Europa will unabhängiger von den USA werden. Das gilt nun auch für die Verteidigung aus dem All, betont der Generaldirektor der europäischen Weltraumorganisation ESA.

Mehr Politik-News

Nicht erst seit der wichtigen Rolle des Satellitennetzwerks Starlink im Ukraine-Krieg ist klar: Auch Satelliten haben Einfluss auf Kriege. Nun will die europäische Weltraumorganisation ESA offenbar zur Verteidigung Europas beitragen.

Laut dem Portal Euractiv will die Organisation mehrere Satelliten entwickeln, die zur Aufklärung aus dem All in einem Kriegsfall genutzt werden können. Die Rede ist von "Aufklärungssatelliten, die alle 20 bis 30 Minuten hochauflösende, optische Infrarotbilder von überall auf der Welt machen könnten".

ESA-Generaldirektor spricht von Wendepunkt

Der ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher sagte dem Portal: "Das ist ein absoluter Wendepunkt, so etwas haben wir in Europa nicht." Dem Direktor zufolge würden auch China und die USA ähnliche Systeme aufbauen. Das Budget der ESA soll laut Aschbacher etwa 21 Milliarden Euro betragen, Deutschland ist demnach der größte Beitragszahler.

Wie die ESA unserer Redaktion mitteilte, ist der Betrag von 21 Milliarden Euro jedoch noch nicht fix, sondern wird noch definiert und stellt das Gesamtpaket dar: "Dieses Paket umfasst sämtliche ESA-Programme – einschließlich eines Vorschlags für eine Erdbeobachtungskomponente für die europäische Resilienz im Weltraum (ERS). Das CM25-Paket und der (noch nicht definierte) Budgetvorschlag werden den ESA-Mitgliedsstaaten auf der Ministerkonferenz im November 2025 in Bremen vorgestellt."

Die ESA ist unabhängig von der EU und setzt sich aus 23 Staaten zusammen. Mit dabei sind neben Deutschland, Frankreich und vielen weiteren EU-Staaten auch Länder außerhalb der EU wie Großbritannien oder die Schweiz.

Experte wirbt für mehr Unabhängigkeit in Verteidigungsfragen

Das Projekt würde Europa unabhängiger von US-amerikanischen Satellitensystemen machen. Laut Paul Wohrer vom französischen Institut für Internationale Beziehungen (Ifri) ist das der richtige Weg. Bei wissenschaftlichen Aspekten auch in Zukunft mit den USA zusammenzuarbeiten, wäre aus seiner Sicht wunderbar, im Bereich Verteidigung brauche es aber mehr Unabhängigkeit.

Ob Europa bei der Raumfahrt allgemein noch auf die USA zählen könne? "Die Tendenz, die Dynamik ist eher Nein", schätzt der Raumfahrtexperte. "Wenn es darum geht, von den USA abzuhängen, ist das meiner Meinung nach eine Haltung, die derzeit leider wenig Zukunft hat."

Ministerium wird zu Raumfahrtministerium

Auch die künftige deutsche Bundesregierung will dem Thema mehr Gewicht geben: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung soll zu einem Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt umgebaut werden. Führen soll es die CSU, deren Parteichef Markus Söder auch schon ein eigenes bayerisches Raumfahrtprogramm aufgelegt hat.

Es werde sich beim neu geplanten Ministeriumszuschnitt zeigen, ob gut gemeint auch gut gemacht sei, sagte die Raumfahrtkoordinatorin der scheidenden Bundesregierung, Anna Christmann (Grüne). Ihre Stelle war bisher im Bundeswirtschaftsministerium angesiedelt. "Denn unsere Industrie braucht mehr innovative Aufträge für Raumfahrtdienstleistungen vom Staat und eine smarte Innovationsförderung."

Raumfahrt betreffe alle Ministerien und die Zusammenarbeit gerade auch mit dem Wirtschafts-, aber auch dem Verteidigungsministerium werde essenziell sein, sagte Christmann.

Verwendete Quellen:

  • Euractiv.de: Neues Milliardenbudget: Weltraumorganisation soll Europa verteidigen
  • dpa