiener Gemeindebezirk Simmering im Oktober 2015 blau - und das im Stammgebiet der Sozialdemokraten. Das Wahlmotiv der meisten Bewohner: Der Wunsch nach Veränderung.

"Wir sind halt nicht so abgehoben wie die Sozis", sagte Bezirksvorsteher Paul Johann Stadler kürzlich in einem Interview mit der "Zeit". "Hier geht es nicht um Migration oder Millionensubventionen. Es geht um Zebrastreifen, Kindergärten und Nahverkehr. Wir wollten den Leuten einfach wieder zuhören."

Die SPÖ habe allerdings nicht alles schlecht gemacht, Stadler betont, dass er gerne mit den Sozialdemokraten zusammenarbeite. Er selbst sei nur zufällig bei der FPÖ gelandet und lasse sich von der Partei nichts sagen. Sein Credo sei: "Lasst's mich in Simmering in Ruh'", sagte er in einem Interview mit dem "Kurier".

Die Bilanz, die Stadler Anfang Dezember in einer Pressekonferenz zog, fiel nicht gerade positiv aus. Der blaue Bezirksvorsteher zeigte sich nach einem Jahr an der Macht unzufrieden.

Dabei hatte die FPÖ, namentlich Stadler, bei Wahlantritt so viel versprochen: Zur Verschönerung der Simmeringer Hauptstraße waren Blumentöpfe und Palmen geplant, das Schloss Neugebäude sollte zu einem Veranstaltungszentrum werden. Sogar eine Verlängerung der U3 nach Kaiserebersdorf war angekündigt.

Stadler: "Verändert hat sich nichts"

Doch es blieb bei vielen leeren Versprechen - keines der Vorhaben wurde umgesetzt. Gerade einmal zwei Verkehrskreisel wurden eröffnet. Auf eine längere Buslinie sowie ein günstigeres Parkpickerl warten die Simmeringer vergeblich. Auch die Palmen fehlen.

Stadler gibt unumwunden zu, dass in den vergangenen zwölf Monaten viel liegen geblieben ist: "Großartig verändert hat sich nichts." Den Grund dafür sieht er aber nicht in der Politik der FPÖ, sondern in der fehlenden absoluten Mehrheit.

Die SPÖ blockiere. Allen voran Ulli Sima. Die Stadträtin bestrafe die Bewohner mit Blockaden wie etwa beim Ausbau einer Buslinie "dafür, dass sie FPÖ gewählt hätten", bemängelt Stadler.

SPÖ beschwert sich über Unerfahrenheit Stadlers

Die SPÖ hingegen beschwert sich über Stadlers Unerfahrenheit. "Ein Jahr nach seiner Wahl erwähnt er nichts mehr von einem günstigen Pickerl. Eine Forderung, die die SPÖ schon lange stellt,"

sagte der stellvertretende Bezirksvorsteher Peter Kriz.

Stadler verteidigt die Parkpickerl-Idee: Wenn es nach ihm ginge, würde es ein Gratispickerl geben, sagte er jüngst der Tageszeitung "Der Standard". Doch das sei in Wien nicht möglich.

Er habe nun eine Studie in Auftrag gegeben, die eruieren soll, wie die Idee umgesetzt werden könne. Zudem plant er eine Abstimmung kommenden Sommer: "Ich will verschiedene Varianten anbieten." Resignieren will der einzige freiheitliche Bezirksvorsteher Wiens keineswegs.

Eine weitere Baustelle sei die Gesundheitsversorgung. "Wir sind der Bezirk mit den wenigsten Ärzten, das ist die größte Schweinerei", beschwerte sich Stadler im Zuge seiner Pressekonferenz. Zudem sei die Impfstelle des Gesundheitsamtes aus dem Bezirksamt abgesiedelt worden, was gerade ältere Menschen treffe.

Verständnis für FPÖ seitens der Bevölkerung

Zwar ist die politische Bilanz durchwachsen, auf der Straße hört man von den Menschen allerdings hauptsächlich lobende Worte für den gebürtigen Simmeringer Paul Stadler.

"Was erwartet man sich nach 70 Jahren SPÖ? Das kann man nicht von heute auf morgen ändern", meint etwa ein älterer Herr mit Dackel, der seinen Namen nicht nennen will. Er sei stets ein SPÖ-Wähler gewesen, doch "irgendwann ist es mit der Geduld vorbei." Auch Monika M. verteidigt Stadler: "Was will man in einem Jahr schon bewegen. Das braucht viel mehr Zeit."

"Die SPÖ macht doch gar nichts mehr, außer die Stadt unter ihresgleichen aufteilen", schimpft ein Mann im mittleren Alter, der das Gespräch zufällig mithört: "Egal wie man zur FPÖ steht, sie verändert wenigstens etwas. Es muss wieder etwas weitergehen in diesem Land." Was genau "weitergehen müsse", das will er nicht näher ausführen.

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