Ein mexikanischer Blogger hat angeblich eine Mail geleakt, in der Drogenboss "El Chapo" der Terrormiliz IS den Krieg erklärt. Ein Satiriker meint nun, er habe die Meldung gefälscht. Warum diese Version wohl eher der Wahrheit entspricht und warum die Meldung über "El Chapos" Kriegserklärung ziemlich abstrus ist.

Mehr aktuelle News

Drogenboss "El Chapo" soll in einer E-Mail der Terrormiliz "Islamischer Staat" gedroht haben. In der angeblich von Drogenfürst Joaquín "El Chapo" Guzmán stammenden E-Mail soll unter anderem gestanden haben: "Ihr [der IS] seid keine Soldaten. Ihr seid nichts anderes als schwache Feiglinge. Euer Gott kann euch nicht retten vor dem wahren Terror, der von meinen Männern ausgeht, wenn ihr meinen Betrieb weiterhin stört."

Veröffentlicht wurde der Auszug unter anderem auf cartelblog.com, das nach eigenen Angaben über den "gescheiterten Drogenkrieg der USA" informieren will. Es nennt als Quelle einen mexikanischen Blogger.

Dieser soll die Mail, die direkt an IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi gegangen sei, geleakt haben. Der Blogger stehe in enger Verbindung zu Mitgliedern des Sinaloa-Kartells, was angeblich für die Echtheit der Mail spreche.

Inzwischen hat sich bei der englischen Boulevardzeitung "Daily Mail" ein Blogger gemeldet, der behauptet, er habe sich die ganze Geschichte ausgedacht. Steve C. arbeitet dem Bericht nach für die Webseite ThugLife. Er und sein Chef hätten die Idee zu der Mail gehabt. Diese Version erscheint glaubwürdiger.

Kein Markt für das Kartell

Für Lateinamerika-Experten Karl-Dieter Hoffmann hat von Anfang einiges dafür gesprochen, dass es sich bei der angeblichen E-Mail an IS-Chef al-Baghdadi um einen Fake handelt. "Aktivitäten des Sinaloa-Kartells im Nahen und Mittleren Osten wären mir völlig neu", sagt Hoffmann im Gespräch mit unserer Redaktion. Hoffman war bis März 2015 Geschäftsführer des Zentralinstituts für Lateinamerika-Studien an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Das hauptsächliche Absatzgebiet des Kartells liege in Latein- und Nordamerika. Darüber hinaus gebe es starke Verbindungen nach Italien und schwächere nach Russland und in einige westafrikanische Staaten.

"Im Nahen Osten hat Kokain, mit dem das Sinaloa-Kartell hauptsächlich sein Geld verdient, gar keine Tradition", sagt Hoffmann.

"Wenn es da einen Markt geben sollte, stünde der noch ganz am Anfang und es gäbe somit auch keine Geschäfte, die groß gestört werden könnten."

"Abstruser Gedanke"

Joaquín Guzmán, der Drogenboss mit dem Spitznamen "El Chapo" (deutsch: der Kleine), befindet sich derzeit auf der Flucht. Er gehört zu den meistgesuchten Drogenhändlern, wurde bereits zweimal festgenommen und verurteilt, konnte aber immer wieder aus dem Gefängnis ausbrechen. Zuletzt entkam er im Juli durch einen Tunnel, der bis unter seine Dusche führte.

"Wenn in der angeblichen Mail nicht der Begriff 'operation' - also Betrieb oder Tätigkeit - auftauchen würde, könnte man noch vermuten, dass es sich um eine Art PR-Aktion El Chapos handeln könnte", sagt Hoffmann. Der "Islamische Staat" sei weltweit verhasst und El Chapo der meistgesuchte Drogenhändler der Welt.

"Wenn er nun dem IS den Krieg erklärt, könnte ihm das gewisse Sympathien einbringen." Zwar fände er den Gedanken, dass Guzmán so vorgehen sollte, abstrus, "er würde aber noch mehr Sinn ergeben als der Hinweis auf die Geschäfte".

Was die Bewaffnung angehe, sagt Hoffmann, könne das Sinaloa-Kartell es wohl mit dem IS aufnehmen, "aber El Chapo hat gar keine Leute vor Ort. Es gibt - im legalen wie illegalen Bereich - generell nicht viele Beziehungen zwischen diesen Regionen".

Urheber der Mail meldet sich

Es spricht also mehr gegen als für die Echtheit dieser Kriegserklärung Guzmáns an den IS - und es scheint wahrscheinlich, dass Steve C. der Urheber des Fakes ist.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.