Die letzte Bastion der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) im syrischen Baghus ist nach Angaben kurdisch-arabischer Kämpfer gefallen. Das vom IS ausgerufene "Kalifat" sei "vollständig eliminiert". Ein Ende der Terrormiliz bedeutet das jedoch nicht.
Nach monatelangen Kämpfen haben Truppen unter kurdischer Führung die letzte Bastion der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien eingenommen.
Der Ort Baghus sei befreit und der militärische Sieg erzielt worden, teilte der Sprecher der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Mustafa Bali, am Samstag über Twitter mit. "Die Syrischen Demokratischen Kräfte erklären die vollständige Zerstörung des so genannten Kalifats und die territoriale Niederlage des IS zu 100 Prozent."
Syrische Kurden sprechen Warnung aus
Damit erreicht der Krieg gegen den IS in Syrien und im Irak nach fast fünf Jahren sein vorläufiges Ende. Vorläufig deshalb, weil es immer noch Schläferzellen in der Region gibt.
Die syrischen Kurden warnen vor einem Wiedererstarken der Terrormiliz. Die Befreiung der letzten IS-Bastion in Syrien sei ein "historischer Moment", auf den die internationale Gemeinschaft gewartet habe, sagte der Außenbeauftragte des politischen Arms der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Abdel Karim Umar, am Samstag der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Das bedeutet aber nicht, dass wir den Terror besiegt haben."
Der IS sei zwar militärisch zerstört und der Staat der Extremisten zerschlagen, sagte Abdel Karim Umar weiter. "Aber Daesh ist in den befreiten Gebieten noch immer präsent." Daesh ist die arabische Abkürzung für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS)
Es gebe in der Region Dutzende Schläferzellen, erklärte der Kurdensprecher. Auch die IS-Ideologie sei noch immer lebendig. "Daesh kann in neuer Form wieder auferstehen."
Fast fünf Jahre lang herrschte Krieg
Die Extremisten hatten im Sommer 2014 den Höhepunkt ihrer Macht erreicht, als sie die nordirakische Millionenstadt Mossul überrennen konnten.
Kurz darauf rief die Terrormiliz ein "Kalifat" unter Führung von IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi aus, der sich in einer Moschee Mossuls bei einer Freitagspredigt das bisher einzige Mal öffentlich zeigte.
Die Dschihadisten kontrollierten damals eine riesige Region, die sich über große Teile Syriens und des Iraks erstreckte. Mit dem Beginn der internationalen Militärintervention unter US-Führung verlor der IS sein Herrschaftsgebiet jedoch nach und nach. Mit Unterstützung aus der Luft brachten es lokale Bodentruppen unter ihre Kontrolle.
Im Sommer 2017 konnte die irakische Armee Mossul nach monatelangen heftigen Kämpfen vollständig befreien. Im Herbst desselben Jahres verloren die Dschihadisten die nordsyrische Stadt Al-Rakka, die inoffizielle Hauptstadt des IS.
Ende 2017 erklärte der Irak den militärischen Sieg über die Terrormiliz. Zurück bleiben zerstörte Städte und Regionen, deren Wiederaufbau Milliarden kosten wird.
Tausende IS-Kämpfer gaben auf
In Baghus nahe der Grenez zum Irak waren bis zuletzt noch IS-Anhänger auf engstem Raum am Ufer des Euphrat-Flusses in einem Zeltlager eingeschlossen, wo sie sich in Gräben und Tunnel eingegraben hatten. Bis zum Schluss leisteten sie Widerstand.
Auch IS-Chef Abu Bakr al-Bagadadi soll Medienberichten zufolge in Baghus gewesen, vor Beginn der kurdischen Offensive aber in die umliegenden Wüstengebiete geflohen sein.
In den vergangenen Wochen hatten Tausende IS-Kämpfer aufgegeben und sich den SDF-Truppen gestellt. Sie wurden in Gefangenenlager gebracht und verhört. Auch Zehntausende Zivilisten, darunter Angehörige der IS-Kämpfer, verließen den Ort.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte warf den Extremisten vor, Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.
Abzug der US-Truppen wird wahrscheinlicher
Mit dem Sieg über den IS wird auch ein baldiger Abzug der US-Truppen aus Syrien wahrscheinlicher, den US-Präsident Donald Trump im Dezember angekündigt hatte. Allerdings soll nach letzten Plänen des Weißen Hauses noch ein Truppenkontingent im Land bleiben.
Die Abzugspläne Amerikas haben international massive Kritik ausgelöst. Militärs und Beobachter warnen, der IS sei trotz der Niederlage noch nicht besiegt und könne wieder erstarken.
In einem vor einigen Wochen vom Pentagon veröffentlichten Bericht heißt es, der IS bleibe aktiv und könne in sechs bis zwölf Monaten wieder aufleben.
Bei einem US-Abzug droht auch ein Angriff der Türkei auf die Kurdenmiliz YPG, die die SDF anführt. Die Regierung in Ankara sieht in der Miliz einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und hat sie als Terrororganisation eingestuft. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat einen Offensive gegen die YPG angekündigt.
Die Kurden kontrollieren in Nordsyrien ein großes Gebiet an der Grenze zur Türkei und haben dort eine Selbstverwaltung errichtet.
Die YPG ist der wichtigste Verbündete der USA in Syrien. Unter Führung der Miliz konnten die SDF die größten Teile des IS-Gebietes in dem Bürgerkriegsland einnehmen, darunter wichtige Ölquellen. (dpa/jwo/ank)
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