- Ex-Siemens-Chef Joe Kaeser sitzt zufällig im selben Flieger wie mehrere Abgeordnete.
- Via Twitter mokiert sich Kaeser über das Verhalten seiner Mitflieger und fragt sich, ob sein Steuergeld sinnvoll in die Diäten der Politiker investiert ist.
- Einer der kritisierten Abgeordneten gibt dem ehemaligen Industrieboss Kontra.
Firmenjet und Privatchauffeur - das war einmal. Joe Kaeser genoss als Vorstandsvorsitzender von Siemens jahrelang jede Menge Privilegien. Inzwischen reist der gebürtige Niederbayer wieder ganz normal wie andere auch, etwa im Linienflieger.
Dort trifft er dann auch auf ganz normale Leute - und offenbar ab und zu auch auf Politiker. So geschehen am Donnerstagabend. Wie Kaeser über seinen Twitterkanal mitteilte, saß er "im Flieger nach München inmitten von Abgeordneten, die sich hörbar über das Wochenende freuen".
Nun ja, sich am Donnerstagabend auf das Wochenende zu freuen ist nichts Verwerfliches - auch wenn mit dem Freitag vorher eigentlich noch ein ganz normaler Werktag zu absolvieren ist. Doch viel mehr stieß dem Ex-Boss des Industriegiganten das Verhalten der Politiker auf.
Kaeser echauffiert sich über "Internas austauschende" Politiker
Hörbar war für Kaeser nicht nur die Freude über das nahende Wochenende, sondern auch, dass die Politiker anscheinend "Internas über den Gang hinweg austauschen". (Korrekt wäre übrigens "Interna" als Plural von "Internum", Anmerk. d. Red.)
Namen nennt Kaeser keine, sondern spricht nur von Politikern "mit CSU-Bändchen". Gut möglich, dass es sich um aus Berlin nach München zurückreisende Teilnehmer der CSU-Klausurtagung handelt, die am Mittwoch und Donnerstag in Berlin-Wedding stattgefunden hat.
Zumindest einen der Mitreisenden identifiziert der Ex-Siemens-Chef als FDP-Mitglied, das "früher flache Kolumnen in Boulevard-Magazinen geschrieben hat".
FDP-Mann Sattelberger geht zum Gegenangriff über
Angesprochen fühlt sich jedenfalls Thomas Sattelberger, FDP-Mitglied aus München und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Beschuldigung, Geheimes allzu offen im Flieger ausgeplaudert zu haben, will Sattelberger nicht auf sich sitzen lassen. Er verbittet sich "die ehrenrührige Behauptung, ich hätte Internas ausgetauscht. Das mögen die CSU‘ler gemacht haben, ich saß schweigend auf meinem Sitz".
Die Kritik an seinen angeblich flachen "Essays im ManagerMagazin" beantwortet Sattelberger mit einem Gegenangriff, indem er Kaeser zu viel Ehrerbietung gegenüber Ex-US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin attestiert.
Den Vorwurf, wegen geschäftlicher Interessen gegenüber nicht ganz lupenreinen Demokraten oft ein Auge zugedrückt zu haben, kennt Kaeser bereits aus seiner aktiven Vorstandszeit bei Siemens zur Genüge.
Kaeser: Steuern könnten besser ausgegeben werden als für Politiker
Fast noch interessanter ist Kaesers zweiter Tweet über die geschwätzigen Abgeordneten im Flugzeug. Er rechne "gerade so ungefähr aus, wie viele davon ich mit meiner Einkommenssteuer finanziere".
Er wisse nicht, "ob dieses Geld nicht besser ausgegeben werden könnte. Für höhere Bezüge von Pflegekräften, Polizist*innen… und viele Menschen, die täglich WIRKLICH für die Bürger da sind", sinniert Kaeser via Twitter weiter.
Zur Einordnung: Als CEO von Siemens verdiente Kaeser 2020 schlappe 9,27 Millionen Euro. Ein Jahr vorher waren es sogar über 14 Millionen Euro Jahresgehalt für den Vorstandsvorsitzenden des Dax-Konzerns.
Wenig überraschend regt sich auch schnell Widerstand. So schreibt CDU-Urgestein Ruprecht Polenz stellvertretend: "Parlament gegen Pflegekräfte? Vielleicht sollten Sie Ihre Gedanken nochmal überprüfen."
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