Kritische Medien sind Donald Trumps Feindbild, TV-Sender "Fox News" hingegen nutzt er als Megaphon. Aber nicht nur der Präsident kann seine Themen platzieren, auch der Einfluss der Moderatoren wächst. Eine gefährliche Symbiose, findet Kommunikationswissenschaftler Dr. Stephan Weichert.

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Unter Donald Trump hat sich die politische Kommunikation in den USA grundlegend verändert: Nie zuvor hat ein amerikanischer Präsident Militärschläge auf Twitter angekündigt oder Journalisten als "unterste Gattung Mensch" beschimpft.

Trump polarisiert und spaltet die USA. Dabei werden auch die Gräben zwischen Trump-Befürwortern und -Kritikern in der Medienlandschaft tiefer. Während er den Kabelsender CNN als "Fake News" verhöhnt und der "Washington Post" vorwirft, eine Story nach der anderen sei "erfundener Müll", bleiben einige Medien verschont.

Verteidiger in Redaktionen

Zu den Unterstützern von Trump gehört allen voran der Sender Fox News, aber auch rechtspopulistische Websites wie Breitbart und viele kleinere konservative Zeitungen und Fernsehsender.

"Sie haben sich schon im Wahlkampf für Trump stark gemacht", sagt Dr. Stephan Weichert, Professor für Journalismus und Kommunikationswissenschaft an der Hamburg Media School. Trumps langjähriger Anwalt heißt zwar Michael Cohen, seine mächtigsten Verteidiger weiß Trump jedoch vor allem in Redaktionen. Wie kommt das?

"Cheering" für Donald Trump

Weichert erklärt: "Das US-Mediensystem ist anders organisiert als in Deutschland, wo wir private und öffentlich-rechtliche Sender haben. Die Medien können politisch viel deutlicher verortet werden als hierzulande."

In den USA sei es nicht unüblich, dass Moderatoren im Fernsehen eine Art "cheering" für Politiker betreiben - also Beifall für deren Politik spenden.

"Viele Moderatoren biedern sich an und machen Werbung für ein politisches Lager. Sie outen sich als Fans und hofieren die Politiker teilweise", so Experte Weichert.

Was unter Obama schon spürbar gewesen sei, habe unter Trump eine extreme Form erreicht und stellenweise nichts mehr mit unabhängiger Medienberichterstattung zu tun. "Besonders gefährlich ist, dass dies unter dem Deckmantel der Demokratie geschieht und viele Bürger es nicht als Beeinflussung wahrnehmen", warnt Weichert.

Trump-Fan Sean Hannity

Einer der treuen Trump-Fans ist Radio- und Fernsehmoderator Sean Hannity. Hannity, der als einer der einflussreichsten konservativen Meinungsmacher gilt, moderiert täglich die dreistündige Talk-Radiosendung "Sean Hannity Show" und die einstündige Fernsehsendung "Hannity" im Abendprogramm von "Fox News".

Dort kommentiert er das aktuelle Geschehen stets reingewaschen von Kritik an Trump und verdreht Skandalmeldungen im Sinne des Präsidenten.

"Das funktioniert zum Beispiel so, dass vom Kern der Nachricht abgelenkt wird", meint Weichert. Etwa, wenn bei neuen Enthüllungen nicht der publik gewordene Skandal, sondern der "Leak" – die Veröffentlichung von Informationen - im Vordergrund steht.

Werbe-Tweet als Dankeschön

Fox-Moderator Greg Gutfeld sagte beispielsweise im Bezug auf die Russland-Affäre: "Alle wollen, dass diese Sache endlich abgeschlossen wird – außer den Leuten, die nicht wollen, dass die Sache endlich abgeschlossen wird. Und das sind die Wahlverlierer. Die Sache ist dünn wie Papier, aber sie halten sich daran fest."

Obgleich die FBI-Ermittlungen zur Affäre noch laufen, äußerte sich Hannity ähnlich: "Erinnern wir uns, diese ganze Hexenjagd sollte um geheime Absprachen zwischen Trump und Russland gehen. Dieser Anhaltspunkt existiert nicht, hat noch nie existiert". Gleichzeitig wird gegen andere Medien gewettert: "Die New York Times versucht, Sie aufs Glatteis zu führen", warnte Hannity.

Trump bedankt sich im Gegenzug mit Werbung in Form von Tweets: "@seanhannity on @foxandfriends now! Great!"

Zu Trumps Medien-Bastion zählen auch Moderatorin Laura Ingraham mit ihrer Show "The Ingraham Angle" auf "Fox News", Radiomoderator Alex Jones mit seiner Website "infowars" und Tucker Carlson, häufiger Kommentator bei "Fox News". Sie alle bescheinigen Trump stets besten Charakter- und Führungsstil.

Trump setzt Agenda

"Trump ist sehr geschickt, wenn es darum geht, Nachrichtenfaktoren zu bedienen, auf die die Medien abfahren: Negativität, Sensationalismus, Krisen oder Kriege. Mit seinen Twittermeldungen beeinflusst er so die Nachrichtenagenda", erklärt Kommunikationswissenschaftler Weichert.

"Die Medien, die sich nicht so sehr für Hintergrundrecherche interessieren, sondern für starke Bilder und Provokationen, springen schnell auf diesen Zug auf und berichten über Trump", beobachtet der Experte. Unterstützung beginne schon dort, wo überhaupt berichtet wird – auch über Nichtigkeiten und Luftnummern.

Weniger bekannt sein dürfte zwar der Trump-freundliche Medienkonzern Sinclair, er ist mit mehr als 190 lokalen TV-Sendern aber eines der größten Rundfunkunternehmen in den USA. Dort verlesen Moderatoren nicht nur identische Manuskripte, es wird auch Pro-Trump-Propaganda von Kommentatoren wie Boris Epshteyn, Ex-Berater Trumps, betrieben.

Renaissance des Qualitäts-Journalismus

"Nebelkerzen, die Trump anzündet, werden unkritisch übernommen und einfach durchgereicht, teilweise auch falsche Fakten", erklärt Weichert. Gerade das kritische Hinterfragen sei aber eine der Hauptaufgaben des Journalismus.

"Wenn sich Journalisten Botschaften unhinterfragt anschließen, kann man das nicht mehr Journalismus nennen", betont er. Wenn aktive Recherche seitens der Journalisten fehle, werde Trump passiv unterstützt.

Eine gute Nachricht hat Weichert dennoch: "Die Qualitätsmedien versuchen, Trump seine Machenschaften nachzuweisen, Skandale zu enthüllen und erleben eine Renaissance."

Moderatoren als Präsidentenflüsterer

Trump bietet den Medien einiges, wenn er sich als eigenes Medienunternehmen präsentiert: Aussagen, die sich auf wenige Zeilen herunterbrechen lassen, garantierte Aufmerksamkeit und damit letztlich steigende Quoten und Umsatz. Die Symbiose wäre nicht perfekt, wenn nicht auch die Medien Wirkung auf Trump entfalten würden.

"Inzwischen scheinen TV-Moderatoren Trumps wichtigste Berater zu sein", meint stern-Herausgeber Andreas Petzold dazu. Er schreibt: "Nachdem Trump alle Berater und Minister herausgeworfen hat, die ihm nicht zu Füßen lagen, haben die Fox-Moderatoren die Steuerung des Präsidenten übernommen". Auf deren Lob und Kritik reagiere Trump wie ein Pawlowscher Hund.

Die "Süddeutsche" spitzte das sogar zur Aussage zu: "Trump ist Fox-News-Programmchef. Und Fox News gestaltet das Programm von Trump."

Marionette der Medienindustrie?

Weichert will sich dem nicht anschließen: "So eindeutig würde ich es nicht sagen. Wenn man Trump als Marionette der Medienindustrie versteht, unterschätzt man ihn." Trump verbringe neben seinem Amt die meiste Zeit damit, Fernsehen zu gucken.

"Er versucht von den Medien zu lernen. Schon vor seiner Kandidatur hat er sich intensiv damit auseinandergesetzt, worauf die Medien, insbesondere Fox News, anspringen", meint Experte Weichert.

"Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen dem, wie Trumps Präsidentschaft funktioniert und dem, wie die Medien funktionieren. Trump hat sich den Gepflogenheiten der Medien stark angepasst", betont er.

Trotzdem sieht auch Weichert: "Wenn Trump das Fox-Lager verlieren würde, würde ihn das deutlich schwächen." Dann fehle ihm eine verlängerte Trompete. "Fox profitiert stark von Trump, außerdem ist er mit Gründer Rupert Murdoch befreundet. Trump kann sich der Unterstützung also sicher sein", so Weichert.

Lange Zeit lautete der Slogan von Fox News "We report. You decide" - "Wir berichten. Sie entscheiden". Eigentlich ein Bekenntnis zur ausgewogenen und unabhängigen Berichterstattung.

Dr. Stephan Weichert ist Professor für Journalismus und Kommunikationswissenschaft und leitet den berufsbegleitenden Masterstudiengang Digital Journalism an der Hamburg Media School. Er ist Mitbegründer des Thinktanks VOCER.org und Veranstalter des VOCER Innovation Day.


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