Nach der Absage von drei Taylor-Swift-Konzerten in Wien sind die Ermittlungen weiterhin in vollem Gange. Wie nun bekannt wurde, war insbesondere das Bundesheer maßgeblich an der Vereitelung des Anschlags beteiligt. Für Dienstagabend wird der Nationale Sicherheitsrat (NSR) einberufen.

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Bei der Verhinderung eines Terroranschlags auf die mittlerweile abgesagten Taylor Swift-Konzerte in Wien hat das Bundesheer eine entscheidende Rolle gespielt: Laut Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) kamen die Hinweise zum Heeresnachrichtenamt, das die Information dann mit der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) geteilt hat. Nach APA-Informationen hat der Bundesheer-Geheimdienst entsprechende Tipps von zwei befreundeten ausländischen Nachrichtendiensten bekommen.

Wie Nehammer Donnerstagabend in der "ZiB2" bestätigt hat, gelangten die Informationen im aktuellen Fall über das Heeresnachrichtenamt an den zivilen heimischen Geheimdienst DSN. APA-Recherchen zufolge hat das Heeresnachrichtenamt vor etwa zehn bis 14 Tagen Informationen von zwei befreundeten militärischen Nachrichtendiensten aus dem Ausland bekommen.

Diese Informationen sollen noch recht unkonkret gewesen sein, weshalb das Heeresnachrichtenamt weitere Recherchen anstellte und das Ergebnis schließlich der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst übergab, die sich weiter darum kümmerte.

Anschlagsgefahr wohl seit Tagen bekannt

Die FPÖ reagierte am Freitag empört: Wenn das Heeresnachrichtenamt bereits vor zehn bis 14 Tagen von ausländischen Diensten den Gefahrenhinweis bekommen hat, seien Kanzler Karl Nehammer und Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) "endgültig rücktrittsreif", findet FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz.

"Hätten sie nicht aus Unfähigkeit und politischem Kalkül ein bis zwei Wochen zugewartet, dann hätten die zigtausenden Fans das Taylor-Swift -Konzert besuchen können." Denn dann hätte der Hauptverdächtige mit seinen Komplizen schon längst aus dem Verkehr gezogen werden müssen und nicht erst am Tag vor dem Konzert, als auch schon Menschen vor dem Ernst-Happel-Stadion waren, meinte Schnedlitz und verlangte eine Erklärung, "warum so lange zugewartet wurde und ob eiskaltes politisches Kalkül der Hintergrund dafür war".

Der Nationale Sicherheitsrat tagt am Dienstag

In der kommenden Woche tagt der Nationale Sicherheitsrat zu den Terrorplänen. Die SPÖ hatte das Zusammentreten des Gremiums gefordert - dafür reicht das Verlangen einer Parlamentsfraktion. Für die Einberufung formal zuständig ist der Bundeskanzler. Die Sitzung wird am Dienstag um 20 Uhr im Bundeskanzleramt stattfinden, wie das Bundeskanzleramt mitteilte. Dabei sollen Sicherheitsbehörden den Mitgliedern über die erfolgreiche Vereitlung des geplanten Anschlags berichten.

Dem Sicherheitsrat gehören neben Nehammer, Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, Außenminister Alexander Schallenberg, Innenminister Gerhard Karner (alle ÖVP) sowie Vertreter der im Hauptausschuss vertretenen Parlamentsparteien an. Die SPÖ hatte die Forderung nach Einberufung des Nationalen Sicherheitsrats damit begründet, dass die Öffentlichkeit im Unklaren gelassen werde, ob weiterhin eine tatsächliche Bedrohungslage bestehe. Auch NEOS und FPÖ hatten Aufklärung über die Bedrohungslage gefordert.

Abgrenzung zwischen Abwehramt und Heeresnachrichtenamt

Das österreichische Bundesheer verfügt über zwei Geheimdienste: das Abwehramt und das Heeresnachrichtenamt. Das Abwehramt agiert grundsätzlich im Inland und ist zuständig für alles, was militärische Rechtsgüter des Bundesheers betrifft. Aufgabe des Abwehramtes ist es beispielsweise, zu verhindern, dass radikale Personen ins Heer kommen.

Das Heeresnachrichtenamt wiederum ist zuständig für die strategische Auslandsaufklärung und soll der obersten politischen und militärischen Führung als Frühwarnorganisation dienen. Es ist überall dort tätig, wo österreichische Soldaten im Auslandseinsatz sind, aber auch dort, wo österreichische - nicht nur militärische - Interessen im Ausland vorhanden sind. Das Heeresnachrichtenamt prüft zum Beispiel vor einem neuen Auslandseinsatz des Bundesheers die Lage vor Ort.

Die Arbeit der Nachrichtendienste des Bundesheeres verläuft fast ausschließlich abseits der öffentlichen Wahrnehmung, mit medialen Auftritten hält man sich grundsätzlich zurück. Diese Verschwiegenheit gilt als wichtigste Währung im Informationsaustausch mit anderen Nachrichtendiensten. Da militärische Nachrichtendienste ausschließlich mit anderen militärischen Diensten (und keinen zivilen Nachrichtendiensten) kommunizieren, soll das Heeresnachrichtenamt auch nie vom zwischenzeitlich schlechten Image des österreichischen Geheimdienstes betroffen gewesen sein.

Die DSN dagegen musste sich ihren Ruf bei anderen Nachrichtendiensten erst wieder erarbeiten, denn ihr Vorgänger, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), war nach Skandalen in den vergangenen Jahren zunehmend international isoliert, ausländische Partnerdienste waren bei der Informationsweitergabe zurückhaltend. Das BVT wurde 2021 im Zuge einer Reform als Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst neu aufgestellt.

Übertriebene Reaktion auf Gefahrenlage?

Seit der Reform konnte die nunmehrige DSN das Image wieder ein bisschen verbessern, befand Geheimdienstexperte Siegfried Beer am Freitag im Gespräch mit der APA. "Sie sind auf einem guten Weg." Allerdings sei das in diesem sensiblen Geschäft eine Frage der Zeit, "da muss man sich beweisen" und zeigen, dass man anders arbeite als die Vorgängerbehörde und dass man gute, qualifizierte Kräfte habe, meinte Beer. So müsse man auch ausländischen Diensten zuarbeiten, "das ist ein 'give and take'". Die Kooperation der österreichischen Nachrichtendienste untereinander sei mittlerweile jedenfalls besser als früher.

Zum konkreten Fall ist Beer nicht in die Details eingeweiht, als langjähriger Experte scheint ihm allerdings die Absage der drei Konzerte "übertrieben".

Er sei "sehr, sehr skeptisch", ob die Verdächtigen überhaupt in der Lage gewesen wären, wirklich einen Terroranschlag auszuführen, denn für so etwas seien akribische Planung und eine Vielzahl an Fähigkeiten notwendig, und den beiden jungen Männern "traue ich das überhaupt nicht zu". So glaubt Beer denn auch, dass man die Kapazitäten der Sicherheitsbehörden nicht richtig eingeschätzt habe und die Konzerte durchaus stattfinden hätten können. "Ich traue den Sicherheitsorganen zu, dass sie das geschafft hätten." (APA/bearbeitet von lag/jst)

Tausende Taylor-Swift-Fans machen in Wien ihr eigenes Konzert

Die drei Taylor-Swift-Konzerte in Wien sind wegen eines islamistischen Anschlagsplans abgesagt worden. Die Fans ließen es sich trotzdem nicht nehmen und sangen und tanzten in den Straßen der Stadt zu den Song der Musikerin.
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