Österreich begrüßt nach Worten von Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) die von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge für die Aufrüstung Europas grundsätzlich.

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Österreich unterstützt die EU-Pläne zur Aufrüstung Europas laut Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP). Man werde in den nächsten Tagen noch prüfen, welche Auswirkungen dies auf Österreich habe und wie Österreich damit umgehen werde, sagte der Bundeskanzler am Mittwoch im EU-Hauptausschuss des Parlaments vor dem bevorstehenden EU-Gipfel.

Stocker betonte, es sei jedoch klar, dass die "Zeitenwende in der EU angekommen" sei. "Die Welt wird gefährlicher und jedes Land in Europa braucht auch einen robusten Schutz." Dies gelte auch für Österreich, daher sei eine "aktive Beteiligung an der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in unserem ureigenstem Interesse, wenn wir den höchsten Grad an Sicherheit erreichen wollen". Dies wolle Österreich auf Basis der Neutralität tun. Es wäre aber ein gefährlicher Trugschluss zu glauben, dass alleine die Neutralität die Sicherheit gewährleisten könne, ohne das Land auch verteidigen zu können. Die sich bietenden Möglichkeiten gelte es zu nutzen.

"Am Boden der Neutralität"

Die FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst forderte in einem Antrag, dass Stocker keine Zustimmung zur Entwicklung der EU als Kriegsgemeinschaft geben dürfe. Fürst verwies auf jüngste Aussagen des EVP-Vorsitzenden Manfred Weber, der eine Umstellung auf Kriegswirtschaft in Europa und einen europäischen Generalstab gefordert hatte.

Dem entgegnete Stocker, sie verkenne die Situation, wer in der Ukraine Angreifer und Opfer sei. Es gebe eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik, an der sich Österreich "am Boden der Neutralität" beteilige. Es sei völlig klar, dass sich Österreich nicht an einer europäischen Armee, einem europäischen Oberkommando oder einem Militärbündnis beteiligen könne. Scharfe Kritik an der FPÖ übte auch Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS). Sie fragte die Vertreter der größten Parlamentspartei, "in welcher Wirklichkeit sie Leben" und äußerte ihr Unverständnis darüber, wie sie "Europa und Österreich kleinhalten wollen".

Stocker begrüßte auch die Gespräche der USA mit der Ukraine im Vorfeld des Telefonats zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Es liege an Putin, zu entscheiden, "ob auch er Frieden will oder nicht". Das Telefonat Trump-Putin hat laut Stocker keine Ergebnisse gebracht. Wenn zum selben Zeitpunkt russische Angriffe stattfinden, sei dies ein klares Signal.

Selenskyj zu Gipfel zugeschaltet

Stocker mahnte zu Pragmatismus und einem "kühlen Kopf". Die EU müsse mit einer Stimme sprechen. Es brauche einen dauerhaften, nachhaltigen und gerechten Frieden, dies gehe nur, wenn die Ukraine mit am Tisch sitze. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird zum Gipfel per Video zugeschaltet sein. UNO-Generalsekretär António Guterres ist bei dem Gipfel zu einem Arbeitsmittagessen mit den EU-Staats- und Regierungschefs eingeladen. Österreich habe ein "klares Bekenntnis zum Multilateralismus" als UNO-Sitz und Ort des Dialogs, so Stocker.

Stocker lehnt "Schuldenunion" ab

Der Gipfel soll sich auch über das nächste EU-Mehrjahresbudget austauschen, für das die EU-Kommission vor der Sommerpause einen Vorschlag machen will. "Wir lehnen eine europäische Schuldenunion ab", sagte Stocker, der ankündigte, sich gemeinsam mit anderen "frugalen" (sparsamen) Staaten für einen sorgsamen Umgang von Steuergeldern einsetzen zu wollen.

Der Kanzler begrüßte darüber hinaus den EU-Vorschlag für eine neue Rückkehrverordnung zur Abschiebung illegal eingereister Migranten. Österreich wolle hier "jegliches Goldplating im EU-Recht vermeiden". Österreich sei überproportional belastet und habe deshalb den Familiennachzug ausgesetzt. Stocker will diese Maßnahmen auch in Brüssel mit den europäischen Partnern besprechen.

Europaministerin Claudia Plakolm (ÖVP) betonte, Österreichs Unterstützung für die Ukraine bleibe unverändert. Es dürfe keine Verhandlungen über die Ukraine ohne die Ukraine und über die europäische Sicherheit ohne die EU geben. Zur Migration betonte Plakolm, es brauche eine rasche Vorlage einer Liste der sicheren Herkunftsländer.

Meinl-Reisinger will Multilateralismus stärken

Außenministerin Meinl-Reisinger betonte, die transatlantischen Beziehungen würden derzeit auf die Probe gestellt. "Wir werden die Fahne des Mulitlateralismus hochhalten", sagte sie. Man wolle nicht das Recht des Stärkeren, sondern könne sich besser in einer Welt von Verträgen durchsetzen. Meinl-Reisinger will sich weltweit auf Suche nach Gleichgesinnten machen.

Zum EU-Vereidigungsplan sagte die Außenministerin, man begrüße die Bemühungen der Kommission. Es gehe um Verteidigungsfähigkeit, nicht um ein Wettrüsten. Man dürfe aber nicht naiv sein gegenüber den bestehenden Bedrohungen.

Der Kanzler und die Außenministerin zeigten sich beide sehr besorgt vom Ende der Waffenruhe im Nahen Osten. "Die Gewaltspirale muss endlich durchbrochen werden", so Stocker. (apa/bearbeitet von nap)