Auf dem 19. Parteitag in Peking demonstriert Chinas Kommunistische Partei ihre Macht. Allen voran Regierungschef Xi Jinping. Doch wie sichert sich die KP die Kontrolle über das Riesenreich? Was hat Xi Jinping mit dem Land vor? Und wie steht die chinesische Bevölkerung zur Politik der Regierung?
Parteitage sind Festspiele in China: Die kommunistische Partei feiert ihre Erfolge und verspricht den Chinesen Wachstum, Wohlstand für alle und größeres Ansehen in der Welt. Die Botschaft ist klar: Die Partei ist China, China ist die Partei.
Ohne die Kommunistische Partei geht im Reich der Mitte nichts. "China hat ein autoritäres Ein-Parteien-System", sagt China-Forscher Paul Kohlenberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). "Die Partei ist fast überall drin: In den Verwaltungen, den Gerichten, den Staatsbetrieben."
Dabei ist sie bestens vernetzt. "Die KP wirkt sowohl von oben als Herrscher, ist aber auch intern mit fast allen wichtigen Akteuren des Systems verzahnt", erklärt Kohlenberg. Die Parteifunktionäre wissen meist, was im Land und auf den verschiedenen Ebenen passiert und was die Menschen bewegt.
Macht beruht auf Wirtschaftswachstum
Auch wenn Mao Tse Tung - Chinas führender Politiker im 20. Jahrhundert - noch immer auf jedem Geldschein abgedruckt ist: Seine Ideen sind längst verblasst. Nach seinem Tod 1976 kamen die Reformer unter der Führung von Deng Xiaoping an die Macht. Pragmatismus statt Dogmatismus prägte fortan die chinesische Politik. Die schrittweise Öffnung und Modernisierung des Landes setzte einen unglaublichen Wirtschaftsaufschwung in Gang.
Innerhalb von 40 Jahren wurden riesige Städte aus dem Boden gestampft, eine Infrastruktur mit Flughäfen, Straßen und Schienenverkehr in rasendem Tempo aufgebaut. Wolkenkratzer um Wolkenkratzer schossen in die Höhe.
Hunderte Millionen Menschen konnten sich von Hunger und extremer Armut befreien. Weitere Millionen schafften den Aufstieg in die Mittelschicht. Diese Dynamik, die Aussicht auf ein besseres Leben, sichert der Kommunistischen Partei bis heute ihre Macht.
Repressionen: Unterdrückung von Meinungsfreiheit und Opposition
Neben dem wirtschaftlichen Erfolg baut die KP auf ein engmaschiges Überwachungs- und Kontrollsystem. Menschenrechtsorganisationen und Journalisten prangern seit langem die Unterdrückung der Meinungsfreiheit in China an. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" nimmt China den 176. Platz von 180 ein.
Auch soziale Medien wie Weibo, das chinesische Twitter, oder WeChat, das chinesische WhatsApp, werden vom Staat zensiert und zur Überwachung genutzt. Die chinesischen Firewall sperrt zudem Dienste wie Google, Facebook oder kritische ausländische Nachrichtenseiten wie die Deutsche Welle.
Oppositionelle und Menschenrechtsanwälte haben scharfe Repressionen zu fürchten. Manche verschwinden spurlos oder landen im Gefängnis wie der Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo. Selbst in den Nachbarländern oder dem noch teilweise autonomen Hongkong werden kritische Verleger oder Buchhändler entführt und tauchen in chinesischer Haft wieder auf. Für China-Experte Kohlenberg ist das nur die "Spitze des Eisbergs".
Denn diese dramatischen Fälle bewirken und verstärken die Selbstzensur bei Chinas Intellektuellen. "Unter
"Der chinesische Machtapparat ist allergisch gegenüber Leuten, die etwas ohne Einverständnis der Partei bewegen wollen", betont der Politikwissenschaftler. Dabei sei die Regierung allerdings nicht taub gegenüber jeglicher Kritik: "Das chinesische System ist darauf angewiesen, Informationen von unten zu bekommen. Ihr kommt es vor allem darauf an, konkurrierende Machtsysteme im Keim zu ersticken."
Für viele Chinesen ist die Politik Pekings weit entfernt. Öffentliche politische Debatten, wie es sie in Deutschland gibt, finden so gut wie nicht statt. Die Wiederentdeckung konfuzianischer Ideen, die Folgsamkeit zum Ideal erheben, trügen zum Desinteresse an Politik bei. "An den Schulen wird kritisches Denken nicht belohnt", erklärt Kohlenberg.
Peking entscheidet hinter verschlossenen Türen
Der Parteitag in Peking ist vor allem eine Show. Denn fast alles, was hier beschlossen wird, hat die Führung schon längst unter sich geregelt. "Vieles in China geschieht hinter verschlossenen Türen", erläutert Kohlenberg. Nicht immer ist daher von außen erkennbar, was wirklich in Pekings Machtzirkel vor sich geht.
In den vergangenen Jahrzehnten wurde China lange Zeit nicht mehr von einer mächtigen Person allein geführt, eher von gesichtslosen Technokraten im Zentralkomitee und im Politbüro. Dessen ständiger Ausschuss, derzeit sieben Männer, bildet das Machtzentrum Chinas.
"Es war ein Team, das kollektive Entscheidungen gefällt hat", sagt Kohlenberg. "Doch es stellt sich die Frage, ob es noch ein Team ist." Denn Parteichef und Chinas starker Mann Xi Jinping hat die Chance, den Ständigen Ausschuss des Politbüros nach seinen Wünschen umzubauen, da fünf von ihnen wohl nach dem aktuellen Kongress aus Altersgründen ausscheiden werden.
KP-Chef Xi Jinping ist der mächtigste Mann Chinas
Unter dem konservativen Xi mischte sich in China "vermehrt nationalistisches Gedankengut" in die Politik. Er investierte massiv in mehr Überwachungstechnologien und räumte mit seinem strengen Anti-Korruptionskurs in der Partei auf. Auf dem 19. Parteitag lässt er sich momentan für fünf weitere Jahre als Generalsekretär bestätigen.
Doch dafür muss er auch jede Menge Probleme angehen: Die Schulden wachsen; die Schere zwischen Arm und Reich wird größer; es gibt gravierende Mängel beim Umweltschutz, in der Bildung und der medizinischen Versorgung.
Zugleich will sich China zur High-Tech-Nation wandeln und hat viele Entwicklungen bereits angestoßen. Huawei hat sich auf dem Smartphone-Markt etabliert. In der Raumfahrt arbeitet China an seiner eigenen Mond-Mission und mit dem Bau eigener Flugzeuge will das Reich der Mitte Boeing und Airbus Konkurrenz machen.
"Xi hat sicherlich einen Status, den seinen Vorgänger nicht hatten", fasst es China-Forscher Kohlenberg zusammen. "Er hat das Potential, die Partei und damit auch China langfristig zu prägen."
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