SPÖ-Kulturminister Thomas Drozda will den Wiener Heldenplatz umbenennen, weil er "historisch belastet" sei. Kanzler Christian Kern reagiert zurückhaltend, Ablehnung und Kritik kommen von ÖVP und FPÖ.

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Diese Diskussion bewegt derzeit selbst Nicht-Wiener: Der berühmte "Heldenplatz" vor der Hofburg soll umbenannt werden. In "Platz der Demokratie" oder "Platz der Republik" - zumindest, wenn es nach Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) geht.

Die Vorschläge hatte Drozda in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Presse am Sonntag" vorgebracht. Ihm erschienen diese Namensvorschläge adäquater "als die historisch doch einigermaßen belastete aktuelle Variante", sagte Drozda dem Blatt.

Heldenplatz als Symbol des "Anschlusses" an Nazi-Deutschland

Was der SPÖ-Politiker mit "historisch belastet" meint? Am 15. März 1938 wandte sich Adolf Hitler vom Balkon der Neuen Burg an rund 200.000 Menschen - eine Rede, die seit damals als Symbol des "Anschlusses" Österreichs an Nazi-Deutschland gilt.

Die Denkmäler für Prinz Eugen und Erzherzog Karl stellte der Kulturminister nämlich nicht infrage.

Doch weder ist die Diskussion neu, noch sind es die Namensvorschläge: Anfang des Jahres hatte die Tageszeitung "Kurier" Martin Fritz zitiert, Kurator, Publizist und Rektor der Merz Akademie in Stuttgart. Dieser plädierte für eine Umbenennung in "Platz der Republik".

Der Vorschlag "Platz der Demokratie" geht hingegen auf eine Anregung von Oliver Rathkolb, Historiker und Universitätsprofessor für Zeitgeschichte, zurück.

Kanzler Kern zurückhaltend, Kulturstadtrat begrüßt Idee

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sagte am Montag, dass eine Diskussion über eine Umbenennung prinzipiell gut sei. Zu viel Bedeutung wolle er dem Thema aber nicht beimessen.

Der SPÖ-Chef stellte klar: Es gehe hier nicht so sehr um die Bezeichnung "Heldenplatz". Vielmehr habe Historiker Rathkolb ja betont, es wäre begrüßenswert, wenn man an einem zentralen Ort einen "Platz der Demokratie" hätte.

Ganz anders die Töne aus dem Wiener Rathaus: Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ), in dessen Zuständigkeit die Umbenennung von Flächen in der Stadt Wien fällt, fand Drozdas Vorschlag "interessant und diskussionswürdig."

ÖVP gegen Umbenennung

Pokornys Pro-Haltung sorgte bei FPÖ und ÖVP für Kopfschütteln. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) meldete sich über Twitter zu Wort: Er sei gegen eine Umbenennung, es gebe keinen Grund dafür. "Der #Heldenplatz hat gute und schlechte Zeiten erlebt, aber ist fixer Bestandteil der österreichischen Geschichte", schrieb er.

Auch Parteikollege Gernot Blümel zeigte kein Verständnis für den SPÖ-Vorschlag: "Eine plötzliche Umbenennung des Heldenplatzes wäre eine unnötige Geschichtsanpassung", sagte der ÖVP-Landesparteiobmann.

Sein Vorschlag: eine Nutzung als Demonstrationszone und damit als "Platz der gelebten Demokratie". Damit könnten die Grundrechte auf Versammlungsfreiheit, Erwerbsfreiheit und Sicherheit wieder in Einklang gebracht werden.

FPÖ-Mahdalik: "Umbenennung ist pervers"

Schärfere Worte fand naturgemäß die FPÖ. Landesparteisekretär Anton Mahdalik beklagte sich in einer Aussendung, dass "die Umbenennung des Heldenplatzes Causa prima bei der SPÖ ist" - und das in einer Zeit von "Rekordarbeitslosigkeit, Mindestsicherungsskandalen oder Gesundheitsnotstand". Das könne "nur noch als pervers bezeichnet werden", wetterte Mahdalik.

Historischer Rückblick: Der Heldenplatz in Wien

Es ist eine bewegte Geschichte, auf die der Heldenplatz zurückblickt. Sie beginnt mit dem Rückzug von Napoleons Truppen 1809 aus Wien: Sie sprengten die Burgbastei, auf einen Wiederaufbau wurde verzichtet, das Areal wurde geebnet und begrünt.

Den Namen "Heldenplatz" bekam das naheliegende Areal erst 1878 nach dem Bau der Neuen Hofburg durch den Kaiser. 1933 schließlich wurde der Platz, bzw. das äußere Burgtor, zu einem "Heldendenkmal" umgebaut. Ab dann wurde er in der Nazizeit für Massenveranstaltungen genutzt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde versucht, den Ort symbolisch neu zu besetzen. Beispielsweise 1993: Zum von SOS-Mitmensch initiierten "Lichtermeer" kamen rund 300.000 Teilnehmer, um ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit zu setzen.

Ähnlich 2015: Zum Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung kamen etwa 100.000 Leute zum Solidaritäts-Konzert "Voices For Refugees". Zuletzt wurde am Heldenplatz neu gebaut, wenn auch nur provisorisch: Bürocontainer dienen dort als Ausweichquartiere, während das Parlament umgebaut wird.

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