Nicht nur im eigenen Land hat Angela Merkel wegen der Flüchtlingsfrage reichlich Ärger. Ein informelles Treffen am Sonntag soll erste Lösungen bringen. Hier finden Sie die Positionen und Forderungen der einzelnen Staaten in der Übersicht.

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Der Asylstreit in Deutschland hat EU-Politiker aufgeschreckt. Diesen Sonntag treffen sich Vertreter mehrerer EU-Länder zu einem "informellen Arbeitstreffen", bei dem erste Lösungen in der Flüchtlingsfrage erarbeitet werden sollen.

An diesem "Mini-Gipfel" soll eine Gruppe "interessierter Mitgliedsstaaten an europäischen Lösungen" arbeiten, wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mitteilte. Voraussichtlich nehmen daran die Staats- und Regierungsschefs von Deutschland, Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Italien, Österreich und Spanien teil.

Migration wird auch beim regulären EU-Gipfel kommende Woche ein Thema sein. Spätestens dann soll eine Lösung her - womöglich mit drastischen Maßnahmen.

Bootsflüchtlinge sollen nach einem Vorschlag von EU-Ratschef Donald Tusk künftig nicht mehr nach Europa, sondern in zentrale Sammelpunkte außerhalb der EU gebracht werden. Dort könnte direkt über ihre Schutzbedürftigkeit entschieden werden.

Den Vorschlag hatte Tusk am Dienstag mit Blick auf den EU-Gipfel Ende Juni gemacht, um Bewegung in den festgefahrenen Asylstreit zu bringen.

Ein besonderes Augenmerk wird auf der Dublin-Verordnung liegen, der zufolge derjenige Staat für Flüchtlinge zuständig sind, in dem diese zuerst den Boden der EU betreten haben. Besonders starke Auswirkungen hat diese Regelung auf Italien und Griechenland.

Insgesamt könnten die Positionen der EU-Staaten in der Asylfrage nicht weiter auseinander liegen.

Das will Griechenland

Griechenland war 2015 während der Flüchtlingskrise besonders betroffen. Weil das Land eine EU-Außengrenze hat, reisten viele Menschen über Griechenland ein und strandeten dort.

Noch heute sind viel Lager überfüllt und der Druck der Bevölkerung auf die Regierung steigt. Deshalb verlangt Griechenland eine Änderung der Dublin-Regelung.

Regierungschef Alexis Tsipras wiederholt bei jeder Gelegenheit, die Migrationskrise sei "nur mit europäischer Solidarität zu bewältigen". Beobachter erwarten, dass er sich bei dem informellen Treffen am Wochenende nicht gegen eine Lösung sperren wird.

Zudem ist eine Destabilisierung Deutschlands und der Bundesregierung auf keinen Fall im Interesse Griechenlands. Als Gegenleistung für ein "Ja" Athens könnten mehr Investitionen in Griechenland gefordert werden.

Das will Italien

Die meisten Flüchtlinge kamen in den vergangenen Jahren über Italien und Griechenland nach Europa. In Rom ist der Unmut über Berlin groß.

Der neue Regierungschef Giuseppe Conte erklärte, er habe Bundeskanzlerin Angela Merkel deutlich gemacht, dass er nur zu dem Treffen komme, wenn es keinen von Deutschland und Frankreich vorgefertigten Text gebe.

Sein Innenminister Matteo Salvini sagte, Italien wolle angesichts Hunderttausender Ankömmlinge in den vergangenen Jahren Asylbewerber abgeben statt zurückzunehmen.

Es ist äußerst fraglich, ob Merkel mit Italien ein bilaterales Abkommen zur Rücknahme von Migranten treffen kann.

Das wollen die Niederlande

Einerseits sind die Niederlande gegen die Einführung von Grenzkontrollen innerhalb der EU - schon weil das auch erheblich den Handel belasten könnte.

Auf der anderen Seite will Ministerpräsident Mark Rutte auch verhindern, dass nur einige wenige Länder wie Deutschland, Schweden oder die Niederlande die Lasten tragen.

Die Niederlande sprechen sich daher für Asylzentren außerhalb der EU-Grenzen nach dem Vorbild des Türkei-Deals aus, auch wenn das mehr Geld kostet.

Rutte sieht sich als ein möglicher Vermittler im Asylstreit.

Das will Österreich

Kanzler Sebastian Kurz fordert seit langem eine Wende in der Asylpolitik. Er sieht kaum Chancen für eine europäische Lösung und ist bereit für nationale Alleingänge. Aus seiner Sicht hat Merkel die Misere verschuldet.

Seine zentrale Forderung: wirksamer Schutz der EU-Außengrenzen. Dass Deutschland Migranten aufgrund mangelhafter Reisedokumente nach Österreich zurückschickt, ist nichts Neues: Allein in diesem Jahr waren es bisher rund 2.500 Menschen.

Das will Frankreich

Von Deutschlands wichtigstem Partner Frankreich bekam Merkel im Asylstreit Rückendeckung. Staatschef Emmanuel Macron versicherte, sein Land sei bereit, in Frankreich registrierte Flüchtlinge aus Deutschland zurückzunehmen.

Paris und Berlin arbeiten gemeinsam an einer Lösung mit betroffenen Staaten. Frankreich hat mit Italien seit über 20 Jahren eine Vereinbarung über die Zurückweisung von bereits registrierten Migranten.

Das will Spanien

Für den neuen linken Ministerpräsidenten Pedro Sánchez ist das Migrationstreffen das Debüt auf der europäischen Bühne. Spanien hat durchklingen lassen, bereitwilliger als bisher Flüchtlinge aufzunehmen.

Erst vor wenigen Tagen hatte das Land das von Italien abgewiesene Rettungsschiff "Aquarius" mit 630 Migranten anlanden lassen.

Medien sehen die spanische Migrationspolitik als Vorbild für Brüssel: Bereits zwischen 2006 und 2008 hatte das Land Abkommen mit Herkunftsländern wie Senegal, Mauretanien, Mali oder Niger unterzeichnet. Dafür sicherte Spanien wirtschaftliche Unterstützung, eine kleine Zahl regulärer Einreisevisa und Arbeitsgenehmigungen zu.

Das will Belgien

Belgien war in der Vergangenheit mit einer verpflichtenden Quote zur Umverteilung von Flüchtlingen über alle EU-Staaten einverstanden. Den Vorschlag von EU-Ratspräsident Donald Tusk, aus Seenot gerettete Flüchtlinge künftig zu zentralen Sammelpunkten außerhalb Europas zu bringen, wollte Premierminister Charles Michel noch analysieren, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete.

Das will Malta

Wie sich Malta mit Blick auf bilaterale Abkommen positionieren wird, ist unklar. Wie andere Staaten an der Außengrenze Europas ist der kleinste EU-Staat für eine Überwindung des Dublin-Systems.

Zwar kamen in den vergangenen Jahren kaum Bootsflüchtlinge in Malta an - 2017 waren es laut dem UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR gerade mal 23. Allerdings entschied das Land im vergangenen Jahr 815 Asylanträge positiv, was pro Kopf mehr waren als in Italien oder Frankreich.

Das will Dänemark

Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen setzt sich gemeinsam mit der österreichischen Regierung dafür ein, dass Asylbewerber in Auffang- und Abschiebelagern in einem "nicht besonders attraktiven" europäischen Land außerhalb der EU untergebracht werden.

Das will Bulgarien

Der Balkanstaat Bulgarien hat noch bis 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft inne und hat für den EU-Gipfel in der kommenden Woche eigene Vorschläge zur Asyl- und Migrationspolitik angekündigt. Details wurden nicht genannt.

Bulgarien ist Transitland - Flüchtlinge wollen selten in dem ärmsten EU-Land bleiben. 2017 hatten 3.700 Migranten Asyl in Bulgarien beantragt, in den ersten fünf Monaten 2018 waren es 492 Die Aufnahmestellen sind nur zu 20 Prozent belegt.

Das wollen die Viségrad-Staaten

Die Viségrad-Staaten Ungarn, Tschechien, Polen und die Slowakei lehnen eine Flüchtlingsquote und die Verteilung in Europa strikt ab. Daran änderte auch eine Klage im Dezember 2017 gegen drei Viségrad-Staaten nichts.

Ungarn, Tschechien, Polen und die Slowakei haben die Teilnahme am für Sonntag einberufenen Sondergipfel abgesagt.

"Wir werden daran nicht teilnehmen, denn sie wollen einen Vorschlag wieder aufwärmen, den wir bereits abgelehnt haben", sagte der polnische Regierungschef nach einem Treffen mit seinen Kollegen aus Tschechien, Ungarn und der Slowakei. (arg/dpa)

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