US-Präsident Donald Trump wettert in Brüssel gegen die deutsche Handelspolitik. Vor allem den Verkauf von Autos wolle er "stoppen". Aber wie? Ein Wirtschaftsexperte erläutert seine möglichen Waffen – und die Gründe für Deutschlands Stärke, die zur großen Schwäche werden kann.
Es ist nicht so, dass
Sein Problem ist nur: Viele seiner Landsleute teilen seine Vorliebe für deutsche Fabrikate. "Schauen Sie sich die Millionen von Autos an, die die Deutschen in den USA verkaufen. Fürchterlich. Wir werden das stoppen", soll er laut "Spiegel" beim Treffen mit der EU-Spitze in Brüssel am Donnerstag gesagt haben.
Doch was kann Trump wirklich tun? Und warum hat die Bilanz der beiden Wirtschaftssupermächte so eine Schlagseite?
Zusammen mit Thore Schlaak vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) beantworten wir die wichtigsten Fragen zum Handelsstreit zwischen den USA und Deutschland.
Was führt zum Überschuss gegenüber den USA?
Deutschland hat 2016 Waren im Wert von 107 Milliarden Euro in die USA exportiert, vor allem Autos, Maschinen und Anlagen, Pharmaprodukte sowie elektronische Geräte.
Im Gegenzug lieferten die USA Waren für 58 Milliarden Euro. Der enorme Überschuss habe drei Gründe, sagt Wirtschaftswissenschaftler Thore Schlaak.
"Die hohe Nachfrage aufgrund der hohen Qualität der Waren, die preisliche Wettbewerbsfähigkeit und die Sparneigung der immer älter werdenden Gesellschaft."
Anders gesagt: Die USA lieben "Made in Germany", deutsche Produkte sind billig und deutsche Rentner kaufen wenig IPads.
Was hat der Euro damit zu tun?
Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro bezeichnete den Euro im Februar als "implizite D-Mark". Der Vorwurf aus den USA lautet auf vorsätzliche Unterbewertung der europäischen Währung, damit deutsche Produkte billiger sind.
Zwar profitiert Deutschland tatsächlich von der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank EZB, die den Markt mit Geld flutet, was den Euro schwächt.
"Aber Deutschland manipuliert den Euro nicht", sagt Schlaak vom DIW. "Die EZB zielt mit ihrer Geldpolitik auf den gesamten Euroraum, also auch auf Italien und Spanien."
Ist ein Exportüberschuss immer gut?
"Wirtschaftlich ist das nicht eindeutig, weil gleichzeitig Kapital exportiert wird", sagt Schlaak. Das gilt ebenso für die Gegenseite: Ein Defizit muss nicht schlecht sein.
Eine Gesamtrechnung lässt sich schwer aufstellen, denn deutsche Firmen investieren auch in den USA und sichern dort Jobs.
Die allgemeine US-Wirtschaftslage hat sich trotz des Defizits verbessert, genau wie in Deutschland hat sich die Lage am dortigen Arbeitsmarkt entspannt.
Fest steht für Schlaak jedoch: "Permanente Überschüsse oder Defizite sind ein Problem."
Was genau ist das Problem für Deutschland?
Die Länder auf der negativen Seite der Bilanz überschulden sich, was im Übrigen wie im Fall Griechenlands auch wieder Schwierigkeiten für wirtschaftlich potente Ländern nach sich ziehen kann.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte diese Gesamtsituation im Auge, als er die wirtschaftliche Stärke Deutschlands im Wahlkampf als "nicht tragbar" und "schlecht für die Eurozone" kritisierte.
Ein Land wie Deutschland sieht sich noch einem anderen Problem gegenüber: Weil durch die Überschüsse Kapital ins Ausland abfließt, fehlt es an Investitionen im eigenen Land.
"Das gefährdet das zukünftige Wachstum", sagt Thore Schlaak. Deswegen fordern Experten wie der DIW-Chef Marcel Fratzscher einen Abbau des Leistungsbilanzüberschusses (errechnet aus Exportüberschuss und Dienstleistungsbilanz), der derzeit bei 270 Milliarden Euro liegt, was neun Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht.
Der Staat solle massiv in Bildung, Infrastruktur und Innovation investieren. Die Wirtschaft könne außerdem die Löhne deutlich erhöhen - das würde zwar deutsche Produkte verteuern, aber den Binnenmarkt stärken.
Was hat Trump in der Hand?
Wenn Donald Trump wirklich den Erfolg der Autoindustrie stoppen will, hat er mehrere Instrumente zur Hand, erklärt Schlaak.
"Es gebe die Möglichkeit, Quoten aufzustellen, den Markt für deutsche Unternehmen schärfer zu regulieren oder eine Grenzausgleichssteuer einzuführen.
Letztere wirkt aber ohnehin wie Zölle, und das scheint mir auch Trumps Mittel der Wahl."
Immer wieder sprach der US-Präsident zuletzt von einem Importzoll von 35 Prozent.
Wie wahrscheinlich ist ein Handelskrieg?
Bei allem Säbelrasseln: Noch hat Trump keine konkreten Maßnahmen getroffen, die einen offenen Handelskrieg bedeuten. Schlaak hält das Szenario von Strafzöllen auch für unrealistisch.
"Die US-Wirtschaft ist in der kurzen Frist strukturell nicht flexibel genug, die Waren selbst bereitzustellen. Also würden Importzölle mittel- und kurzfristig die Preise steigen lassen, was Trumps Klientel träfe: Menschen mit geringen und mittleren Einkommen."
Das Ifo-Wirtschaftsinstitut hat im vergangenen Jahr errechnet, dass eine komplette Abschottung gegenüber allen Handelspartner mit Importzöllen von 45 Prozent die Wirtschaft der USA um zehn Prozentpunkte einbrechen lassen würde.
Laut "Süddeutscher Zeitung" bereitet sich die Europäische Union trotz alledem auf ein solches Szenario vor.
Schlaak vermutet, dass Brüssel mit eigenen protektionistischen Maßnahmen reagieren würde: "Handelskriege laufen in den meisten Fällen auf eine Lose-Lose-Situation hinaus."
Würde ein Handelskrieg der deutschen Wirtschaft gefährlich?
Die USA sind der größte Handelspartner Deutschlands, rund eine Million Jobs hängen direkt oder indirekt von Ausfuhren in die USA ab.
Strafzölle würden die Umsätze der Exportunternehmen und damit auch Arbeitsplätze gefährden.
"Kurzfristig hätte das negative Effekte", sagt Thore Schlaak. In der Eurokrise habe die deutsche Wirtschaft aber schon einmal bewiesen, dass sie flexibel reagieren kann.
"Sie hat dann andere Absatzmärkte erschlossen." Schlaak denkt dabei vor allem an Asien.
So verwundert es kaum, dass die EU, die für Deutschland Handelsverträge schließt, gerade Abkommen mit Vietnam, Singapur und Südkorea getroffen hat. Verhandlungen laufen mit Japan und Mexiko.
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