Ex-Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) wird auch im zweiten Verfahren wegen Bestechlichkeit im Amt vom Straflandesgericht Wien verurteilt; dreieinhalb Jahre. Eine elektronische Fußfessel ist damit vom Tisch. Die Wiederholung des Verfahrens war notwendig, weil der OGH das erste Urteil an die Vorinstanz zurückverwiesen hatte.

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Es hat nicht sollen sein für Ernst Strasser. Trotzdem der Oberste Gerichtshof (OGH) das Urteil aus der ersten Instanz Ende November 2013 aufhob, hat das Straflandesgericht Wien den Ex-Innenminister erneut wegen Bestechlichkeit verurteilt. Das Gericht unter der Vorsitz von Richterin Helene Gnida reduzierte das Strafmaß nur leicht: von vier Jahren Freiheitsstrafe auf drei Jahre und sechs Monate. Als mildernd wurde die Unbescholtenheit des Angeklagten angerechnet.

Strasser habe sich persönlich bereichern wollen, zitiert die "Presse" die Urteilsbegründung von Richterin Gnida. Er sei damit ein Amtsgeschäft eingegangen. Er habe sich bereiterklärt, Gesetzesbeeinflussung in Zusammenhang mit der Elektroschrottrichtlinie und der GMO-Richtlinie vorzunehmen. "Einzig der in Aussicht gestellte Geldbetrag war ausschlaggebend", sagte Gnida. Daher habe Strasser die Abänderungsanträge weitergeleitet.

Staatsanwältin Maruna hatte in ihrem Schlussplädoyer eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit gefordert und den präventiven Charakter einer deutlichen Strafe betont: "Strasser hat, das sage ich ganz pathetisch, das Vertrauen in das System Demokratie erschüttert." Strasser, der zur Neuauflage des Prozesses auf Krücken erschienen war – Folge eines Skiunfalls Anfang Februar –, nahm das Urteil regungslos hin.

Vor der Urteilsverkündung hatte Strassers Anwalt Thomas Kralik in seinem Schlussplädoyer noch darauf gedrängt, den Angeklagten nicht moralisch zu bewerten. "Er wollte ins Geschäft kommen, Beratungsleistungen waren sein Metier." Dies sei aber nicht strafrechtlich relevant, da "Anfüttern" – Geld für die allgemeine politische Tätigkeit geben bzw. nehmen – 2010/2011 noch nicht strafbar gewesen sei. Strasser selbst verzichtete vor der Urteilsverkündung auf ein Schlusswort.

Verteidiger Kralik legte umgehend Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein. Das Urteil ist also noch nicht rechtskräftig.

Konkrete Amtsgeschäfte für Geld ausgeführt

In der Neuauflage des Prozesses sahen es die Vorsitzende Richterin Helene Gnida und das Schöffengericht nun als erwiesen an, dass Strasser nicht nur das Geld für allgemeine Beeinflussungstätigkeiten oder die reguläre Amtsführung nehmen wollte, sondern konkret für eine aktive Tätigkeit – etwa die Einreichung von Änderungsanträgen – zur Veränderung von geplanten EU-Richtlinien im Sinne der Lobbyisten. Bei den fraglichen EU-Richtlinien ging es um die Verwendung gefährlicher Stoffe in Elektrogeräten, zu Elektroschrott und zu gentechnisch verändertem Saatgut.

So habe Strasser bei der Elektroschrottrichtlinie bereits konkrete Schritte in Richtung Beeinflussung genommen: Er habe sich die Handynummer vom zuständigen deutschen Berichterstatter Karl-Heinz Florenz geben lassen, dann jedoch direkt mit ihm geredet, als er ihn auf dem Gang getroffen habe. Später schickte er Florenz demnach seine Änderungswünsche zu – die der Undercover-Journalisten.

Auch bei einer vierten Richtlinie zum Anlegerschutz war Strasser nach Ansicht der Richter aktiv geworden, wurde jedoch nicht dafür verurteilt: Er ließ dem für die Gesetzesnovelle zuständigen Büro seines ehemaligen Fraktionskollegen Othmar Karas einen von den vermeintlichen Lobbyisten erstellen Abänderungsantrag zukommen und hakte mehrfach bei dessen Mitarbeiterin nach - sogar auf ihrer Privatnummer, als diese im Krankenstand war. Das Gericht konnte jedoch keine Beweise dafür finden, dass Strasser die betreffende Richtlinie bei seinem Treffen mit den Undercover-Journalisten überhaupt kannte. So blieb es bei einer Verurteilung wegen Bestechlichkeit für Strasses geldmotivierten Tätigkeiten zur Veränderung der drei anderen Richtlinien.

Ein Verhandlungstag mit technischen Pannen

Am letzten Verhandlungstag waren die zwei Journalisten der "Sunday Times" erneut via Videokonferenz befragt worden. Sie hatten 2010 bei den Treffen mit Strasser Videoaufnahmen angefertigt. Die Video-Telefonschaltung musste jedoch nach kurzer Zeit wegen starker Ton- und Bildproblemen abgebrochen werden – Claire Newell und Jonathan Calvert waren kaum zu verstehen. Zuvor bekräftigten jedoch beide ihre Aussagen aus dem ersten Prozess. Anstelle einer erneuten Vernehmung las Richterin Gnida die Protokolle dieser ersten Vernehmung vor.

Der Fall und die Aufhebung des ersten Urteils

Als Europaabgeordneter hatte Ernst Strasser von zwei als Lobbyisten getarnten britischen Journalisten 100.000 Euro plus 20 Prozent Steuern für die Einflussnahme auf den Gesetzgebungsprozess verlangt und wurde dabei ohne sein Wissen auf Video aufgenommen. In der ersten Instanz war der Ex-ÖVP-Innenminister wegen Bestechlichkeit zu vier Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Strassers Anwalt legte umgehend Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein.

Der OGH unter Vorsitz von Eckart Ratz entschied im November 2013 überraschend, das Ersturteil sei wegen einer Undeutlichkeit in der Urteilsbegründung aufzuheben, und verwies es an die Vorinstanz zurück. Das Gericht bemängelte, das Erstinstanzgericht habe nicht genauer angeführt, um welche Amtsgeschäfte es konkret gegangen sei. Zwischen 2009 und 2012 war die Annahme von Geld für allgemeine politische Tätigkeiten – das sogenannte "Anfüttern" – nach damaligem Recht nicht strafbar, sondern nur die Forderung von Geld für ein konkretes Amtsgeschäft.

In der Neuauflage des Prozesses ging es also nun darum, ob nachgewiesen werden konnte, dass Strasser im fraglichen Zeitraum das Geld für konkrete Amtsgeschäfte nehmen wollte. Ihm drohte bei einer erneuten Verurteilung maximal die Strafe aus dem erstinstanzlichen Urteil, also vier Jahre unbedingt. Das aktuelle Urteil bleibt mit dreieinhalb Jahren nun nur ein halbes Jahr unter dem ursprünglichen.

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