Grünen-Chefin Ingrid Felipe folgte im zweiten Sommergespräch auf NEOS-Chef Matthias Strolz. Sie sprach über klassische Linksthemen wie Umweltschutz und Gleichstellung - aber auch über die Krise ihrer Partei und wie sie ihr entgegentreten möchte.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Sandra Wobrazek sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Es war das Sommergespräch-Debüt und das erste große Fernsehinterview von Ingrid Felipe, die die Linkspartei vergangenen Juni quasi über Nacht übernehmen musste, nachdem Eva Glawischnig kurz zuvor als Bundessprecherin der Grünen zurückgetreten war.

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Montag stellte sich die 38-Jährige den Fragen von Tarek Leitner im Glasstudio vor dem Parlament. Dabei fehlten jedoch konkrete Wahlkampfthemen und ebensolche Aussagen.

Warum tue sie es sich an, die Partei inmitten dieser Krise zu übernehmen? Schon die erste Frage, die an Ingrid Felipe an diesem Abend gestellt wurde, hatte es in sich.

"Ich habe mich zu diesem Schritt entschlossen, weil Österreich die Grünen braucht", betonte sie: "Mutig war es schon, die Partei in dieser Situation zu übernehmen, denn wir müssen fast von vorne starten."

Es setze sich derzeit ein Rechtsschritt bei allen Parteien durch, "und es ist es gut, dass die Grünen sich neu aufstellen."

Eine Partei zurück an den Start

Felipe sagte, dass sie bewusst zwischen Tirol und Wien pendle, da sie den Tirolerinnen und Tirolern im Wort sei und in ihrer Heimat "Schwarz-Grün 2" fortführen möchte.

In der Bundespartei würden viele Scharmützel ausgetragen, auch öffentlich, brachte Tarek Leitner ins Spiel.

Gerade deshalb sei es auch gut, dass die Ämter auf drei Personen aufgeteilt werden, konterte die stets lächelnde Politikerin.

Die Kooperation mit Ulrike Lunacek und Albert Steinhauser funktioniere sehr gut. Steinhauser sei ein "erfahrener Parlamentarier, der wichtige Initiativen gesetzt hat" während Ulrike Lunacek EU-Expertin und Felipe jene für die regionale Politik sei.

Dass ihre Partei derzeit in den Wahlumfragen bei nur 12,4 Prozent liege macht auch der Bundessprecherin zu schaffen: "Wir müssen uns anschauen, wie die neuen Spielregeln ausschauen."

Ihr sei dabei aber immer die innerparteiliche Demokratie wichtig: "Wir treffen Entscheidungen gemeinsam."

Abrechnungen nach verlorenen Wahlen oder bei Konflikten dürfen jedoch nicht über soziale Medien gemacht werden.

Einen Maulkorberlass für die Parteimitglieder in Sachen soziale Medien lehnt Felipe jedoch klar ab.

Intelligente Mobilitätswende

Generell setzte Ingrid Felipe allerdings wenig konkrete Aussagen in dem rund 50-minütigen Gespräch, womit Leitner sichtlich zu kämpfen hatte und mehrfach seine Fragen wiederholen musste, um Antworten darauf zu erhalten.

Die Politikerin brachte vor allem Beispiele aus der Tiroler Landespolitik, ging jedoch kaum auf bundesweite Themen ein.

Eines der wenigen: Sie verlangte eine "intelligente" Mobilitätswende, um das Klima stärker zu schützen.

Die österreichische Autobahnvignette möchte sie ebenso abschaffen - in Kooperation mit Deutschland: "Es ist notwendig, dass wir etwas für den Klimawandel tun."

Erst auf Nachfrage, was genau sie damit meinte wurde sie deutlicher. So forderte Felipe eine kilometerabhängige PKW-Maut für Österreich. Nachsatz: "Wir müssen das fossile Denken beenden."

Felipe und die hartnäckige Migrationsfrage

Zur Sprache kam auch Felipes Standpunkt, dass die Schließung der Balkanroute keine gute Idee gewesen sei. Auf die Frage, was sie getan hätte, wenn sie 2015 in der Regierung gewesen wäre, antwortete die Grüne erneut nicht konkret und brachte wieder ein Beispiel aus der Tiroler Landespolitik.

Der Moderator hakte nach, stellte seine Frage zwei weitere Male. Ingrid Felipe schließlich: "Ich hätte mit Deutschland, Griechenland und der EU kooperiert. Wenn man Grenzen schließt ist nicht alles in Ordnung - das ist eine Illusion."

So betonte sie, dass man schon lange vor 2015 Fluchtursachen hätte bekämpfen müssen.

Man dürfe sich nicht wunden, dass Menschen nach Österreich und Europa kämen, wenn man immer noch Waffen ins Ausland exportiere - und solle unbedingt faire Handelsabkommen mit Afrika gestalten.

Zuwanderung in Österreich

Die Frage, ob Felipe Österreicher verstehe, die Sorge vor Menschen haben, die ein überholtes Frauenbild und eine archaische Religionsansicht haben, verneinte sie. "Es ist nicht hilfreich, Religion für politische Zwecke zu instrumentalisieren. Man muss sich vor Pauschalurteilen verwahren. Das ist die giftige Seite des Populismus, die da gerade um sich greift."

Eine Obergrenze für nicht-deutschsprachige Kinder in Kindergärten und Schulen, wie von den Grünen gefordert, erachtet sie jedoch als sinnvoll.

Haben die Grünen die armen Schichten in Österreich verloren?

Gegen die Frage, ob die Grünen die armen Menschen in Österreich aus den Augen verloren hätten, verwehrte sich Ingrid Felipe klar und brachte, wie schon einige Male zuvor in dem Gespräch, ihre private Situation ins Spiel: "Wir haben auch in Österreich Menschen im Blick, die es nicht gut getroffen haben. Ich bin Alleinerzieherin, seit mein Sohn drei Jahre alt ist und habe anfangs selber in einer Sozialwohnung gelebt; ich weiß, wie das ist."

Ihre Forderung: "Eine Mietkostenbegrenzung ist dringend notwendig - damit alle Menschen gut leben können."

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