Die Strafzölle von US-Präsident Donald Trump lassen die Börsenkurse abstürzen. Doch die Regierung in Washington zeigt sich unbeeindruckt. Dahinter steht ein wirtschaftspolitisches Konzept, das Ökonomen entsetzt.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Fabian Hartmann sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Der Präsident setzt auf Durchhalteparolen. "Manchmal musst du Medizin nehmen, um etwas zu reparieren", sagte Donald Trump am Sonntag an Bord der Air Force One. Hoch über den Wolken lobte Trump sich und seine Zoll-Politik. Arbeitsplätze und Investitionen würden in die USA zurückkehren, das Land werde dadurch "reich wie nie zuvor".

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Die Gegenwart indes sieht so aus: Bereits am Freitag gaben weltweit die Börsen nach, am Montag wurde es noch schlimmer. Zum Handelsauftakt am Morgen ist der deutsche Dax um rund zehn Prozent gefallen, in Japan sackte der Nikkei schon in den ersten 20 Handelsminuten um mehr als acht Prozent ab. Auch in China, Hongkong und Australien kam es zu Kursstürzen. Beobachter rechnen mit einem "Schwarzen Montag" an der Börse. Der Crash wäre endgültig da.

Sparer und Investoren haben schon jetzt Milliarden verloren – und alles nur, weil der US-Präsident meint, die Welt mit einem Handelskrieg überziehen zu müssen. Für das Börsenbeben gibt es keine ökonomischen Gründe. Es ist politisch heraufbeschworen, ja geradezu gewollt.

Denn: US-Präsident Donald Trump folgt einer wirtschaftspolitischen Agenda, die mit gängiger Lehrbuchmeinung komplett bricht. Das jahrzehntelange System des regelbasierten Freihandels wischt Trump mal eben beiseite. Dabei hat genau dieses System zu weltweit großen Wohlstandsgewinnen geführt. Es basiert darauf, dass Länder sich in der Produktion spezialisieren, ihre jeweiligen Kostenvorteile so ausnutzen. Wenn Land A also die besten Autos baut, Land B dafür die schnellsten Computer, sollten sie Handel treiben – und nicht die Produktion ins andere Land verlagern, wo sie teurer ist.

Durch Freihandel und Arbeitsteilung sind die Vereinigten Staaten zur mächtigsten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen.

Warum ein Handelsbilanzdefizit kein Problem ist

Doch der US-Präsident hat das ohne Frage bestehende Handelsbilanzdefizit der USA zum Problem erklärt. Es entsteht, wenn ein Land mehr Güter importiert als es exportiert. Es bedeutet also, dass in einer Volkswirtschaft viel Geld in den öffentlichen und privaten Konsum fließt. Aus ökonomischer Sicht ist das kein Problem, es kann sogar die Attraktivität eines Standorts unterstreichen.

Die Trump-Administration sieht es anders: Amerika werde vom Rest der Welt ausgebeutet, mit hohen Zöllen will Trump das Handelsdefizit beseitigen – und Unternehmen indirekt dazu zwingen, in den USA zu produzieren. Denn dann werden die Strafzölle nicht fällig. Ob Firmen allerdings ihre globalen Produktions- und Lieferketten über den Haufen werfen, darf nicht nur angesichts der erratischen Politik der neuen US-Regierung bezweifelt werden.

Dass Trump mit einem Handelskrieg seine Ziele erreicht, ist auch aus anderen Gründen fraglich. Denn die neue US-Regierung scheint eines zu übersehen: Wenn auch die Gegenseite mit Strafzöllen reagiert, sinken Exporte und Importe gleichermaßen. Am Handelsbilanzdefizit ändert sich also nichts. China hat das bereits angekündigt, auch die EU bereitet Gegenmaßnahmen vor.

Angesichts der Turbulenzen an den Märkten und der Gefahr einer weltweiten Rezession gäbe es also gute Gründe, Verhandlungen über ein Ende des Zollkriegs zu führen. Doch das führt zum zweiten Problem der Trump'schen Wirtschaftspolitik. Der US-Präsident hat versprochen, die Steuern für Reiche und Unternehmen massiv zu senken. Bezahlen dafür soll das Ausland – mit Zöllen. Trumps Idee: Die Zoll-Einnahmen bringen dem US-Fiskus Milliarden ein, die wiederum genutzt werden, um die heimische Wirtschaft und die Bezieher sehr hoher Einkommen zu entlasten. Aus Trumps Sicht ist es nur fair, wenn das Ausland dafür bezahlt, dass es die USA jahrzehntelang "ausgenutzt" hat.

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Die Widersprüche in Trumps Wirtschaftspolitik

Ökonomen halten auch diese Idee für abenteuerlich. Denn: Wenn Trump durch massive Zölle Unternehmen ins Land lockt, entfallen schließlich die Zoll-Einnahmen. Die aber braucht Trump für seine Steuersenkungspläne. Alles zusammen geht nicht. Und überhaupt: Es ist illusorisch, ein Handelsbilanzdefizit mit Steuersenkungen auszugleichen. Dadurch fließt schließlich noch mehr Geld in den Konsum, der schon heute über Importe gedeckt wird. Die Handelsbilanz dürfte sich also weiter verschlechtern.

Es sind ökonomische Wirkzusammenhänge, die sich nicht ignorieren lassen. Eigentlich. Doch die Trump-Administration hat bereits klargemacht: Es bleibt bei den Zöllen.

Am Sonntag an Bord der Air Force One hat US-Präsident Donald Trump gesagt, dass er nicht wisse, wie es an der Börse weitergeht. "Ich will nicht, dass irgendetwas abstürzt", sagte er. Dieser Montag zeigt: Genau das tritt ein. Trumps selbsternannte Medizin erweist sich als Gift für die Märkte.