Wirtschaftsminister Habeck will Haushalte, die sich ans Fernwärmenetz anschließen lassen, von dem Einbau einer Wärmepumpe befreien. Aber was ist Fernwärme überhaupt? Und für wen ist sie sinnvoll?

Mehr aktuelle News

Die Idee der Fernwärme ist keine Neue. Schon seit Jahrzehnten heizen Haushalte und Industrie in Deutschland großflächig mit der Technologie. Aktuell heizt jeder siebte bis achte Haushalt mit Fernwärme. In den Plänen der Regierung zur Wärmewende, soll die Fernwärme eine wichtige Rolle spielen.

Wie funktioniert Fernwärme?

Fernwärmesysteme gibt es in teils sehr verschiedenen Ausführungen. In Deutschland bestehen sie in der Regel aus einer Wärmeerzeugungsanlage in Form eines sogenannten KWK-Kraftwerks und einem unterirdisch verlegten Rohrnetz mit Hausanschlüssen. KWK steht für Kraft-Wärme-Kopplung: Die Kraftwerke produzieren etwa durch die Verbrennung von Gas oder Kohle mechanische Energie in Form von Strom und thermische Energie in Form von Warmwasser.

Das Wasser wird durch das Rohrnetz zu den Haushalten transportiert, wo es für Raumwärme und die Warmwasserversorgung verwendet werden kann. Auch Industrieanlagen können an Fernwärmenetze angeschlossen werden und die thermische Energie als Prozesswärme nutzen. In Deutschland gibt es bislang 31.300 Kilometer Fernwärmeleitungen, die rund 14 Prozent der Haushalte mit Wärme versorgen, vor allem in Ballungsgebieten. Gut 40 Prozent der erzeugten Fernwärme wird in der Industrie verbraucht.

Für wen ist sie sinnvoll?

Fernwärme ist nicht überall verfügbar. Da beim Transport des Warmwassers stetig Energie verloren geht, eignen sich Fernwärmenetze vor allem für dicht besiedelte Regionen. Allerdings kann Fernwärme auch auf dem Land eine gute Alternative sein, wenn von der Wärmeverwertung der lokalen Industrie wie zum Beispiel Biogasanlagen profitiert werden kann.

Um abzuschätzen, ob sich Fernwärme für Sie lohnt, ist ein sogenannter Vollkostenvergleich sinnvoll. Dabei werden alle anfallenden Kosten - von der Anschaffung der Heizung über die Wartung, bis hin zu den Schornsteinfegerkosten - über den Nutzungszeitraum Ihrer Heizung berücksichtigt.

Die Verbraucherzentrale sammelt auf Ihrer Seite Informationen und bietet individuelle Beratung an, um bei der Entscheidung zu helfen, ob sich ein Umstieg auf Fernwärme für Sie lohnt.

Was kostet Fernwärme?

Bei einem Wechsel auf Fernwärme fallen bei einem kleineren Gebäude einmalige Kosten von etwa 8.000 bis 15.000 Euro an. Danach fallen die Fernwärmepreise je nach lokalem Anbieter sehr unterschiedlich aus. Der durchschnittliche Preis liegt laut Verbraucherzentrale bei 16 cent pro Kilowattstunde.

Ist Fernwärme sauber?

Aktuell nicht. Bislang stammt der überwiegende Teil der Fernwärme in Deutschland aus fossilen Energiequellen wie Gas (44 Prozent) und Kohle (21 Prozent). Erneuerbare Energien, vor allem Biomasse oder der biogene Anteil der Müllverbrennung, machen bislang lediglich 22 Prozent aus. Mit Strom betriebene Großwärmepumpen spielen noch keine Rolle.

Die Pläne der Bundesregierung sehen neben einer Verdopplung des Anteils von Fernwärme am Wärmeenergiemix bis 2045 aber vor, dass neue Fernwärmenetze ab dem kommenden Jahr zu mindestens 65 Prozent klimaneutral, also mit erneuerbaren Energien oder Abwärme, betrieben werden. Ab 2030 soll diese Vorgabe auch für bestehende Netze gelten. Unter anderem die Stadtwerke werben für einen raschen Ausbau der Fernwärmenetze, halten die Dekarbonisierungsvorgaben aber für höchst ambitioniert.

Für grüne Fernwärme soll eine Reihe von Technologien genutzt werden, die teils noch als experimentell gelten, etwa Großwärmepumpen, Geothermie (Erdwärme), Solarthermie und neue Biomasseanlagen. Auch mit Wasserstoff betriebene KWK-Kraftwerke sind denkbar, jedoch erst deutlich später und in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit des Rohstoffs. Klima-Experten warnen zudem, dass die vermehrte Nutzung von fossiler Abwärme aus der Industrie die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zementieren könnte.

Was gibt es sonst für Probleme?

Der Aufbau eines Fernwärmenetzes ist teuer und aufwendig, die Startinvestitionen sind bedeutend höher als beim Einbau klassischer Heizanlagen für einzelne Gebäude. Außerdem gilt: Je höher die Anschlussdichte, desto effizienter ist das Netz. Die Planung muss also sehr langfristig angelegt und gut koordiniert sein, damit genügend Endverbraucher an das Netz angeschlossen werden.

Verbraucher müssen entsprechend frühzeitig informiert werden, damit sie sich nicht wenige Jahre vor einem möglichen Anschluss ans Fernwärmenetz noch eine neue Heizanlage zulegen. Ob sie dann tatsächlich auf Fernwärme umstellen wollen, bleibt ihnen außerdem überlassen. Die Stadtwerke, die in der Regel die Fernwärmenetze betreiben, sprechen sich deshalb für eine Pflicht für Haushalte aus, Fernwärme zu nutzen, wenn dies möglich ist.

Verbraucherschützer bemängeln außerdem, dass der Markt intransparent und monopolistisch gestaltet ist: In den meisten Fällen gibt es jeweils nur einen einzigen Fernwärmeversorger, von dem die angeschlossenen Verbraucher abhängig sind.

Was plant die Regierung?

Haushalte, die an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden, müssen bei einem Heizungstausch keine Wärmepumpe einbauen. Das geht laut einem Bericht der "Augsburger Allgemeinen" aus einer Beschlussvorlage von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für ein Treffen mit Kommunen und Branchenvertretern an diesem Montag in Berlin hervor. Habeck und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) erwarten von dem Treffen ein "deutliches Aufbruchssignal" für den klimaneutralen Um- und Ausbau der Fernwärmeversorgung, wie es vorab hieß.

Geywitz sagte im n-tv-"Frühstart", wenn klar sei, dass jemand innerhalb der nächsten fünf bis acht Jahre an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden könne, "dann kann der so lange natürlich auch weiter heizen wie bisher und weiß: Wenn die Heizung dann eines Tages kaputt ist, muss man sich nicht individuell eine Lösung suchen, sondern dann kann man sich an die Fernwärme anschließen." Zu den Ausbauplänen sagte die SPD-Politikerin: "Das Ziel ist erstmal, 100.000 Haushalte pro Jahr zusätzlich anzuschließen."

Verwendete Quellen:

  • Mit Material der dpa und afp
  • Verbraucherzentrale
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.