Die Zahl der im Ausland lebenden Kinder, für die Österreich Familienbeihilfe bezahlt, hat sich in den vergangenen 15 Jahren fast verhundertfacht.

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2002 wurde für 1.500 im Ausland lebende Kinder Familienbeihilfe bezogen, 2016 waren es schon 130.000, geht aus einem aktuellen Rechnungshofbericht hervor. Als Grund wird die EU-Erweiterung und die Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes angenommen.

Mit der von der Regierung angepeilten Indexierung und damit Kürzung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder könnte Geld gespart werden, viel wichtiger wären aber Kontrollen bei der Auszahlung. Denn derzeit wird der Anspruch auf Familienbeihilfe - einmal gewährt - bis zur Volljährigkeit des Kindes nicht mehr kontrolliert, kritisiert der RH und fordert von den zuständigen Ministerien entsprechende Maßnahmen.

Es geht um sechs Prozent der Gesamtausgaben des Bundes

Mit einem Anteil von 45 Prozent der gesamten familienbezogenen Ausgaben ist die Familienbeihilfe das zentrale Instrument der Familienpolitik in Österreich. 2016 wurden rund 4,77 Milliarden Euro an Familienbeihilfe plus Kinderabsetzbetrag für zwei Millionen Kinder ausbezahlt. Das entspricht einem Anteil von sechs Prozent der Gesamtausgaben des Bundes. 291 Mio. Euro gingen an die 130.000 Kinder, die im Ausland gemeldet waren.

Die Zahl der anspruchsberechtigten Kinder insgesamt hat sich zwischen 2002 und 2016 dagegen nicht verändert, es wurde über diese Jahre immer für rund zwei Millionen Kinder Familienbeihilfe ausbezahlt. Die Kosten sind aber deutliche gestiegen. 2002 wurden 3,7 Mrd. ausbezahlt, 2016 waren es 4,7 Mrd. Euro.

Überlegung: Zahlungen zu reduzieren

Etwa 50 Prozent der Zahlungen für im Ausland lebende Kinder betrafen die Länder Ungarn und Slowakei und weitere 40 Prozent Polen, Rumänien, Slowenien und Tschechien. Der Rechnungshof ist der Ansicht, dass eine Indexierung zwar durchaus geeignet wäre, die Zahlungen an Familienleistungen für im Ausland lebende Kinder zu reduzieren. Allerdings: Die Komplexität des ohnehin schon komplizierten Differenzzahlungssystems würde weiter steigen.

Der Rechnungshof empfahl dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Finanzen, sich für eine Vereinfachung dieses Systems einzusetzen. Außerdem verweist der Rechnungshof darauf, dass in der rechtswissenschaftlichen Diskussion Bedenken in Bezug auf die EU-rechtliche Zulässigkeit bestehen.

Missbrauch bei Familienbeihilfe befürchtet

Missbrauch könnte schon durch strengere Kontrollen unterbunden werden, die der RH in seinem Bericht vermisst. Es werde in Standardfällen bis zum 18. Geburtstag des Kindes nicht kontrolliert, ob die Ansprüche weiterhin bestehen. Damit war es möglich, dass die Finanzämter Familienbeihilfen ungerechtfertigt für einen langen Zeitraum ausbezahlen. Der Anspruch würde beispielsweise wegfallen, wenn das Kind ins Ausland zieht oder wenn ein Aufenthaltsverbot verhängt wurde, so der RH.

Eine Prüfung von 53 Beispielsfällen durch den RH ergab in drei Fällen den Verdacht für unrichtige Auszahlungen. In einem davon lebte das Kind mit der Mutter in Österreich. Die Mutter war nicht erwerbstätig, der Vater nahm 2006 eine Erwerbstätigkeit in Ungarn auf. Österreich zahlte weiterhin die volle österreichische Familienbeihilfe (zuzüglich Kinderabsetzbetrag im Jahr 2016: 197,20 Euro monatlich) aus, obwohl Ungarn mit der Aufnahme der Erwerbstätigkeit des Vaters in Ungarn höchstwahrscheinlich vorrangig zuständig wurde.

Der Rechnungshof empfiehlt die Einführung eines zeitgemäßen IT-Systems, das einen automatisierten Abgleich mit relevanten Datenbanken zur Überprüfung der Anspruchsvoraussetzung ermöglicht.  © APA

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