Zwischen Klötzen aus Beton suchen die Retter in Genua weiter nach Vermissten des verheerenden Brücken-Einsturzes. Die Regierung bringt Nothilfe für die Stadt auf den Weg. Und kündigt das Begräbnis der Toten an.
Am zweiten Tag nach dem verheerenden Brücken-Einsturz in Genua mit rund 40 Toten schwindet die Hoffnung, noch Überlebende zu finden.
"Leider ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich unter den Trümmern weitere Opfer befinden, sehr hoch", sagte der italienische Innenminister und Vize-Regierungschef Matteo Salvini am Mittwochabend dem Fernsehsender La7.
Rettungskräfte haben die zweite Nacht in Folge mit Hochdruck nach Überlebenden des katastrophalen Brückeneinsturzes gesucht. Im Flutlicht aus riesigen Projektoren und mithilfe von Spürhunden suchten die Rettungsmannschaften ohne Unterlass unter den schweren Betonblöcken und Stahlteilen der eingestürzten Autobahnbrücke nach Verschütteten.
"Die Helfer haben natürlich noch die Hoffnung, einige Überlebende zu finden, aber je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger ist das", sagte der örtliche Polizeikommandeur Riccardo Sciuto der Nachrichtenagentur AFP.
Neun Menschen in kritischem Zustand
Für die 39 offiziell bestätigten Toten soll es am Samstag ein Begräbnis geben, erklärte Regierungschef Giuseppe Conte auf Facebook. Für den Tag soll auch eine Staatstrauer gelten.
Die Staatsanwaltschaft hatte die Zahl der Toten am Mittwoch sogar mit 42 beziffert. Unter den Opfern sind mindestens drei Minderjährige im Alter von 8, 12 und 13 Jahren.
15 Menschen sind der Präfektur zufolge verletzt, neun von ihnen befinden sich in einem kritischen Zustand. Wie viele Menschen noch vermisst werden, ist unklar.
Notstand ausgerufen
Die Regierung hatte am Mittwoch den Notstand für die Hafenstadt verhängt und fünf Millionen Euro Nothilfe bereitgestellt. Das Dekret soll ermöglichen, "erste wichtige Maßnahmen zu treffen, um dem Ausnahmezustand zu begegnen", erklärte Conte.
Dazu gehöre, schnellstmöglich die Sicherheit in der betroffenen Region der Stadt zu garantieren und Betroffenen zu helfen. Der Notstand soll zwölf Monate gelten und in diesem Zuge auch ein Sonderbeauftragter für den Wiederaufbau benannt werden.
Vieles deutet darauf hin, dass die Brücke abgerissen und eine neue errichtet werden soll. Die Tragödie hat Hunderte Menschen obdachlos gemacht: Sie mussten ihre Häuser nahe der Brücke aus Sicherheitsgründen verlassen - und das möglicherweise für immer.
"Bis Ende dieses Jahres werden wir all diesen 634 in Sicherheit gebrachten Genuesen ein neues Zuhause geben", versprach Salvini.
Suche nach Verantwortlichen
Der mehr als 40 Meter hohe Polcevera-Viadukt, der auch Morandi-Brücke genannt wird, spannt sich unter anderem über Wohnhäuser, Gleisanlagen und Fabriken.
Am Dienstagmittag war er während eines heftigen Unwetters auf einem etwa 100 Meter langen Stück eingestürzt und hatte zahlreiche Fahrzeuge mit in die Tiefe gerissen.
Die Brücke ist Teil der Autobahn 10 und verbindet nicht nur den Osten mit dem Westen der Stadt. Sie ist auch als Urlaubsverbindung "Autostrada dei Fiori" bekannt und eine wichtige Verbindungsstraße nach Südfrankreich, in den Piemont und die Lombardei.
Die Morandi-Brücke ist allerdings seit langem umstritten. Regierungsmitglieder machten den privaten Betreiber der Autobahn für die Katastrophe verantwortlich und wollen ihm die Lizenz entziehen.
Conte erklärte, es sei die Justiz, die die Verantwortlichkeiten klären müsse. "Aber unsere Regierung kann nicht weiter warten." Deswegen seien diese Schritte eingeleitet worden. (cai/dpa/afp) © dpa
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