Es war eines der am lautesten vorgetragenen Versprechen von Donald Trump im Wahlkampf: Die Abschaffung von "Obamacare", der Gesundheitsreform von seinem Vorgänger Barack Obama. Doch der US-Präsident bekam keine Mehrheit. Bei ihm könnte ein Lerneffekt einsetzen.
Die Abstimmung sollte zeigen, dass
Doch am Freitag platzte dann die politische Bombe. Die Abstimmung über eine Reform der Gesundheitsreform von Obama wurde abgeblasen. Das verkündete Trump wiederum via Telefon dem Reporter Robert Costa von der "Washington Post", der es umgehend twitterte.
Erst danach verkündete es der Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, offiziell. Aus seiner Feder stammte der neue Gesetzentwurf. Und eigentlich stand es gut dafür.
Republikanische Mehrheit reicht Donald Trump nicht
Im Repräsentantenhaus haben die Republikaner eine deutliche Mehrheit, sie haben 237 Sitze, die Demokraten 194.
Doch die Mehrheit reichte nicht, weil mindestens 22 Abgeordnete aus den eigenen Reihen eine Zustimmung verweigerten. Trump wird später von weiteren fünf bis zwölf Stimmen sprechen, die ihm fehlten, andere von über 30 Abgeordneten, die gegen ihn gestimmt hätten.
Und das, obwohl Trump nach Angaben seines Sprechers Sean Spicer bis zu 120 Einzelgespräche mit Parlamentariern geführt hat, um sie doch noch umzustimmen. Er selbst wird später dazu sagen: "Wir haben heute viel gelernt, auch über Loyalität."
Den einen geht der Gesetzentwurf zu weit ...
Trump hatte an zwei Fronten in der eigenen Partei zu kämpfen. Einerseits mit den gemäßigten Republikanern der sogenannte Tuesday Group. Ihnen sind die Konsequenzen aus der Abschaffung von "Obamacare" offenbar zu drastisch - weil Millionen bisher versicherte Amerikaner wieder ohne bezahlbare Krankenversicherung dastehen könnten.
Das unabhängige Budgetbüro des Kongresses schätzt, dass trotz der jüngsten Nachbesserungen nach dem Plan der Republikaner im kommenden Jahr 14 Millionen weniger Amerikaner krankenversichert wären als unter "Obamacare". Im Jahr 2026 wären es sogar 24 Millionen weniger.
Viele von ihnen blicken offenbar bereits auf die 2018 anstehenden Midterm Elections - und sorgen sich darum, dass unzufriedene Wähler dann einen demokratischen Gegenkandidaten wählen könnten.
... den anderen nicht weit genug
Und dann gibt es da noch eine zweite Gruppe von Republikanern, die ebenfalls nicht für den Gesetzentwurf stimmen wollten. Es handelt sich um den sogenannten Freedom Caucus, eine Gruppe konservativer Republikaner.
Die Mitglieder des Freedom Caucus gelten als ideologische Hardliner, die der Tea Party-Bewegung nahe stehen und dem Staat möglichst wenig und dem freien Markt möglichst viel Macht geben wollen. Ihnen geht der Reform-Entwurf von Trump nicht weit genug.
Der Dealmaker stößt an seine Grenze
Trump ist in einer Zwickmühle - sozusagen in der eigenen Partei gefangen. Er nutzt das für eine Systemkritik, an den verkrusteten Abläufen in Washington, an den Machtkämpfen.
Mick Mulvaney, der Chef des Haushaltsbüros im Weißen Haus, sagte laut "Tagesschau.de": "Die Leute kümmern sich immer noch um die falschen Dinge, um Sonderinteressen, um ihre Wiederwahl, statt darum, das Richtige zu tun."
Ähnlich äußerte sich US-Vizepräsident Mike Pence. Das Scheitern sei ein "Sieg für den Status quo in Washington, aber ich verspreche Ihnen, dass er nicht lange andauern wird", sagte er in einer Rede in West Virginia.
Schon im Wahlkampf hatte sich Trump immer wieder gegen das politische Establishment in Washington gewendet und sich selbst demgegenüber als Dealmaker mit großem Verhandlungsgeschick dargestellt. Aber im politischen Betrieb ist er gerade an seine Grenze gestoßen.
Retten ausgerechnet die Demokraten Donald Trump?
Sein Heil suchte er zunächst im Angriffsmodus und machte die Demokraten für die gescheiterte Reform von "Obamacare" verantwortlich.
Zu Costa, jenem Reporter von der "Washington Post", den er nach der Absage der Abstimmung am Freitag persönlich anrief, sagte er, dass es hart sei "wenn du fast 100 Prozent der Stimmen brauchst, und wir keine Stimmen, null, von den Demokraten bekommen."
Dann droht er, Obamacare weiterlaufen und die Kosten explodieren zu lassen: "Ich sage seit Jahren, dass es das Beste wäre, Obamacare einfach explodieren zu lassen und dann einen Deal mit den Demokraten zu machen."
Offenbar setzt Trump auf die Einsicht der Demokraten - fernab der Animositäten und Grabenkämpfe, die es in Washington schon lange vor seiner Zeit gegeben hat und die er nun ausbaden muss.
Demokraten können sich Zusammenarbeit vorstellen
Auf seine Art reicht er dem politischen Gegner damit die Hand - und würde damit offenbar zugleich Teile seiner eigenen Partei an den politischen Rand drängen.
Auf die Frage, ob es vielleicht besser wäre, einen überparteilichen Deal zu machen, statt sich auf die republikanischen Hardliner zu verlassen, sagte Trump: "Viele Leute würden das vielleicht sagen." Dann gäbe es die Chance auf eine wirklich besser Gesundheitspolitik - und man würde den Freedom Caucus nicht brauchen.
Auf Twitter wird er später den republikanischen Hardlinern vorwerfen, maßgeblich am Weiterbestand von "Obamacare" schuld zu sein. Es wirkt fast so, als wäre Trump tatsächlich lernfähig - und würde nun lieber auf einen breiten Konsens statt auf den politischen Rand setzen.
Auch die Demokraten können sich eine Zusammenarbeit vorstellen. Dafür müssten die Republikaner aber damit aufhören,
Dann kritisiert er Trumps Herangehensweise: Dieser habe "ein grundsätzliches Fehlen von Kompetenz" bei den Verhandlungen gezeigt. "Man kann die Präsidentschaft nicht wie einen Immobiliengeschäft führen."
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