Das Betteln vollständig zu verbieten, verstößt gegen die Grundrechte: Das hat der österreichische Verfassungsgerichtshof 2012 entschieden. Damit wollen sich aber nicht alle Stadtpolitiker zufrieden geben und versuchen nun, das Urteil zu umgehen. Ein Runder Tisch soll zumindest für Salzburg Lösungen liefern.
Vor wenigen Wochen haben in Salzburg zwei Bettler-Matratzenlager gebrannt – angezündet vermutlich von verärgerten Anrainern. Befürworter eines Bettelverbots sehen sich durch diesen Vorfall darin bestätigt, dass die Situation in Salzburg und anderen Städten nicht mehr tragbar sei. Um das Problem in den Griff zu bekommen, hat die Vizebürgermeisterin der Stadt Salzburg, Anja Hagenauer, am Montag zu einem Runden Tisch geladen. Die Ergebnisse sollen der Öffentlichkeit am Nachmittag vorgestellt werden.
Viele Bürger fühlen sich durch die Anwesenheit der Bettler belästigt. Mit Ausnahme des Burgenlands haben daher alle anderen Bundesländer das aufdringliche Betteln verboten. Das sogenannte stille Betteln, also das bloße Aufhalten der Hand, ist durch das Recht auf Meinungsfreiheit geschützt.
Kommt das Bettelverbot in Innenstädten?
Einen merkbaren Rückgang der Zahl der Bettler gibt es trotz Verboten bisher nicht. Stadtpolitiker der FPÖ und ÖVP sowie die Innsbrucker Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer (Wahlliste "Für Innsbruck") arbeiten deshalb weiterhin daran, die Bettler aus den Innenstädten zu vertreiben.
Damit das Vorhaben aber nicht vom Verfassungsgerichtshof zu Fall gebracht wird, hat man nach einer Hintertür gesucht – und wahrscheinlich auch eine gefunden. Denn in Einzelfällen kann an bestimmten Orten ein absolutes Bettelverbot gerechtfertigt sein. Etwa wenn ein hohe Anzahl an Bettlern andere Personen an der Nutzung öffentlicher Orte hindert. Dadurch, so die Hoffnung, könnte man in den vielbesuchten Innenstädten auch das stille Betteln verbieten.
Bisher scheiterten entsprechende Entwürfe am Widerstand von SPÖ und Grüne. In Innsbruck und Wien ist auch die ÖVP gegen ein absolutes Bettelverbot. Die Innsbrucker Bürgermeisterin Oppitz-Plörer zeigt sich jedoch zuversichtlich, dass sich für ihre Stadt schon bald eine Mehrheit finden würde. Derzeit prüfe man aber noch die rechtlichen Möglichkeiten. Sollte für die Innsbrucker Innenstadt ein absolutes Bettelverbot verabschiedet werden und vor dem Verfassungsgerichtshof Bestand haben, ist anzunehmen, dass auch andere Städte nachziehen werden.
Verein Runder Tisch Menschenrechte fordert Aufklärung
Der Verein Runder Tisch Menschenrechte wünscht sich anstelle von neuen Verboten mehr Aufklärung für die Bevölkerung. Denn viele wissen nicht über die Hintergründe Bescheid oder haben falsche Vorstellungen. Die meisten Bettler sind Roma oder gehören einer anderen Minderheit an. In ihren Heimatregionen leiden sie nicht nur unter Armut, sondern auch unter sozialer Ausgrenzung. Nach Österreich kommen sie, weil hier die Bedingungen auf den Straßen oft noch besser sind als in ihren Heimatorten.
Und nicht jeder Bettler gibt sein Geld an die Mafia ab, wie gerne behauptet wird. Das zeigt eine Studie, die der Sozialforscher Dr. Heinz Schoibl im Auftrag des Vereins durchführte. Kriminalisten berichten immer wieder von "Hintermännern", die Bettler nach Österreich bringen und für sich arbeiten lassen. Diese "Hintermänner" sind laut dem Runden Tisch Menschenrechte aber oft selbst Teil der Familie und kümmern sich um Transport und Unterkunft. Solche Strukturen kann man zwar als organisiert bezeichnen, kriminell sind sie deswegen aber noch nicht.
"Wenn man das Problem wirklich lösen will, muss man gemeinsam mit den Herkunftsländern der Bettler an einer Verbesserung der Situation vor Ort arbeiten", sagt Christian Treweller, vom Runden Tisch Menschenrechte. Neue Verbote können die Schwierigkeiten höchstens verlagern, zur deren Lösung tragen sie aber nicht bei.
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