Die Zwischenwahlen in den USA sind auch eine Abstimmung über Donald Trump. Denn knapp zwei Jahre nach dem Wahlsieg des US-Präsidenten sind das Land und die Welt nicht mehr, wie sie waren.
Am 6. November wählen die US-Amerikaner das Repräsentantenhaus, ein Drittel der Senatoren und 36 Gouverneure der Bundesstaaten neu. Auch wenn er selbst nicht auf den Wahlzetteln steht: Seit Monaten tourt
Denn verlieren seine Republikaner die Mehrheit in einem der beiden Häuser des Kongresses, würde das Regieren für den Präsidenten zumindest schwieriger. Die politischen Diskussionen kreisen ohnehin vor allem um: ihn.
Die Zwischenwahlen seien auch eine Abstimmung über Trump, sagt Tobias Endler, Amerika-Experte an der Universität Heidelberg, im Gespräch mit unserer Redaktion.
In den zwei Jahren seiner Amtszeit hat der umstrittene Präsident nicht nur sein Land, sondern die ganze Welt im Bann gehalten. Eine Übersicht über die wichtigsten Veränderungen.
Weniger Zuwanderer - auch ohne Mauer
Innenpolitische Weichen hat Trump mit der Ernennung von zwei Richtern am Obersten Gerichtshof gestellt. Diese werden viel länger im Amt sein als er selbst, erklärt Endler. "Und es ist abzusehen, dass sie Grundsatzfragen neu aufreißen werden, die eigentlich erledigt schienen. Zum Beispiel zu Abtreibung oder Minderheitenrechten."
Allerdings lässt sich auch feststellen: Zentrale Wahlversprechen hat Trump bisher nicht umgesetzt. Die Abschaffung der Krankenversicherung "Obamacare" hängt in der Luft und ist auch unter den Republikanern umstritten. Der Bau einer Mauer oder eines Zauns entlang der mexikanischen Grenze ist über erste Prototypen in der Wüste nicht hinausgekommen.
Doch muss Trump überhaupt Gesetze durch den Kongress bringen, um seine Ziele zu erreichen? Die Zahl der illegalen Einwanderer an der US-Südgrenze sinkt ohnehin seit einigen Jahren, 2017 ist sie besonders deutlich zurückgegangen.
Ähnliches gilt für die legale Zuwanderung. Wenn man zynisch sei, könne man das als Erfolg ansehen, meint Endler. "Das ist auch auf Trumps aggressive Rhetorik zurückzuführen
Die Medien als Feind
Dass Amerikas Konservative eine Gegnerschaft zu den Medien aufbauen, ist nicht neu. Schon 1971 bezeichnete der spätere Supreme-Court-Richter Lewis Powell Universitäten, Medien, Künste und Wissenschaft als Feinde. Für Donald Trump sind sie das in besonderem Maße.
Ein Beispiel: Nachdem bekannt wurde, dass hochrangige demokratische Politiker und liberale Medien Rohrbomben erhalten hatten, äußerte sich Trump nicht etwa als ausgleichendes Staatsoberhaupt. Er gab auf Twitter den Medien die Schuld an gesellschaftlicher Wut. Warum die angeblich zu linken Medien dazu beitragen sollten, dass Bomben an demokratische Politiker geschickt werden - das erklärte er nicht.
Vertiefte gesellschaftliche Spaltung
Trump macht in erster Linie Politik für seine Wählerschaft. "Er ist nicht mehr nur Ausdruck der Veränderungen in den USA. Er treibt die gesellschaftliche Spaltung inzwischen selbst aktiv und gezielt voran", sagt Endler.
Der Experte veranschaulicht die Entwicklung mit einem Bild: Man könne sich das Land wie eine viktorianische Villa vorstellen, in deren Salon die demokratischen Debatten stattfinden.
"Trump hat in diesem Salon ein Loch in den Boden gerissen, aus dem jetzt ein übler Geruch nach oben steigt. Dieser Kellergeruch Amerikas enthält Nationalismus, Rassismus, Frauenfeindlichkeit, die Einschränkung der Meinungsfreiheit, die Attacke auf Andersdenkende und oftmals schlichte Verleumdung."
Und dieser Geruch hafte in den Klamotten von allen, die sich in der Villa aufhalten. "Auch Trumps Gegner können sich ihm nicht mehr entziehen."
Endler nennt das Beispiel der Senatorin Elizabeth Warren: Die Demokratin hatte angegeben, indianische Vorfahren zu haben - was Trump als Lüge bezeichnete. Warren sah sich daraufhin gezwungen, einen Gentest machen zu lassen. Das Ergebnis: Der Anteil indianischen Erbguts soll bei ihr geringer sein als im Durchschnitt weißer Amerikaner.
Warrens Gegenstrategie habe die Dinge nur noch schlimmer gemacht, kommentierte der Fernsehsender CNN. Wer sich auf Trumps Spiele einlässt, riskiert zu verlieren.
Angst als Mittel der Politik
"Die USA waren in Teilen schon immer paranoid", sagt Endler. "Nicht wenige Menschen sehen das Land in der ständigen Gefahr, von innen oder von außen unterwandert zu werden." Dieses Gefühl bedient auch Trump. Dass sich Tausende Flüchtlinge aus Honduras derzeit auf dem Weg in die USA befinden, wird ihm möglicherweise politisch in die Hände spielen.
Angst spielt aber auch im Inneren der Regierung eine zentrale Rolle. Zu Trumps legendärem Ruf hatte vor seiner Politiker-Karriere die TV-Reihe "The Apprentice" beigetragen, in der er Teilnehmer mit dem Spruch "You are fired" nach Hause schickte.
Das Spiel mit der Unsicherheit spielt er auch jetzt. "Im Weißen Haus und in den Ministerien wird inzwischen angsterfüllt regiert", sagt Endler. "Keiner kann sich mehr sicher sein, wie lange er noch in seiner Position bleibt. Diese Stimmung treibt Trump voran."
Außenpolitische Unsicherheit
Aus europäischer Sicht dürfte unstrittig sein, dass Trump die Welt verändert hat. Eigentlich steht die eher schleppende Umsetzung seiner innenpolitischen Ideen sogar im Gegensatz zu seinen vielen außenpolitischen Aktionen: Trump hat den Pariser Weltklimavertrag und das Iran-Abkommen gekündigt, ein transpazifisches Freihandelsabkommen ebenso.
"Das Land zieht sich von der Weltbühne zurück, der Gedanke der internationalen Solidarität ist extrem unter Beschuss geraten", erklärt Endler.
Wer noch Freund, wer Feind der USA ist, ist zunehmend unklar. Trump ist das Kunststück gelungen, den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-Un an einen Tisch zu holen. Die NATO hat er dagegen als obsolet bezeichnet, mit der EU wegen unfairer Zölle einen Handelskrieg angezettelt.
Folgen könnte es auch haben, wenn die USA sich wirklich aus dem INF-Vertrag mit Russland zum Verbot von Mittelstreckenraketen zurückziehen. Dieser Schritt könnte eine Rüstungsspirale nach sich ziehen, sagt Endler: "Die Russen haben den Vertrag so lange mitgetragen, wie die Amerikaner mitgemacht haben. Wenn auch sie jetzt aussteigen, hat das Konsequenzen für uns in Europa."
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Dr. Tobias Endler, Universität Heidelberg
- CNN politics: Elizabeth Warren might have actually made things worse with her DNA gambit
- National Public Radio, NPR.org: 3 Charts That Show What's Actually Happening Along The Southern Border
- Süddeutsche.de: Wer Amerika nach rechts rückte
- Twitter-Account von Donald Trump (the real Donald Trump)
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