FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer will türkischen Migranten vorübergehend die österreichische Staatsbürgerschaft verwehren, auch wenn sie die Kriterien für eine Einbürgerung erfüllen. So einfach, wie er sich das vorstellt, geht das nicht.

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Norbert Hofer will die Einbürgerung türkischer Migranten aussetzen. Das teilt der FPÖ-Präsidentschaftskandidat per Aussendung mit. Hintergrund sind die Pro-Erdogan-Demos in Wien vom vergangenen Wochenende nach dem fehlgeschlagenen Putschversuch türkischer Militärs.

In einem Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" hatte Hofer kürzlich behauptet, es gebe eine "große Zahl" austro-türkischer Doppelstaatsbürger im Land. Nach geltendem Recht wären diese illegal. Zahlen nannte Hofer jedoch nicht, auch Belege blieb er schuldig.

"Offenbar beantragen türkischstämmige Migranten nach Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft wieder ihren zuvor zurückgelegten türkischen Pass", moniert Hofer. Die Türkei weigere sich aber, dazu die Daten an Österreich zu übermitteln. "Das können wir nicht hinnehmen."

Keine belastbaren Zahlen - und keine Frage der Kooperation

Wie viele illegale Doppelstaatsbürger es in Österreich tatsächlich gibt, ist reine Spekulation: Die Türkei übermittelt keine Daten darüber, wie viele Österreicher die türkische Staatsbürgerschaft beantragen. Das tut der österreichische Staat umgekehrt auch nicht, wenn er Einbürgerungen vornimmt, wie Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck auf Anfrage unserer Redaktion erklärt.

Beantragt ein österreichischer Staatsbürger eine andere Staatsbürgerschaft, muss er die österreichische zurücklegen. Allerdings liegt es in der Verantwortung des Einzelnen, dies dem anderen Staat mitzuteilen, wie Grundböck bestätigt. Tut er das nicht, ist seine österreichische Staatsbürgerschaft nach heimischem Recht illegal.

Aussetzung praktisch unmöglich

Eine Aussetzung der Einbürgerungen von türkischen Migranten, wie Hofer sie fordert, ist "nach geltender Rechtslage nicht möglich", sagt Innenministeriumssprecher Grundböck. Damit würde der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt.

Im Gesetz werde nicht nach Nationalität unterschieden - "jeder hat individuell Anspruch, wenn er die Kriterien für eine Einbürgerung erfüllt".

Einbürgerungen könnten höchstens generell ausgesetzt werden. Und auch dafür bräuchte es eine Gesetzesänderung.

Einbürgerungen sind Ländersache

Eine zweite Staatsbürgerschaft neben der österreichischen lässt das Staatsbürgerschaftsgesetz nur in Sonderfällen zu. Dazu braucht es eine Bewilligung des jeweiligen Amts der Landesregierung.

Schätzungen zufolge leben bis zu 300.000 Menschen mit türkischen Wurzeln in Österreich. 116.026 von ihnen besitzen die türkische Staatsbürgerschaft. Die Zahl der Einbürgerungen lag 2015 bei 998 Personen.

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