Doris Bures äußert ernste Bedenken darüber, dass Österreich nicht vor islamistischen Angriffen gefeit sei. In der letzten Sitzung vor der Sommerpause spricht die Nationalratspräsidentin den Linzer Doppelmord an. Und gibt sich kämpferisch.
Der Nationalrat hat zu Beginn seiner Sitzung am Donnerstag der Opfer des Linzer Doppelmordes gedacht. Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) äußerte Besorgnis: Der Fall zeige, dass auch Österreich "nicht immun" gegen terroristische Tendenzen sei.
"Seit nunmehr über 15 Jahren sind wir - die westliche Welt - mit einer neuen, bisher unbekannten Dimension des islamistisch- fundamentalistischen Terrorismus konfrontiert", sagte Bures. Leider habe auch das Hohe Haus in den vergangenen Jahren immer wieder der Opfer extremistischer Anschläge gedenken müssen.
Bures: "Grundwerte einer offenen Gesellschaft verteidigen"
Solche Angriffe stellten "nie einen Beitrag zur Lösung von Problemen" dar, betonte die Nationalratspräsidentin. Sie seien "auf das Schärfste zu verurteilen. Und wir haben als Demokratinnen und Demokraten alles daran zu setzen, unsere Grundwerte einer offenen Gesellschaft zu verteidigen."
Sie hoffe darauf, dass "unsere offene und demokratische Gesellschaft Gewalt und Terror bald überwinden", sagte Bures. Sie verwies darauf, dass die Umstände des Linzer Doppelmordes noch nicht geklärt seien.
Doppelmord mit IS-Hintergrund
Ende Juni hatte die Polizei in Linz ein betagtes Ehepaar in seinem brennenden Haus tot aufgefunden. "Wir gehen von einem Doppelmord aus, die Auffindungssituation lässt gar keinen anderen Schluss zu", sagte Polizeisprecher David Furner damals. Ein Nachbar hatte das Feuer bemerkt.
Noch am gleichen Tag stellte sich ein 54-jähriger Tunesier, der seit 1989 in Österreich lebt: Der Mann gab an, den 87-Jährigen und seine 85 Jahre alte Ehefrau getötet zu haben. Er befindet sich in Untersuchungshaft.
Laut Innenminister Wolfgang Sobotka handelt es sich bei dem Verdächtigen um einen radikalisierten Moslem. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) gab bekannt, dass es einen Bezug zwischen dem mutmaßlichen Täter und der Terrormiliz Islamischer Staat geben soll.
Der 54-Jährige wollte laut Polizei ein Exempel statuieren: Er habe in seiner Zeit in Österreich viele schlechte Erfahrungen gesammelt - und diese auf die FPÖ projiziert. Er glaubte, das Ehepaar stünde der Partei nahe - was nach ersten Ermittlungen wohl gar nicht der Fall war.
Bures mahnt: "Keine voreiligen Schlüsse"
Es liege in der Verantwortung von Politikerinnen und Politikern, "keine voreiligen Schlüsse und Vermutungen zu äußern und so die Ängste und Verunsicherung der Bevölkerung noch zu verstärken", mahnte Bures. Sie drückte der Familie und den Freunden des ermordeten Linzer Ehepaars das Mitgefühl des Nationalrats aus.
Auflösung der Regierung beschlossen
Das Statement von Bures leitete eine ereignisreiche Sitzung ein: Donnerstagmittag beschloss der Nationalrat mit großer Mehrheit das vorzeitige Ende der Gesetzgebungsperiode und machte damit den Weg für Neuwahlen frei.
FPÖ, Grüne, NEOS und Team Stronach machten in der Debatte ihrem Ärger über die Regierung Luft. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nutzte seine Redezeit für erste Wahlkampfparolen. Eine Stimme für die FPÖ sei der "einzige Garantieschein" um eine Neuauflage von Rot-Schwarz zu verhindern.
Abgesang auf Rot-Schwarz
Auch mit den Parteichefs von SPÖ und ÖVP - Bundeskanzler Christian Kern und Außenminister Sebastian Kurz - rechnete Strache ab: "Die Menschen erwarten mehr als so künstlich aufgebauschte Wunderwuzzis."
Auch der Grüne Abgeordnete Albert Steinhauser äußerte sich zum Scheitern der Regierung. Im Parlament habe man miterleben können, wie der Ton rauer geworden sei - insbesondere beim Thema Flucht und Migration. "SPÖ, ÖVP und FPÖ sind in diesen vier Jahren nach rechts gerutscht", beklagte er.
Bundeskanzler Kern verwahrte sich indessen dagegen, die Situation in Österreich schlechter darzustellen, als sie sei. Immerhin sei Österreich in einer Studie gerade erst als vierterfolgreichstes Land der Welt genannt worden.
Wahltermin wird am Freitag fixiert
Gegen die vorgezogenen Neuwahlen stimmten nur die "wilden" Abgeordneten Gerhard Schmid und Marcus Franz. Der geplante Wahltermin - der 15. Oktober - wird am Freitag zunächst vom Ministerrat und danach vom Hauptausschuss fixiert.
Es war die letzte Sitzung vor der Sommerpause - und die vorläufig letzte im Parlamentsgebäude. Dieses wird die kommenden Jahre saniert und umgebaut. Das nächste Mal kommt der Nationalrat Mitte August im Großen Redoutensaal der Hofburg zusammen.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.