- Gesundheitliche Probleme zwingen Gesundheitsminister Rudi Anschober zum Rücktritt.
- Er habe im vergangenen Monat zwei Kreislaufzusammenbrüche erlitten und fühle sich überarbeitet.
- Aber: "Österreich braucht einen fitten Gesundheitsminister."
Gesundheitsminister Rudi Anschober legt sein Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder. Er habe den Bundespräsidenten darum gebeten, ihn von seinen Pflichten zu entbinden. Das gab der Grünen-Politiker in einer "persönlichen Erklärung" bekannt.
"In der schwersten Gesundheitskrise seit Jahrzehnten braucht die Republik einen Gesundheitsminister, der zu 100 Prozent fit ist", begründete Anschober seinen Abgang. Das sei er derzeit nicht und werde das auch in den nächsten Wochen nicht sein. Und er sagte auch: "Ich will mich auch nicht kaputt machen." Bis Montag soll Vizekanzler
Rudi Anschober: Habe seit Beginn der Coronakrise durchgearbeitet
Sein Eindruck sei, es seien weniger 15 Monate, denn 15 Jahre vergangen, so viel sei passiert, seit er das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz übernommen habe, sagte Anschober. Die Coronakrise habe für jede Mitarbeiterin, jeden Mitarbeiter und auch für ihn selbst eine wahnsinnige Herausforderung bedeutet.
Er habe seit Beginn der Krise praktisch durchgearbeitet und keinen einzigen ruhigen freien Tag gehabt, erklärte Anschober. Er sei ausgepowert. "Ich hab mich dabei ganz offensichtlich überarbeitet", erklärte Anschober mit brüchiger Stimme in einer rund halbstündigen Pressekonferenz Dienstagvormittag im Ministerium.
Zunehmend sei ihm die Kraft ausgegangen, als Folgen seiner Überlastung habe er mit Kreislaufproblemen, steigendem Blutdruck, Probleme mit dem Blutzuckerspiegel und einem beginnenden Tinnitus zu kämpfen gehabt. Vor einem Monat hatte Anschober den ersten Kreislaufkollaps, über den er auch offen gesprochen habe, denn "für Erkrankungen braucht sich niemand schämen".
Vor einer Woche kam dann der zweite Kollaps. "Ich habe gemerkt, ich muss für mich eine Notbremse ziehen." Die Ärzte hätten ihm zu Schonung und einer Auszeit geraten.
Er sei zwar der Meinung, dass dies grundsätzlich in jedem Beruf möglich sein müsste - aber in der Corona-Pandemie sei man eben nicht in einer normalen Situation, betonte Anschober. Die Pandemie mache keine Pause, deshalb könne auch der Minister keine Pause machen. Da er sich selbst kenne, wisse er auch, dass er stets 100 Prozent Leistung bringen wolle, auch wenn er nur zur Hälfte fit sei.
Er habe sich deshalb entschlossen, seine Funktion als Minister niederzulegen und Bundespräsident
Anschober: Aktuelle Situation hat mit einem Burnout nichts zu tun
Zuletzt hatten sich Spekulationen über die politische Zukunft Anschobers gehäuft - befeuert durch mehrere Krankenstände. Anschober hatte mit Kreislaufproblemen zu kämpfen, ließ sich im Krankenhaus durchchecken, wie Vizekanzler Werner Kogler bestätigte. Anschober befand sich seit vergangener Woche im Krankenstand.
Anschober betonte, es er befinde sich in einer Überlastungssituation. Ein Burnout fühle sich ganz anders an. "Da würde ich heute nicht hier stehen." Der 60-Jährige hatte vor neun Jahren einen Burnout erlitten, daraus aber nie ein Geheimnis gemacht.
In den nächsten Wochen wolle er sich auf seine Gesundheit konzentrieren, sagte Anschober. Für die Zeit nach seiner Erholung habe er "noch keine konkreten Pläne". Er werde sein Wissen und seine Kompetenz aus jahrelanger Regierungstätigkeit weitergeben - Anschober war früher Landesrat in Oberösterreich. Auch wolle er "irgendwann" seinen Traum erfüllen und einen politischen Roman schreiben. Dafür habe er in seiner Zeit als Minister wohl "die eine oder andere Inspirationsquelle" gefunden.
Am Ende seines emotionalen Statements bedankte sich Anschober mit den Tränen kämpfend bei seiner Partnerin, seinen Mitarbeitern, dem grünen Regierungsteam und dem grünen Klub sowie Werner Kogler, "meinem Freund". Dank sprach Anschober auch all jenen Menschen aus, die ihm Mails, Briefe, Blumen und Mehlspeisen geschickt haben. "Und Ihnen sag' ich Auf Wiedersehen", verabschiedete sich Anschober bei den Journalisten und verließ unter Applaus seiner Mitarbeiter den Saal. Fragen waren nicht zugelassen.
Van der Bellen und Kurz bedanken sich bei Anschober
Sowohl Bundespräsident Alexander Van der Bellen als auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bedankten sich bei Anschober für dessen Arbeit. Van der Bellen lobte seinen Einsatz "in dieser so unendlich schwierigen und belastenden Zeit der Pandemie" und wünschte eine rasche Erholung.
Kurz betonte in seinem Statement, Anschober habe sein Amt "von Beginn an mit sehr großer Verantwortung ausgeübt". Er habe "sich in den vergangenen 16 Monaten für unser Land aufgeopfert" und seine gesamte Energie in die Bekämpfung der Corona-Pandemie gesteckt.
"Aus vielen persönlichen Gesprächen, nächtelangen Sitzungen und teils auch schwierigen Verhandlungen mit ihm weiß ich, mit wieviel Engagement er seine Aufgabe als Gesundheitsminister wahrgenommen hat", teilte Kurz mit. "Sein Rücktritt zeigt, dass die Pandemie nicht nur für jeden Einzelnen in der Bevölkerung eine Belastung ist, sondern auch für einen politisch Verantwortlichen, der Tag und Nacht im Einsatz ist und Entscheidungen treffen muss."
Er bedankte sich "im Namen der Bundesregierung, aber auch ganz persönlich, für seine Arbeit, vor allem aber wünsche ich ihm, dass er sich gesundheitlich sehr schnell wieder erholt". (ank/APA)
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