Nachdem bei einem Auftritt von Donald Trump in El Paso ein Kameramann des TV-Senders BBC von einem wütenden Trump-Anhänger angegriffen worden war, sieht sich der US-Präsident einmal mehr mit dem Vorwurf konfrontiert, derartige Attacken gegen die Medien mit seiner aggressiven Rhetorik zu provozieren und letztlich zu verantworten. In El Paso hatte Trump den Medien erneut Fake News vorgeworfen, bei dem Auftritt selbst aber nachweislich Unwahrheiten verbreitet.

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Nach dem Angriff auf einen Kameramann bei einer Wahlkampfveranstaltung von Donald Trump haben Korrespondenten den US-Präsidenten aufgerufen, sich klar gegen solche Attacken zu positionieren.

Ein Trump-Anhänger hatte am Montagabend (Ortszeit) bei einem Wahlkampfauftritt des Präsidenten in El Paso im US-Bundesstaat Texas Kameramann Ron Skeans vom britischen Fernsehsenders BBC während des Filmens heftig geschubst und beschimpft.

Der Angreifer trug eine Kappe mit dem Trump-Slogan "Macht Amerika wieder großartig" und brüllte Anti-Medien-Parolen, als er auf den BBC-Mann losging.

Skeane blieb unverletzt. Der ebenfalls bei der Veranstaltung anwesende Washington-Korrespondent der BBC, Gary O'Donoghue, berichtete, der Trump-Fan habe versucht, die BBC-Kamera zu zertrümmern.

Trump selbst hatte die Szene mitbekommen und seine Rede unterbrochen, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei mit dem Journalisten.

Der Verein der Korrespondenten, die über das Weiße Haus berichten, verurteilte die Attacke. "Wir sind erleichtert, dass diesmal niemand ernsthaft verletzt wurde", sagte deren Präsident Olivier Knox am Dienstag in Washington.

Trump soll sich gegen Gewalt aussprechen

Er mahnte zugleich, Trump müsse seinen Anhängern unmissverständlich klar machen, dass Gewalt gegenüber Reportern nicht hinnehmbar sei.

Der Sender BBC schrieb nach eigenen Angaben an die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, und forderte sie auf, die Sicherheitsvorkehrungen für Journalisten bei Wahlkampfauftritten Trumps zu überprüfen.

Sanders erklärte, der Präsident verurteile jegliche Gewalttaten gegen einzelne Personen oder Gruppen - auch gegen Journalisten. "

Wir rufen alle auf, die an einer Veranstaltung teilnehmen, sich friedlich und respektvoll zu verhalten." Mit Blick auf die Sicherheitsvorkehrungen verwies sie an die Verantwortlichen von Trumps Wahlkampfkampagne.

Trump nennt Medien "Feinde des Volkes"

Journalisten werden bei Trumps Wahlkampfveranstaltungen regelmäßig ausgebuht und beschimpft - befeuert durch die Medienschelte des Präsidenten, der Journalisten als "Feinde des Volkes" verunglimpft.

Auch in El Paso beklagte sich Trump am Montagabend auf der Bühne über vermeintlich lügnerische Berichterstattung ("fake news").

Dabei hatte der US-Präsident in El Paso selbst Fake News verbreitet, indem er falsche Behauptungen aus seiner Rede über die Lage der Nation in der texanischen Grenzstadt erneuerte.

El Paso hätte vor dem Bau eines Grenzzauns zur mexikanischen Rede "eine extrem hohe Rate von Gewaltverbrechen, eine der höchsten im Land" gehabt und sei "eine der gefährlichsten Städte" gewesen, hatte Trump vergangene Woche in seiner "State of the Union"-Rede vor dem Kongress erklärt und behauptet: "Nach dem Bau einer mächtigen Barriere aber ist El Paso jetzt eine der sichersten Städte."

Diese Aussage hatte er nun vor Ort erneuert und seinen Anhängern bei der Veranstaltung in El Paso zugerufen: "Mauern funktionieren!"

Dabei hatte Trump erneut Unwahrheiten in die Welt gesetzt, die auch die politischen Verantwortlichen in El Paso auf die Barrikaden brachten.

El Paso wütend über Trumps Unwahrheiten

Dee Margo, republikanischer Bürgermeister von El Paso, war über Trumps Aussagen erbost und hatte darauf hingewiesen, dass der Grenzzaun zwar die illegale Einwanderung unterbunden habe, keineswegs aber der einzige Grund für einen Rückgang der Kriminalität sei.

Die örtliche Tageszeitung "El Paso Times" hatte zuvor bereits anhand von Daten und Statistiken ermittelt, dass die Kriminalitätsrate vor rund 25 Jahren in El Paso am höchsten gewesen sei, da sich im benachbarten mexikanischen Grenzort Ciudad Juárez Drogenkartelle Revierkämpfe geliefert hätten.

Ab 1993 aber war die Kriminalitätsrate um etwa ein Drittel zurückgegangen und tatsächlich wieder angestiegen, als 2008 unter Anweisung des damaligen US-Präsidenten George W. Bush der Grenzzaun errichtet und 2009 fertiggestellt worden war. Aber erst 2011 sank die Kriminalitätsrate wieder.

Der Polizeichef von El Paso wurde noch deutlicher als Margo: "Es ist traurig zu hören, dass Präsident Trump Unwahrheiten über El Paso verbreitet", erklärte Richard Wiles. Er erkenne darin "einen Versuch, den Bau einer 2.000 Meilen langen Mauer zu rechtfertigen".

Dabei sei die Faktenlage klar, so Wiles: "El Paso ist zwar eine der sichersten Städte der Nation, wurde aber nie als eine der gefährlichsten Städte unseres Landes betrachtet. Und El Paso war schon lange vor dem Bau einer Mauer eine sichere Stadt."

Journalistenverbände mahnen seit langem, Trumps aggressive Rhetorik gegenüber Medien sei gefährlich und stachele zu Attacken auf Reporter an.

Im vergangenen Oktober hatte Trump einen Kongressabgeordneten für den gewaltsamen Übergriff auf einen Journalisten gelobt und sich auch damit heftige Kritik eingehandelt. (mwo/dpa/afp)

Korrektur: In einer früheren Version wurde "im Bundestaat El Paso" statt "im Bundesstaat Texas" geschrieben.
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