Donald Trumps Gesundheitsreform macht Fortschritte. Doch kann der US-Präsident das Vorhaben wirklich umsetzen? Wenn ja, wer wären die Verlierer? Wer würde profitieren?
Mit 217 zu 213 Stimmen hat das US-Repräsentantenhaus den ersten Schritt zur Abschaffung von Obamacare eingeleitet. Die neue Vorlage wird nun dem Senat zur Abstimmung vorgelegt.
Sollte Trumpcare auch dort die nötigen Stimmen bekommen, könnten Millionen Amerikaner ihre Gesundheitsversicherung verlieren. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Was sind die Reformpunkte?
Über die Details der geplanten Gesundheitsreform wurde im Vorfeld so gut wie nichts bekannt. Bis wenige Stunden vor der Abstimmung war der Gesetzentwurf unter Verschluss.
Einige republikanische Abgeordnete gaben zu, dass sie nicht wussten, wozu sie eigentlich ihr "ja" gegeben haben.
Entgegen des üblichen Vorgehens wartete die Partei auch nicht die Berechnungen der unabhängigen Haushaltsbehörde des Kongresses ab.
Diese hätte herausgefunden, ob und wie viele Amerikaner ihre Versicherung verlieren könnten und wie die Auswirkungen auf den Haushalt sein werden.
Beobachter gehen davon aus, dass der neue Entwurf im Kern seinem im März gescheiterten Vorgänger entspricht.
Laut dem US-Sender "Fox News" sind nun mehr Mittel für Menschen mit Vorerkrankungen enthalten. Dies soll einige Abgeordnete zur Zustimmung bewogen haben.
Welche Auswirkungen sind zu erwarten?
Weil noch wenig über die neue Vorlage bekannt ist, sind die Auswirkungen zum Teil unklar.
Als der erste Entwurf im März öffentlich wurde, stellte die Haushaltsbehörde fest, dass rund 24 Millionen Amerikaner in den kommenden Jahren ihre Versicherung verlieren würden.
Vor allem alte Menschen bekämen erhebliche Probleme, weil Versicherungsfirmen von der Pflicht entbunden wären, Menschen mit Vorerkrankungen aufzunehmen.
Die Veteranenvereinigung AARP rechnet nun mit stark steigenden Beiträgen. Nach den Vorstellungen der Trump-Regierung sollen Menschen, die länger als drei Monate nicht krankenversichert waren – dies betrifft häufig Arbeitslose –, einen Prämienzuschlag von 30 Prozent zahlen.
Auch die staatliche Sozialversicherung Medicaid soll beschnitten werden. Dagegen würden gut verdienende Amerikaner erheblich entlastet: Gelder, die sie durch Obamacare für staatliche Subventionen leisten mussten, würden wieder gestrichen.
Nancy Pelosi von der Demokratischen Partei sagt: "Das ist ein Steuergesetz, verkleidet als Gesundheitsreform. Es ist eine der größten Vermögensumschichtungen von der Mittel- zur Oberschicht."
Wer sind die Verlierer?
Menschen mit Vorerkrankungen wie Herzfehlern, Behinderungen, Rheuma oder Depressionen dürften es künftig deutlich schwerer haben, einen angemessenen Versicherungsschutz zu finanzieren. Versicherer könnten sie sogar ganz ablehnen.
Zwar soll für diese Gruppe eine Art Ausgleichsfond eingerichtet werden, die Gelder dürften aber nicht ausreichen.
Von den Kürzungen für Medicaid wäre vor allem die Unter- und Mittelschicht betroffen.
Eliana Espinosa (19) aus Miami, deren durch Obamacare versicherte Mutter an Brustkrebs erkrankt ist, sagte dem Fernsehsender CNN: "Aktuell haben wir nicht sehr viel Geld. Wenn meine Mutter ihre Versicherung verliert, müsste ich das College verlassen und mir einen Job suchen, damit ich ihr dabei helfen kann, die medizinischen Kosten zu bezahlen."
Gibt es positive Seiten an Trumpcare?
Das beste Argument für Trumpcare ist vermutlich: Obamacare funktioniert nicht wirklich.
Nur zwölf Millionen Amerikaner haben eine neue Krankenversicherung abgeschlossen, 60 Millionen sollten es sein.
Es werden nur rudimentäre Leistungen abgedeckt. Obamacare-Versicherte müssen oft Monate auf Facharzttermine warten, viele Behandlungen müssen sie doch selbst begleichen.
Weil vor allem ältere Menschen mit Vorerkrankungen eine Obamacare-Police abgeschlossen haben und staatliche Subventionen für die Versicherungsgesellschaften durch die Republikaner blockiert wurden, schreiben die Gesellschaften teils hohe Verluste. Die Folge: steigende Beiträge.
Über Steuergutschriften will der Präsident den Anreiz für den Abschluss einer privaten Versicherung erhöhen, der Versicherungsmarkt soll dereguliert werden.
Das Haushaltsbüro des Kongresses ging im März davon aus, dass das Haushaltsdefizit bei Verabschiedung der ersten Version der Reform bis 2027 um 337 Milliarden Dollar niedriger ausgefallen wäre.
Wie wahrscheinlich ist es, dass der Senat dem Entwurf zustimmt?
Äußerst unwahrscheinlich, zumindest in der jetzigen Form. Selbst der Republikaner Bob Corker sagt, "ohne größere Anpassungen" habe der Entwurf "null Chancen" durch den Senat zu kommen.
Im März sprachen sich vier republikanische Senatoren öffentlich gegen die Streichung der Medicaid-Mittel aus. Der libertäre Senator Rand Paul verlangte dagegen noch viel radikalere Kürzungen.
Die Republikaner verfügen über 52 Stimmen im Oberhaus, die Demokraten über 46, zwei Stimmen werden Unabhängigen zugeordnet.
Passiert der Entwurf in geänderter Form den Senat, muss er dem Repräsentantenhaus erneut zur Abstimmung vorgelegt werden.
Erst wenn der Senat den geänderten Entwurf abgesegnet hat, wird das Gesetz dem Präsidenten zur Unterschrift vorgelegt.
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