Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP war es am Dienstag zu einem Streit über die Ressortverteilung gekommen. Seither herrschte Funkstille zwischen den beiden Parteien. Nun ist klar, wie es weitergeht.

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Die nach heftigeren Differenzen unterbrochenen Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP werden nun auch auf Chefebene wieder aufgenommen. Das erklärten FPÖ-Chef Herbert Kickl und ÖVP-Obmann Christian Stocker am Donnerstagnachmittag. Zuvor hatte es seit Dienstag gröbere Unstimmigkeiten gegeben, Hauptstreitpunkt war die Ressortverteilung. Nach Gesprächen von Stocker am Mittwoch und Kickl am Donnerstag bei Van der Ballen sollen die Verhandlungen nun fortgesetzt werden.

"Die auf Chefverhandlerebene zuletzt unterbrochenen Gespräche mit der Österreichischen Volkspartei zur Bildung einer Bundesregierung werden ehebaldigst fortgesetzt", erklärte Kickl nach einem diesbezüglichen Telefonat mit Stocker in einer Aussendung. Stocker bestätigte das in einer Mitteilung auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter).

Aufteilung der Ministerien großer Knackpunkt

Thema der Gespräche mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen dürfte das Patt in den Koalitionsverhandlungen gewesen sein. Der von Kickl am Dienstag vorgelegte Vorschlag zur Aufteilung der Ministerien ist für die Volkspartei laut ÖVP-Kreisen "nicht annehmbar", entspreche nicht dem Wahlergebnis und sei damit nicht auf Augenhöhe. Man habe daher nach interner Abstimmung am Mittwoch den Freiheitlichen einen Gegenvorschlag unterbreitet, der "gerne auf dem Verhandlungstisch besprochen werden kann, wenn Herbert Kickl die von ihm unterbrochenen Gespräche fortsetzen will".

Diese Darstellung der ÖVP verärgerte am Donnerstag die FPÖ. Gegenüber der APA wurde dementiert, dass man ein Gegenangebot der ÖVP bekommen habe. Es habe am Mittwoch lediglich ein "atmosphärisches Gespräch zwischen zwei Mitgliedern der Chefverhandlergruppe" - es soll sich dabei nicht um die Parteichefs handeln - gegeben, mehr nicht. Man warte nach wie vor auf eine Antwort der ÖVP zu der von Kickl vorgelegten Liste. Darüber hinaus stellte man seitens der FPÖ erbost in Abrede, die Verhandlungen am Dienstag unterbrochen zu haben, wie die Volkspartei behauptete. Kickl habe Stocker die Liste unterbreitet, Stocker habe daraufhin interne Beratungen angekündigt und sei gegangen.

Streit zwischen den Parteien eskalierte am Dienstag

Jene kleine Runde mit den Parteichefs, die am Dienstag zusammengekommen war, sollte eigentlich über ungelöste inhaltliche Brocken reden - doch relativ rasch soll es dann um die Aufteilung der Ministerien gegangen sein. Die FPÖ beansprucht dabei Ressorts, die auch der ÖVP besonders wichtig sind - etwa Finanzen und Inneres, aber auch die Europaagenden. Man ging daraufhin am späten Dienstagnachmittag recht erbost auseinander, die ÖVP sprach von einer "schwierigen Phase".

Seither herrschte dem Vernehmen nach Funkstille zwischen den Parteichefs, auch wenn am gestrigen Mittwoch noch Untergruppen weiterverhandelten. Die Stimmung hat sich noch einmal verschärft, als Kickl am Mittwoch per Facebook den blauen Anspruch auf das Finanz- und Innenressort untermauert hat - in der ÖVP gab man sich darob "überrascht".

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Am Mittwochnachmittag hatte Stocker einen Termin bei Van der Bellen. Was dort besprochen wurde, bleibt im Verborgenen. Die Präsidentschaftskanzlei bestätigte am Donnerstagnachmittag gegenüber der APA die Gespräche mit den beiden Parteichefs, gab allerdings keine Inhalte der Gespräche preis. Es sei mit beiden Verhandlungspartnern Vertraulichkeit vereinbart worden. Derzeit ist auch nicht geplant, dass sich das Staatsoberhaupt zur aktuellen Situation zu Wort meldet.

Auch inhaltliche Knackpunkte offen

Die Postenvergabe war zuletzt freilich nicht der einzige offene Punkt in den Verhandlungen. Vielmehr sind nach Informationen der APA wesentliche Punkte in den Untergruppen auf "rot" gestellt, vor allem in jenen zu Außenpolitik oder Medien, aber beispielsweise auch teilweise im Bereich Finanzen und Steuern. Um diese ungelösten Fragen sollen sich die Chefverhandler kümmern, dort dürfte man bisher aber nicht wirklich weitergekommen sein.

Noch immer keine Bewegung von beiden Seiten soll es bei der von den Freiheitlichen geforderten Bankenabgabe geben. Auch gegen einen finanziellen Beitrag der Kammern zur Budgetsanierung dürfte sich der türkise Wirtschaftsflügel querstellen. Dazu kommen weitere Streitpunkte wie die von der FPÖ gewünschte Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe, das Raketenabwehrsystem Sky Shield und eine gemeinsame Linie bei der Europapolitik. (apa/bearbeitet von skr)

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