Die liberalen Parteien treten für eine Legalisierung von "weichen" Drogen ein, obwohl diese von der Mehrheit der Österreicher abgelehnt wird. Gleichzeitig kann sich die Ärztegemeinschaft den Einsatz von Cannabis für Schmerzpatienten vorstellen. Legalisierung ja oder nein: Österreich ist beim Thema Cannabis-Konsum gespalten.
"Wer es nehmen will, der nimmt es"
Auf politischer Ebene sind erstmals die Grünen für eine Legalisierung von Cannabis eingetreten. Seit Jahren fordern sie legale Anwendungsmöglichkeiten von Cannabis in der Medizin und setzen sich für die Straffreiheit von Cannabiskonsumenten ein. Kürzlich haben auch die Neos die Legalisierung "weicher" Drogen zu ihrer Parteilinie erklärt. Parteichef
Die Konsumenten sollen nicht mit kriminellen Strukturen in Berührung kommen müssen: Deshalb tritt Strolz für eine kontrollierte Abgabe über Apotheken ein. Auch Hans Peter Haselsteiner, Berater und Finanzier der Neos, nimmt keinen Anstoß an der Parteilinie. Im "Kurier" verurteilte der Industrielle die "Scheinheiligkeit" bei dem Thema: "Auf der einen Seite erklären wir es für strafbar. Andererseits wird der Missbrauch von der Justiz aber nicht konsequent verfolgt oder bestraft, weil allen klar ist: Wer's nehmen will, der nimmt es."
"Legalisierung fördert Einstieg"
Gegen eine Legalisierung von Cannabis treten SPÖ, ÖVP und FPÖ auf. "Wir kämpfen mit aller Macht gegen sämtliche Süchte, die es gibt", betonte kürzlich SPÖ-Gesundheitsministerin und Ärztin Sabine Oberhauser in der "ORF-Pressestunde". Cannabiskonsum sei nicht ungefährlich, etwa bei Menschen mit Neigung zu Psychosen oder Schizophrenie. Was die Alkohol- sowie Nikotinsucht in Österreich betrifft, dürfte die Ministerin noch einen langen Kampf vor sich haben. Sie sprach sich im "Kurier" zwar für ein komplettes Rauchverbot in der Gastronomie aus - was die tatsächliche Umsetzung betrifft, hinkt Österreich jedoch europaweit hinterher.
Gegen eine Freigabe von Cannabis sprach sich auch ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka aus. Cannabis sei eine psychoaktive Substanz und bei weitem nicht so unschädlich, wie von Seiten der Neos oder der Grünen behauptet werde. Darüber hinaus müsse man damit rechnen, dass eine Freigabe von Cannabis vor allem für Jugendliche den Drogeneinstieg wesentlich erleichtere und verharmlose.
59 Prozent der Österreicher sind gegen Legalisierung
In unzähligen Diskussionen wird darüber gestritten, ob denn nun Alkohol, Tabak oder Cannabis ungesünder ist. In großem Maße konsumiert, führen zweifellos alle drei Substanzen zu Schäden. Cannabis ist allerdings nach wie vor eine illegale Substanz, die unter das Suchtmittelgesetz fällt. Und das, obwohl laut aktuellem Drogenbericht hunderttausende Österreicher zumindest gelegentlich einen Joint rauchen.
Einer aktuellen "Karmasin"-Umfrage zufolge, die für die Boulevardzeitung "Heute" durchgeführt wurde, sind 30 Prozent der Österreicher für eine Legalisierung, 59 Prozent lehnen diese ab. Ein ähnliches Ergebnis zeigt eine "Profil"-Umfrage vom Juli. 34 Prozent der Österreicher sind demnach für, 59 Prozent gegen eine Legalisierung von Cannabis.
Ärztegemeinschaft fordert Aufhebung des Verbots
Unter den heimischen Ärzten finden sich allerdings durchaus Befürworter für eine Legalisierung von Cannabis. So will etwa die "Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin", dass zumindest bei medizinisch begründbarem Bedarf einfache Rezepte in jeder Apotheke bezogen werden dürfen.
Schmerzpatienten gelten bisher als Leidtragende, wenn es um die Illegalität von Cannabis geht. Gegenüber nicht medizinischen Legalisierungsbestrebungen verhält sich die Arbeitsgemeinschaft nach eigenen Angaben neutral, zitiert aber zugleich das "Deutsche Ärzteblatt", in dem es heißt: "Aus medizinischer Sicht wird kein Schaden angerichtet, wenn Cannabis vom Verbot befreit wird. Das Cannabis-Verbot kann durch medizinische Argumente nicht gestützt werden."
Kurt Blaas, niedergelassener Arzt in Wien-Neubau und Obmann der Arbeitsgemeinschaft, geht davon aus, dass eine Entkriminalisierung und vielleicht gar eine partielle Legalisierung auch in Österreich nicht mehr lange auf sich warten lassen werden. "Den einzelnen Regierungen werden keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung stehen, um den aufgeblasenen Apparat der Suchtmittelkontrolle von weichen Drogen aufrecht zu erhalten", schreibt Blaas auf der Website "Cannabismedizin.at". Er verweist auf die Schweiz, wo die Justiz Bußgelder von Konsumenten geringer Mengen Cannabis kassiert, statt Anzeige zu erheben und Gerichtsverfahren anzustreben.
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