Die Waffenlager des Islamischen Staates scheinen gut gefüllt: Maschinengewehre, Haubitzen, sogar Kampfjets sollen in seinem Besitz sein – Waffen aus 20 verschiedenen Ländern. Ein Teil der Ausrüstung könnte aus Deutschland stammen.
Kisten voller Granaten führt ein mit Skimaske vermummter Mann in einem kürzlich im Internet aufgetauchten Video vor. Es soll beweisen, dass der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) eine US-Waffenlieferung in die Hände gefallen ist, die eigentlich als Unterstützung für die kurdischen Kämpfer in Kobane gedacht war. Mehr als zwei Dutzend solcher Pakete haben die Amerikaner über Syrien abgeworfen – mindestens eins davon scheint nun in die falschen Hände geraten sein.
IS besitzt Waffen aus 20 Ländern
Es wäre nicht das erste Mal – und bei Weitem kein Einzelfall: Das Waffenlager des IS ist offenbar recht gut gefüllt. Seine Kämpfer sind im Besitz von Pistolen, Gewehren, Raketen und Munition aus 20 Ländern. Vor allem russische, amerikanische und chinesische Modelle sind dabei. Das berichtet die Organisation Conflict Armament Research (CAR), die die Herkunft von Waffen in Krisengebieten dokumentiert. Sie fand sowohl russische Patronen von 1945, als auch welche von 2014. Diese Funde zeigen: Die IS-Kämpfer beziehen ihre Waffen aus den unterschiedlichsten Quellen.
Von deutschen Waffen ist in dem Report keine Rede. Trotzdem scheinen einige über Umwege in den Besitz des IS gelangt zu sein. In dem anfangs erwähnten Video sind Behälter mit der Aufschrift "DM41" zu sehen – das ist die Bezeichnung einer deutschen Splittergranate. Zudem scheint der IS von deutschen Privatleuten Ausrüstung zu erhalten: Laut "Bild"-Zeitung sollen Unterstützer aus Deutschland 7.500 Stiefel, 6.000 Militärparka und 100 Militärhemden im Wert von mehr als 130.000 Euro an die Terrormiliz geliefert haben.
Spuren führen nach Saudi-Arabien, Syrien und in den Irak
Über welche Wege die gefundenen Waffen genau in die Hände der Terroristen gelangt sind, geht aus den CAR-Reporten nicht hervor. In einigen Fällen deutet sich jedoch an, wo die Verbindungen liegen. So wurden die bei IS entdeckten Panzerabwehr-Raketen laut CAR ursprünglich 2013 von Saudi-Arabien an die Freie Syrische Armee geliefert. Ein Großteil der amerikanischen Munition stamme dagegen von irakischen Sicherheitskräften, die im Irakkrieg von den USA damit beliefert worden waren. Russische Waffen werden wiederum von Assads Truppen verwendet.
Das zeigt, dass die IS-Kämpfer einen großen Teil ihrer Ausrüstung in den Kämpfen der vergangenen Monate erbeutet haben, als sie im Irak und in Syrien immer neue Gebiete eroberten. Laut Medienberichten plünderten sie dabei auch Militärstützpunkte der irakischen Armee – ein Jackpot. Sie erbeuteten so hochmoderne Waffen: gepanzerte Geländewagen und Truppentransporter, Haubitzen, Luftabwehrraketen, wahrscheinlich sogar Kampfhubschrauber. Auch Kampfjets sollen sich mittlerweile im Besitz des IS befinden. Unklar ist jedoch, ob sie flugfähig sind, beziehungsweise ob sich in den Reihen von IS Leute befinden, die sie fliegen können. Es ist ein schwacher Trost: Viele der hochmodernen Waffen sind nicht ohne Weiteres zu bedienen. Man braucht auch das Knowhow, sie einsetzen zu können.
Auch Giftgas in den Händen der IS?
Nichtsdestotrotz ist die Terrormiliz ein mächtiger Gegner. Sie sind nicht auf erbeutete Waffen angewiesen, sondern können sich Nachschub auf dem Schwarzmarkt besorgen – finanziell sind sie unter anderem durch Ölgeschäfte und Spenden extrem gut ausgestattet. Besonders beunruhigend sind zudem Berichte, wonach IS angeblich Giftgas eingesetzt haben soll. Noch gibt es keine Bestätigung dafür, aber vorstellbar wäre es: Im Sommer sollen ihnen nicht nur Waffen, sondern eine ganze irakische Chemiewaffenfabrik in die Hände gefallen sein.
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