In seiner Rede zur Lage der Nation hat US-Präsident Donald Trump friedvolle, vereinende Töne angeschlagen. Dennoch gehen die Meinungen zu Trumps Ansprache vor dem Kongress weit auseinander.
"Einheit" war das vornehmliche Thema von Donald Trumps erster Rede zur Lage der Nation. "Ich rufe uns alle auf, unsere Differenzen beizulegen, einen gemeinsamen Nenner zu finden und die Einheit zu schaffen, die wir brauchen", rief der US-Präsident seinen Zuhörern gleich zu Beginn entgegen.
Trump gibt sich ungewohnt zurückhaltend
Einig sind sich Beobachter darin, dass Trump sich wesentlich zurückhaltender zeigte als üblich. Trump intonierte "eine Melodie, die man von diesem so gerne austeilenden Präsidenten noch selten gehört hat", formuliert es die '"Welt".
Vom Ton einmal abgesehen gehen die Bewertungen der Rede allerdings weit auseinander.
Laut einer Umfrage des amerikanischen Nachrichtensenders CNN hatten 48 Prozent der Zuschauer einen "sehr positiven" Eindruck von der Rede. Weitere 22 Prozent hatten zumindest einen "etwas positiven" Eindruck.
Dennoch hat keine Rede zur Lage der Nation in einer CNN-Umfrage jemals so schlecht abgeschnitten. Der Sender führt die Umfragen seit 1998 durch.
"Inspirierend und kraftvoll"
Aus dem Trump-Lager ertönte hingegen lauter Beifall. Vize-Präsident
Donald Trump Jr. stellte sich ebenfalls hinter seinen Vater und twitterte kurz und bündig "Er hat den Nagel auf den Kopf getroffen!".
Doch Lob kam nicht nur von hochrangigen Republikanern. Der amerikanische Meinungsforscher Frank Luntz schrieb: "Heute Abend schulde ich Donald Trump eine Entschuldigung. Heute Abend war ich bewegt und inspiriert. Heute Abend habe ich wieder Hoffnung und Glauben in Amerika. Es könnte morgen schon wieder vorbei sein... Aber heute Abend ist Amerika wieder groß."
Auch die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" fand positive Zeilen für den Präsidenten: "Allen Negativschlagzeilen der vergangenen Tage zum Trotz bot sich Donald Trump bei seiner ersten Rede zur Lage der Nation als Präsident einer besseren Zukunft an", schreibt die Tageszeitung.
"Kein guter Tag für Fakten"
Von schönen Worten und rosigen Zukunftsvisionen könne man sich nichts kaufen, meint hingegen die Washington Post". Sie kommentiert: "Es war ein großer Tag für Metaphern und Stärke, aber kein so guter für Fakten". Trump nehme etwa den allgemeinen Lohnanstieg als seinen Erfolg in Anspruch, dabei stammten die Grundlagen klar aus Barak Obamas Präsidentschaft.
Dieser Meinung schließt sich Jonathan Chait vom Magazin "New York" an. Dieser kritisiert insbesondere Trumps Sinneswandel im Bezug auf die Beurteilung des Wohlstand der Vereinigten Staaten: "Nachdem er die amerikanische Wirtschaft vor seiner Wahl noch als trostlose Einöde darstellte, hat er ihr das neue Image eines unvorstellbaren Reichtums verpasst, der angetrieben wird durch seine brillanten Reformen. In Wirklichkeit hat sich nichts verändert."
Trumps ehemaliger Kontrahent Bernie Sanders kritisiert auf Twitter Trumps Einwanderungspolitik: "Trump hat über DACA und Immigration geredet, aber was er der amerikanischen Bevölkerung verschweigt, ist, dass er diese Krise im September überstürzt angegangen ist, als er die Anordnung von Präsident Obama widerrief."
Prominente gegen Trump
Unter den Kritikern von Trumps Rede zur Lage der Nation befanden sich auch einige Promis, wie etwa Schauspieler und Komödiant Jim Carrey. Dieser twitterte das Bild eines weinenden Abraham Lincoln.
Carreys Schauspiel-Kollegin Elizabeth Banks twitterte, dass sie aus Frust aufgehört habe, sich die Rede anzuschauen, als der Präsident zum Thema Flüchtlinge kam. Trump will nach wie vor den Familiennachzug nur für Ehepartner und Kinder gewähren.
"PS: Nicht alle Immigranten sind in mörderischen Gangs, einer hat heute mein Haar gefärbt - das sollte ich nicht wirklich sagen müssen, oder?", empörte sich Banks.
Letztlich bleibt also viel Skepsis, wenn es um Trumps Vision eines vereinten Amerikas geht. "Trump wird die Pose des einenden Staatsmannes wohl kaum lange durchhalten, üblicherweise dauert es bei ihm nach derartigen Auftritten nur wenige Tage, bis er wieder in wütenden Tweets auf seine Gegner losgeht", schreibt der "Spiegel".
Das Gegenteil muss Donald Trump erst noch beweisen.
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