Ende Januar stimmen die Griechen in vorgezogenen Neuwahlen ab. Gute Chancen auf den Sieg hat das radikallinke Bündnis unter Alexis Tsipras. Er will den von der EU auferlegten Sparkurs stoppen. Droht am Ende der "Grexit"?
Lange Zeit galt es als Schreckensszenario, nun wird wieder über den Ausstieg Griechenlands aus dem Euro diskutiert. Der Grund: Es könnte bald schon zu einem Regierungswechsel im Land kommen. Das Parlament in Griechenland konnte sich auch im dritten Durchgang nicht auf einen Staatspräsidenten einigen, und soll nun am 25. Januar neu gewählt werden.
Gute Chancen auf den Sieg hat das Linksbündnis Syriza unter seinem Chef Alexis Tsipras. Der hat versprochen, den auferlegten Sparkurs zu stoppen und einige der von den Griechen als schmerzlich empfunden Reformen zurückzudrehen. Außerdem wolle er nach der Wahl einen Schuldenschnitt für Griechenland durchsetzen und einen Teil der Hilfskredite nicht zurückzahlen.
Syriza liegt in Umfragen vorne
Solche Versprechungen kommen bei den Wählern offenbar an. In Umfragen liegt Syriza mit 27 bis 28 Prozent der Stimmen vorn – allerdings nur knapp vor der amtierenden konservativen Partei Nea Dimokratia von Regierungschef Antonis Samaras. Dieser hat seit seinem Amtsantritt 2012 viele Auflagen der internationalen Geldgeber umgesetzt und das Land auf Kurs gebracht. Der Tourismus hat sich erholt, die Wirtschaft wächst wieder leicht. Samaras warnte, das Land werde pleitegehen, sollte die Linke Ende Januar gewinnen.
Als "positives Szenario" beschreibt es denn auch Experte Stefan Mitropoulos in einer Analyse für die Helaba Landesbank, wenn die bisherige Regierung gestärkt aus den Neuwahlen hervorgehen würde: "Die Strukturreformen und Haushaltskonsolidierung können fortgesetzt werden, das Wirtschaftswachstum gewinnt an Fahrt."
Was passiert aber, sollten die Linken unter Alexis Tsipras gewinnen? Sollte er seine Wahlversprechen wahrmachen und den Sparkurs beenden und einen Schuldenschnitt vorantreiben, könnte er den "Grexit" riskieren, das heißt den Austritt des Landes aus der Eurozone. Anfang der Woche berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", dass diese Option von der Bundesregierung inzwischen nicht mehr ausgeschlossen werden würde. Unter anderem, weil die Eurozone heute stabiler dastehe als in den ersten Krisenjahren und die Ansteckungsgefahr für andere Länder gesunken sei.
"Grexit" wenig wahrscheinlich
Dass es tatsächlich soweit kommt, ist jedoch wenig wahrscheinlich. Zum einen wurden inzwischen Medienberichte laut, wonach die Bundesregierung Griechenland auch nach einem Wahlsieg von Tsipras im Euro halten will. Es werde bereits daran gearbeitet, wie ein Kompromiss in diesem Fall aussehen könnte, heißt es nach Informationen der "ZEIT".
Zum anderen wird Tsipras im Falle eines Sieges auf einen Koalitionspartner angewiesen sein. Das griechische Parteiensystem ist inzwischen stark zerfasert. Jahrzehntelang wechselten sich die Konservativen und Sozialsten beim Regieren ab. Heute entstehen immer wieder neue Parteien, gerade erst hat der ehemalige Premierminister Georgios Papandreou eine neue sozialistische Partei gegründet. Daneben gibt es unter anderen die Rechten der "Goldenen Morgenröte" und eine neue linksliberale Partei namens To Potami. Wen auch immer Tsipras als Koalitionspartner wählt: Er wird Kompromisse eingehen müssen.
Analyst Stefan Mitropoulos hält daher ein zweites Szenario für realistisch: Tsipras gewinnt und einigt sich nach harten Verhandlungen mit den europäischen Institutionen auf Kompromisse, die den Rückfall in die Rezession verhindern und es ermöglichen, den Reformkurs in abgeschwächter Form weiterzuführen. Dem Szenario, dass keine Einigung gelingt und Griechenland die Eurozone verlässt, misst er dagegen "die geringste Eintrittswahrscheinlichkeit bei".
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